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Heteroptera Seht euch mal die Wanzen an!

Heteroptera: Sie mögen's gern gesellig: Die schwarz-rot gefärbten Feuerwanzen drängen sich oft in dichten Haufen zusammen, um die Wirkung ihrer Signalfarbe zu verstärken
Sie mögen's gern gesellig: Die schwarz-rot gefärbten Feuerwanzen drängen sich oft in dichten Haufen zusammen, um die Wirkung ihrer Signalfarbe zu verstärken
© Ingo Arndt
Das Kinderlied "Auf der Mauer, auf der Lauer sitzt ne kleine Wanze" kennt jeder. Aber die wenigsten Menschen wissen, wie Wanzen wirklich leben - und dass manche gar betörend nach Vanille duften

Wanzen: Vielfältig und anpassungsfähig

Es gibt Tiere, die haben einen fürchterlich schlechten Ruf. Wanzen zum Beispiel. Schon bei dem Gedanken an die Krabbler fangen viele Menschen an, sich zu kratzen. Wanzen, sagen sie, stinken und stechen und sind potthässlich! Ekelviecher, die in Matratzen lauern und sich nachts auf ihre schlafenden Opfer stürzen, um Blut zu saugen! Und anschließend ist man mit roten Einstichen übersät, als hätte man die Windpocken. Widerliches Ungeziefer - pfui Teufel!

Arme Wanzen. Solche Beschimpfungen haben sie wahrlich nicht verdient. Denn die Sechsbeiner sind bei näherer Betrachtung nicht nur hübsch, vielfältig, kunterbunt und extrem anpassungsfähig. Die meisten sind für uns Menschen auch völlig harmlos: Über 40.000 Arten sind heute bekannt - darunter die Bettwanzen, Baumwanzen,

Nur die allerwenigsten ernähren sich tatsächlich von Blut. Die meisten Wanzen schlürfen stattdessen lieber Pflanzensaft oder saugen Pilze oder andere Insekten aus. Ja, eine Wanze hat es in Deutschland und Österreich sogar zum "Insekt des Jahres 2007" gebracht: die Ritterwanze, ein schöner, schwarz-rot-weißer Vegetarier. Sie soll helfen, das schiefe Bild ihrer Art geradezurücken. Den hierzulande knapp 900 Wanzenarten dürfte das bestimmt gut tun!

Wanzen: Ein echter Quälgeist?

Dass Wanzen überhaupt so unbeliebt sind, haben sie übrigens einer einzigen Art zu verdanken: der Gemeinen Bettwanze, die bis heute in Schlaf- und Hotelzimmern ihr Unwesen treibt. Die Bettwanze ist, man kann es nicht anders sagen, wirklich eine Qual. Tagsüber versteckt sich das papierdünne Tierchen in den kleinsten Ritzen. Nachts kommt es hervor, sticht die Schlafenden und trinkt deren Blut. Empfindliche Menschen bekommen davon dicke Quaddeln, die höllisch jucken. Aber wie gesagt: Die Bettwanze gehört zu den wenigen "schwarzen Schafen" ihrer Art, ebenso wie einige Raubwanzen in Süd- und Zentralamerika, die Krankheiten übertragen.

Farbenfrohe Schönheiten

Die meisten Wanzen leben in warmen, tropischen Gebieten. Und viele von ihnen sehen aus, als habe sie sich ein verrückter Künstler ausgedacht. Rund oder oval, platt oder bauchig, mit dürren Streichholzbeinchen oder kräftigen Stampfern, in Gelb, Rot, Braun oder Grün. Manche sind nur einen Millimeter lang, andere stolze elf Zentimeter.

Typisch für alle Wanzen ist ihr Saugrüssel, der aus zwei hauchdünnen Röhrchen besteht: Durch das eine "spuckt" das Insekt einen Verdauungssaft in seine Nahrung, die sich dadurch auflöst. Über das andere Rohr saugt die Wanze den so entstandenen flüssigen Brei auf. Manche Tiere schlürfen sogar so schnell, dass sie in wenigen Minuten ihr eigenes Körpergewicht mehr als verdoppeln und sich vom platten Klecks in eine runde Murmel verwandeln!

