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Eltern-Kind-Bindung Kraft des Urvertrauens: Warum Geborgenheit die wichtigste Zutat für eine gute Kindheit ist

Eine junge Mutter hält ihre lachende Tochter auf dem Arm
Jedes Kind bindet sich an die Person, die am feinfühligsten auf dessen Bedürfnisse eingeht, die Trost spendet und körperliche Nähe gibt. In den meisten Fällen ist dies die Mutter
© Ute Mans / plainpicture
Damit sich Neugeborene gesund entwickeln, brauchen sie vor allem eines: sichere Bindung. Doch was bedeutet das? Welches Maß an Zuneigung benötigt ein Kind? Und was geschieht, wenn Eltern Babys „schreien lassen“? Der Bindungsforscher Karl Heinz Brisch erklärt, worauf es bei emotionaler Fürsorge ankommt – und warum sie so entscheidend für die ersten Lebensjahre ist

GEO: Herr Dr. Brisch, Eltern wünschen sich für ihren Nachwuchs nichts sehnlicher als eine behütete Kindheit. Wann fühlt sich ein Kind geborgen?

Dr. Karl Heinz Brisch: Dann, wenn es darauf vertraut, dass das Leben gutgehen wird und dass es Menschen gibt, die einem in schwierigen Zeiten beistehen, die Schutz und Sicherheit bieten, falls die eigene Welt einmal ins Wanken gerät. Fühlt sich ein Kind auf diese Art geborgen, besitzt es stets ein tief verankertes Gefühl von emotionaler Sicherheit.

Dieses "Urvertrauen" ist die vielleicht wichtigste innere Ressource, über die ein Mensch verfügen kann: Sie befähigt uns, in angespannten Situationen ruhig zu bleiben, sie macht uns empathisch gegenüber anderen, bewahrt uns vor seelischen und körperlichen Krankheiten.

Können Kinder dieses Gefühl emotionaler Sicherheit von ihrem ersten Tag an erleben?

Nein. Das Urvertrauen – oder das Gefühl der "sicheren Bindung", wie Forscher es nennen – entwickelt sich im Laufe des ersten Lebensjahres und stabilisiert sich dann im zweiten Lebensjahr. Aber man sieht schon bei Ein- bis Zweijährigen, wie sie auf dieses Gefühl zurückgreifen: Es erlaubt ihnen etwa, für eine gewisse Zeit allein zu sein, ohne Angst zu bekommen oder zu weinen. Denn um sich von einer Bezugsperson – etwa der Mutter – zu trennen, muss ein Kind darauf vertrauen können, dass sie wiederkehrt. Dazu muss es das Gefühl der sicheren Bindung innerlich "abgespeichert" haben und sich so an die Mutter erinnern können. Die verlässlich abrufbare Erinnerung hilft, eine gewisse Zeit der Trennung von der Mutter zu überstehen und nicht gleich in Panik zu geraten.

Wodurch entsteht eine sichere Bindung?

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