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Verblüffend laxe Gesetze Löwen als Haustiere: In Deutschland ist das erlaubt

Im Jahr 2020 verbrachte der weiße Löwe Mojo einige Wochen im Bergzoo Halle. Sein Besitzer musste ein neues Gehege errichten – für das er laut Tierschützern jedoch nie eine Baugenehmigung erhielt
Im Jahr 2020 verbrachte der weiße Löwe Mojo einige Wochen im Bergzoo Halle. Sein Besitzer musste ein neues Gehege errichten – für das er laut Tierschützern jedoch nie eine Baugenehmigung erhielt
© dpa/dpa-Zentralbild | Steffen Schellhorn / picture alliance
Südlich von Berlin wird derzeit nach einer Raubkatze gefahndet, möglicherweise einer Löwin. Sie könnte aus einer privaten Haltung entlaufen sein. Denn grundsätzlich ist es in Deutschland nicht verboten, große Raubkatzen als Haustiere zu halten

Eine ungewöhnliche Meldung schreckte am Donnerstagmorgen die Bürgerinnen und Bürger in Brandenburg südlich von Berlin auf: Die Polizei warnt rund um Kleinmachnow vor einem "freilaufenden gefährlichen Wildtier" – möglicherweise eine Löwin. Unterstützt von Helikoptern und Drohnen, sucht derzeit ein Großaufgebot der Polizei nach dem Tier. Woher es stammt, ist bislang völlig unklar, denn weder Zoos noch Zirkusse in der Umgebung vermissen eine Großkatze. Denkbar ist allerdings, dass das potenziell gefährliche Tier aus einem Privathaushalt stammt.

Wie viele Löwen sich in Deutschland in privater Hand befinden – dazu gibt es keine belastbaren Zahlen. Verboten ist die Haltung jedenfalls weder auf Bundesebene noch in Brandenburg. Allein in diesem Bundesland sind 23 Löwen bei den Naturschutzbehörden gemeldet, wie der RBB berichtet. Sie leben in drei Zirkussen, zwei Zoos und bei einem privaten Halter.

Wie in Brandenburg, gibt es auch in den Bundesländern Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt keinerlei Beschränkungen oder gar Verbote. Und auch in den übrigen Ländern gibt es Schlupflöcher. So hat Nordrhein-Westfalen zwar ein Gesetz zur Haltung von Gifttieren. Andere gefährliche Tiere, wie etwa Löwen oder Krokodile, könnten dagegen ohne jede Einschränkung gehalten werden, beklagt die Tier- und Artenschutzorganisation Pro Wildlife.

Wer sich einen Löwen zulegen will, wird schnell fündig. "Im Rahmen einer Studie für das Bundesumweltministerium", sagt Katharina Lameter von Pro Wildlife, "konnten wir nachweisen, dass innerhalb von sechs Monaten 33 Löwen in Deutschland zum Verkauf angeboten wurden."

Sind 200 Quadratmeter "tierschutzgerecht"?

Auch zu den Haltungsbedingungen für Löwen existieren in Deutschland nur dürre gesetzliche Vorgaben. So regelt das so genannte Säugetiergutachten des Bundeslandwirtschaftsministeriums: "Die Haltung orientiert sich an den natürlichen Lebensbedingungen, den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und tiergartenbiologischen Erfahrungen." Das Außengehege muss demnach für "ein Tier oder ein Paar" mindestens 200 Quadratmeter groß sein, während das Innengehege mindestens 20 Quadratmeter Grundfläche und eine Höhe von 2,5 Metern aufweisen muss.

Tierschutzverbände bezweifeln indes, dass große Raubtiere wie Löwen in privater Hand auch nur annähernd tierschutz- oder gar artgerecht gehalten werden können: In freier Wildbahn leben sie in Rudeln von bis zu 40 Tieren. Ihr Revier, das sie auf der Suche nach großen Beutetieren durchstreifen, kann bis zu 400 Quadratkilometer groß sein.

Dass Veterinärämter zumindest überwachen, ob sich Halter an die Vorgaben für die Gehegegröße halten, beweist ein Fall aus Sachsen-Anhalt: Wegen tierschutzwidriger Bedingungen hatte das zuständige Veterinäramt einem Mann die Haltung eines weißen Löwen verboten. Nach jahrelangem Hin und Her hatte der Halter das Tier verkauft – angeblich in die Niederlande. Doch dort ist es nie angekommen. Daraufhin verhängten die Behörden ein Zwangsgeld gegen den Mann und verboten ihm für die Zukunft die Haltung von Löwen. Der Verbleib des Tieres ist bis heute ungeklärt.

Tierschützer fordern Positivlisten

Um Fälle wie diesen zu vermeiden, setzen sich Tier- und Artenschutzorganisationen wie Pro Wildlife für eine bundesweit einheitliche Rechtsgrundlage ein, die die Haltung von gefährlichen Wildtieren stark einschränkt. Postitivlisten etwa könnten regeln, welche Wildtiere unter Berücksichtigung von Tier-, Natur- und Artenschutz ebenso wie menschlicher Gesundheit und Sicherheit überhaupt privat gehalten werden dürfen. In zehn europäischen Ländern, darunter die Niederlande, Luxemburg und Belgien, gibt es solche Listen schon. Löwen stehen nicht darauf.

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