Auf dem Hof der Universität Delft wächst ein kleiner Wald. Eine Linde steht da, eine Buche, eine Stein-Eiche, zwei Dutzend Bäume, in Kisten gepflanzt, sie sind noch jung, der höchste misst vier Meter. Dazwischen geht ein Mann im Trenchcoat zickzack. Erst zwei Schritte nach links, dann drei nach rechts, dann blinzelt er in die Nachmittagssonne, fährt ein Stativ aus, steckt eine faustgroße Wetterstation darauf und schaltet sie ein. "11,8 Grad Lufttemperatur", liest René van der Velde vor. "Gefühlte Temperatur: 16,8 Grad."
Van der Velde, Professor für Landschaftsarchitektur an der TU Delft, stellt das Stativ in den Schatten eines Baumes. Die Temperatur sinkt um einige Grad. Keine Überraschung: Dass es im Schatten kühler ist als in der Sonne, weiß jedes Kind. Doch wie stark ist der Kühleffekt? Wie ändert er sich, wenn ein Baum größer wird? Kühlt eine Ulme besser als eine Kastanie? Fragen, auf die es kaum Antworten gab — bis René van der Velde begann, den Kühleffekt von Bäumen zu messen, so präzise wie wohl niemand vor ihm.
Sein Team und er wollen damit helfen, eines der drängendsten Probleme in europäischen Städten besser bekämpfen zu können: Hitze. Die wird selbst in den Niederlanden zum Problem. Die jüngsten Klimaprognosen zeigten: Hitzewellen werden dort häufiger auftreten und länger andauern. Gab es bislang im Schnitt 28 heiße Sommertage pro Jahr, mit 25 Grad Celsius und mehr, werden es in manchen Regionen bis 2050 mindestens 40 Tage sein. In Südeuropa könnten es gar bis zu 60 werden.