Eltern, die ihr Kind vor Allergien schützen wollen, stoßen früher oder später meist auf die Idee, es müsse sein Immunsystem "trainieren". Die Theorie dahinter: Ein Training sei notwendig, weil Kinder in modernen Industriestaaten zu wenig Infektionen durchmachen. Außerdem sei das Umfeld, in dem heutige Familien leben, zu hygienisch und nicht naturnah genug. Deshalb bleibe das Immunsystem unbeschäftigt und kämpfe – quasi als Ausgleich – gegen Harmloses wie Pollen, Hausstaub oder Erdnüsse.
Doch inwieweit unterstützen aktuelle Studien solche Theorien? Und falls ein Training für das Immunsystem sinnvoll und möglich ist: Wie könnte es aussehen? Sollte man sich zum Beispiel gezielt einen Hund anschaffen, um die Bakterienvielfalt im Haushalt zu erhöhen? Oder hilft es, Ferien auf dem Bauernhof zu machen?
Jüngere Geschwister schützen vor Allergien
In der Tat werden Konzepte wie diese seit Jahrzehnten weltweit diskutiert und erforscht – vor dem Hintergrund, dass die Zahl der Allergien in modernen Industriestaaten in den letzten Jahrzehnten stark gestiegen ist. Zugrunde liegt ihnen eine über 30 Jahre alte wissenschaftliche Idee, die sogenannte "Hygienehypothese". Sie geht auf den britischen Epidemiologen David Strachan zurück, der in den 1980er Jahren festgestellt hatte, dass jüngere Geschwister wesentlich seltener Allergien bekommen als Erstgeborene.
Dieser erstaunliche Effekt scheint vor allem in den modernen Industriestaaten relativ stark zu sein. Viele Studien kommen auf 10 bis 70 Prozent weniger allergische Erkrankungen für jüngere Geschwister. Dabei handelt es sich natürlich um Durchschnittswerte, nicht um Voraussagen für einzelne Familien oder Kinder.