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Gentechnik Warum wir die Idee vom Designerbaby endlich aufgeben sollten

Cas9, ein Protein zum Zerschneiden von DNS-Strängen, beflügelt die Fantasien vom Embryo nach Maß. Dabei gibt es gute Gründe, die Finger von der menschlichen Keimbahn zu lassen. Ein Kommentar von GEO-Redakteur Klaus Bachmann
Gentechnik: Wollen wir Designerbabys? GEO-Redakteur Klaus Bachmann hält wenig davon, Embryonen nach Maß zu schaffen
Wollen wir Designerbabys? GEO-Redakteur Klaus Bachmann hält wenig davon, Embryonen nach Maß zu schaffen
© moodboard/Corbis

Genforscher haben ein neues Lieblingswerkzeug: CRISPR-Cas9. Dahinter verbirgt sich ein Molekülverbund, mit dem sich Gene auf einfachste Weise aus dem Erbstrang herausschneiden und verändern lassen. Seit 2012, als zwei Forscherinnen CRISPR-Cas9 entdeckten, hat die Gen- Schere einen atemraubenden Aufstieg erfahren. Wissenschaftler haben mit ihr bereits Pflanzen, Tiere und auch menschliche Stammzellen genetisch manipuliert. Weil sie so leicht funktioniert, beflügelte die Methode auch alte Fantasien, den Erbcode neu zu "schreiben" – und so zum Beispiel Embryonen nach Maß zu schaffen.

Die weitreichenden Möglichkeiten stimmten einige Forscher nachdenklich – was soll, was darf man mit der Technik versuchen? Im Dezember 2015 versammelten sich Hunderte Wissenschaftler aus aller Welt in Washington, um über diese ethische Frage zu diskutieren. Herausgekommen ist ein Statement, das alles offen lässt: Die Forscher empfehlen, derzeit noch die Finger von der menschlichen Keimbahn zu lassen. Wohlgemerkt: derzeit – solange das Werkzeug noch zu unpräzise arbeitet. Dabei gibt es auch jenseits aller Sicherheitsbedenken gute Gründe, die Idee vom Designerbaby endlich aufzugeben:

1. Um die Methode zu verfeinern, würden Genetiker eine Vielzahl menschlicher Embryonen benötigen. Diese müssten eigens für die Forschung erzeugt werden – und würden dann im Müll landen. Leben, geschaffen als Mittel zum Zweck.

2. Wollte man garantieren, dass das Verfahren keine unerwarteten Nebenwirkungen zeigt, müssten Forscher menschliche Embryonen kreieren, sie Frauen einpflanzen und die Kinder heranwachsen lassen. Ein kaum vorstellbares Vorgehen.

3. Viele genetisch bedingte Leiden, aber auch Eigenschaften wie Intelligenz, beruhen nicht auf einem einzigen Gen, sondern auf dem Zusammenwirken mehrerer Erbabschnitte. Zieht man in diesen komplexen Informationsnetzen an einem Strang, gerät oft an einer anderen Stelle etwas unkontrollierbar durcheinander.

In Deutschland, Österreich und in der Schweiz sind Eingriffe in die menschliche Keimbahn ohnehin verboten. In anderen Ländern aber sind die Regeln weniger streng – ehrgeizige Forscher werden sich von vagen Appellen nicht abhalten lassen.

GEO-Redakteur Klaus Bachmann ist studierter Chemiker und verfolgt seit den 1980er Jahren die Entwicklungen in der Molekularbiologie.

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