Heteroptera: Nicht viel größer ist die Grüne Stinkwanze, die bei uns sehr häufig vorkommt. Sie thront gern auf Linden und Erlen - und reagiert auf Störung mit Gestank
Nicht viel größer ist die Grüne Stinkwanze, die bei uns sehr häufig vorkommt. Sie thront gern auf Linden und Erlen - und reagiert auf Störung mit Gestank
© Ingo Arndt

Außerdem typisch für die Wanzen: Sie sind mit mehreren Duftdrüsen ausgerüstet. Rückt ihnen ein Feind zu nahe, sprühen sie ihm eine stinkende und mitunter giftige Flüssigkeit entgegen. Dem Angreifer vergeht dann meist der Appetit. Andere Wanzen aber duften, nach Birne, Kirsche, Zimt oder Vanille. So senden sie Artgenossen Botschaften durch die Luft, etwa Aufforderungen zur Gruppenbildung oder zur Paarung. Solltet ihr aber je in ein Zimmer kommen, in dem es seltsam süßlich-moderig riecht: Das könnte das typische "Parfüm" der Bettwanze sein. Und die kennt ihr ja bereits.

Heteroptera: Auch in Deutschland heimisch: Die auffälligen Streifenwanzen werden nur rund einen Zentimeter lang
Auch in Deutschland heimisch: Die auffälligen Streifenwanzen werden nur rund einen Zentimeter lang
© Ingo Arndt

In Betten, an Bäumen, in Büschen, in Wohnungen, Wiesen und Wäldern - kein anderes Insekt hat so viele Lebensräume erobert wie die Wanzen. Besonders verblüffend ist, dass man ihnen sogar weit draußen auf dem offenen Ozean begegnen kann! Dort leben, als einzige Insekten überhaupt, einige Meerwasserläufer. Wie ihr Name schon sagt, schwimmen sie nicht, sondern huschen über die Wasseroberfläche, die sie wie ein dünnes Häutchen trägt. Soweit man heute weiß, ernähren sie sich von Fischeiern, winzigen Meerestieren oder toten Quallen. Und die Weibchen legen ihre Eier an Gegenständen ab, die im Wasser treiben: Vogelfedern, Schneckenhäuser, Plastikkanister.

Die Meerwasserläufer könnten sich in Zukunft übrigens für uns Menschen als recht nützlich erweisen. Sie besitzen nämlich eine ganz besondere Substanz, die sie vor schädlichem Sonnenlicht schützt. Forscher hoffen, dass man daraus eine Super-Sonnencreme entwickeln kann.

Besser als ihr Ruf Eine andere Wanzenart ist schon heute "im Dienste der Forschung" tätig: die mexikanische Raubwanze. Die hilft Tierärzten beim Blutabnehmen! Tiere wie Kaninchen oder Vögel haben nämlich extrem kleine Blutgefäße, die mit einer Spritze kaum zu treffen sind. Außerdem wehren sich die Patienten aus Leibeskräften gegen die Behandlung. Genau diesen Stress kann die mexikanische Raubwanze vermeiden. Man setzt sie etwa dem Kaninchen aufs Ohr, wo das Insekt zielsicher und schmerzfrei zusticht. Nach wenigen Minuten ist es randvoll mit Blut und lässt sich abpflücken wie eine reife Brombeere. Anschließend saugt der Arzt der Wanze mit einer Spritze die Mahlzeit wieder ab. Das Blut ist so sauber, dass es gleich weiter untersucht werden kann. Da sage noch mal einer, blutsaugende Wanzen seien eine Plage!

Heteroptera: Die Paarung läuft bei den Wanzen sehr unterschiedlich ab: Bei einigen Arten locken die Männchen mit Duftwolken, bei anderen springen sie ohne Vorwarnung auf die Weibchen
Die Paarung läuft bei den Wanzen sehr unterschiedlich ab: Bei einigen Arten locken die Männchen mit Duftwolken, bei anderen springen sie ohne Vorwarnung auf die Weibchen
© Ingo Arndt

Steckbrief: Wanzen

  • Allgemein: Wanzen sind keine Käfer, wie viele Menschen glauben. Sie bilden eine eigene Ordnung innerhalb der Insekten. Anders als Schmetterlinge oder Käfer verpuppen sie sich nicht. Bekannt sind heute rund 40.000 Arten, womöglich gibt es noch rund 20.000 bisher unentdeckte Arten mehr. Besonders typisch ist, dass sie einen Saugrüssel und Duftdrüsen besitzen.
  • Verbreitung: in fast jedem Lebensraum der Erde, sogar auf dem offenen Ozean.
  • Futter: Die meisten Wanzen ernähren sich von Pflanzensaft, Pilzen oder anderen Insekten. Einige wenige Arten, etwa die Bettwanze, saugen Blut.
  • Größe: von einem Millimeter bis zu elf Zentimetern.
  • Besonderheiten: Viele Wanzen verbreiten bei Gefahr einen üblen Gestank, der Angreifer abschreckt.
GEOLINO Nr. 04/07 - Achtung, Wanzen!

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