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Archäologie Funde aus der Jungsteinzeit: Diese Boote fuhren vor 7000 Jahren über das Mittelmeer

Die abgenutzten Überreste der Kanus wurden auf dem Grund des Braccianosees unweit der italienischen Hauptsadt Rom gefunden
Die abgenutzten Überreste der Kanus wurden auf dem Grund des Braccianosees unweit der italienischen Hauptsadt Rom gefunden
© Gibaja Et Al/2024, Plos One, C/dpa
Bereits vor mehr als 7000 Jahren befuhren Menschen womöglich mit technisch anspruchsvollen Booten das Mittelmeer. Funde in Italien zeigen, dass schon in der Jungsteinzeit wichtige Fortschritte der Seefahrt gemacht wurden

Die abgenutzten Überreste der mehr als 7000 Jahre alten Kanus lassen nur erahnen, wie ausgeprägt das Wissen über die Seefahrt bereits in der Jungsteinzeit gewesen sein muss. Die Funde unweit der italienischen Hauptstadt Rom weisen darauf hin, dass Menschen schon vor Jahrtausenden in technisch hochentwickelten Booten das Mittelmeer befuhren, wie ein Forscherteam im Fachjournal "Plos One" berichtet. Sie gäben Hinweise, dass damals bereits viele wichtige Fortschritte in der Seefahrt gemacht wurden.

Bei Ausgrabungen im historischen Dorf La Marmotta am Ufer des Braccianosees in der Region Latium hatten Forscher fünf aus ausgehöhlten Bäumen gebaute Kanus gefunden. Sie wurden auf eine Zeit zwischen 5700 und 5100 v. Chr. datiert. Eines der Boote, ein großer Einbaum aus einer Eiche, ist mehr als zehn Meter lang und am Heck gut einen Meter breit. Ein weiterer Einbaum sei aus Erle gefertigt und womöglich ein Fischerboot gewesen, schreiben die Forschenden.

Vom Braccianosee gelangten die Seefahrer zum Mittelmeer 

Die Analyse der Einbäume habe ergeben, dass sie aus vier verschiedenen Baumarten – Pappel, Erle, Eiche, Buche – und mit verhältnismäßig fortschrittlichen Bautechniken wie Querverstärkungen angefertigt worden seien. Ihre Erbauer haben vermutlich spezialisierte Werkzeuge, darunter Äxte, verwendet. Durch Ausbrennen höhlten sie zudem offenbar das Innere aus.

La Marmotta ist für die Erforschung der historischen Seefahrt ein wichtiger Bezugspunkt: Die Lage am Braccianosee ermöglichte die Fahrt zum Mittelmeer, denn er ist durch den Fluss Arrone mit dem Tyrrhenischen Meer vor Italiens Westküste verbunden. Die Forscher vermuten, dass in der Nähe von La Marmotta noch weitere Boote erhalten sein könnten, ein möglicher Ansatzpunkt für künftige Forschung.

Besonders ist an den Funden nach Angaben der Forschenden die technische Raffinesse der Boote. So fand man bei dem mehr als zehn Meter langen Einbaum etwa eine Reihe von Löchern, die wahrscheinlich zur Befestigung von Seilen, möglicherweise für Segel, dienten. Der Bau der Boote müsse ein detailliertes Verständnis der strukturellen Konstruktion und der Holzeigenschaften sowie gut organisierte Facharbeit erfordert haben, heißt es in der Studie. Die Einbäume seien die bisher ältesten bekannten im Mittelmeerraum. 

Im Neolithikum, auch Jungsteinzeit genannt, begannen sich bäuerliche Gemeinschaften
in Europa und Nordafrika auszubreiten. Die Anfänge im Nahen Osten werden um das Jahr 10.000 v. Chr. datiert, Gemeinschaften aus dieser Region besiedelten um etwa 7500 v. Chr. den gesamten Mittelmeerraum. 

Die abgenutzten Kanus werden Museo delle Civiltà ausgestellt. Ihre Bauweise lässt erahnen, wie ausgeprägt das Wissen über die Seefahrt bereits in der Jungsteinzeit war
Die abgenutzten Kanus werden Museo delle Civiltà ausgestellt. Ihre Bauweise lässt erahnen, wie ausgeprägt das Wissen über die Seefahrt bereits in der Jungsteinzeit war
© Gibaja Et Al./2024, Plos One, C/dpa

Es liege auf der Hand, dass im Zuge dessen das Mittelmeer für Reisen und Transporte genutzt wurde, erklärt das Team um Juan Gibaja vom Spanischen Nationalen Forschungsrat in Barcelona. Boote hätten ein schnelles Fortkommen und einen raschen Austausch von Waren ermöglicht. Vermutlich unternahmen die Menschen damals hauptsächlich kurze Fahrten entlang der Küstenlinie.

dpa

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