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Jordanien Archäologen rekonstruieren 9000 Jahre alte Kette aus einem Kindergrab

Ein Perlmuttring schillerte im Licht, eine Schnur hielt Tausende Steinchen und Muschelstücke: Nun ist die Halskette in einem Museum in Petra ausgestellt
Ein Perlmuttring schillerte im Licht, eine Schnur hielt Tausende Steinchen und Muschelstücke: Nun ist die Halskette in einem Museum in Petra ausgestellt
© Alarashi et al., 2023, PLOS ONE, CC-BY 4.0
Vor rund 9000 Jahren starb ein Kind in Jordanien. Beerdigt wurde es mit einem aufwendigen Perlencollier. Nun haben Forschende die sechs Meter lange Kette aus Tausenden Perlen wieder zusammengesetzt

Aus Tausenden Perlen haben Forschende eine rund 9000 Jahre alte, kunstvolle Halskette aus dem heutigen Jordanien wieder zusammengesetzt. Mit der Kette war ein Kind mit hohem sozialen Status beerdigt worden. "Die Ergebnisse der Rekonstruktion übertrafen unsere Erwartungen. Es kam eine beeindruckende, mehrreihige Kette mit komplexer Struktur und einem attraktiven Design heraus", schreibt das internationale Team in der Fachzeitschrift "PLOS ONE".

Ein Teil der Perlen wurde an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart restauriert. Die wieder zusammengesetzte Kette ist nun in einem Museum in Jordanien ausgestellt.

Die Perlen stammen aus einem jungsteinzeitlichen Kindergrab aus dem Dorf Ba'ja rund 14 Kilometer nördlich der bei Touristen beliebten Felsenstadt Petra. Bei Ausgrabungen waren die vergleichsweise schlecht erhaltenen Skelettreste eines achtjährigen Kindes aufgetaucht, das vermutlich ein Mädchen war. Vor allem im Brust- und Halsbereich fanden Forscher mehr als 2500 Perlen unterschiedlicher Art, Größe und Farbe.

Ein Perlmuttring auf der Brust schillerte im Licht

Wie genau diese Perlen ursprünglich angeordnet waren, sei zunächst unklar gewesen, schreibt das Team um Archäologin Hala Alarashi, die an der französischen Université Côte d’Azur sowie in Barcelona arbeitet. Der Körper des Kindes sei mit der Zeit verwest, mit den Perlen verbundene organische Materialien wie etwa Schnüre hätten sich zersetzt. Dennoch sei bei den Ausgrabungen schnell klar gewesen, dass die Perlen Teil eines größeren Schmuckstücks sein müssen.

Die Forschenden gingen in zwei Schritten vor. Zunächst untersuchten sie die Perlen einzeln: Wie wurden sie bearbeitet? Aus welchem Material sind sie? Woher kamen sie ursprünglich? In einem zweiten Schritt erstellten sie mit Hilfe zusätzlicher Daten ein Modell der ursprünglichen Halskette. Auch die Auffindesituation spielte eine Rolle. Zentrale Bestandteile der Kette sind demnach ein Ring im Nacken sowie ein Perlmuttring auf der Brust, der den Wissenschaftlern zufolge das Licht reflektiert und in mehreren Farben gleichzeitig geschillert haben soll.

Die Studienautor*innen schreiben von einer "komplexen, eindrucksvollen und sehr ansprechenden Anordnung". Die Gesamtlänge der aufgefädelten Perlen betrage etwa sechs Meter. Die Perlen bestehen vor allem aus kunstvoll bearbeiteten Steinen, zum Teil aber auch aus Meerestierschalen. Auch zwei Perlen aus Bernstein konnten die Forschenden identifizieren.

Sie gehen davon aus, dass die Kette vor Ort in Ba'ja hergestellt wurde, auch wenn die Materialien von weit her kamen. "Die Herstellung der Kette erforderte minuziöses Handwerk, aber auch den Import bestimmter exotischer Materialien aus anderen Regionen", so das Team um Alarashi. Es sei ein komplexes Netzwerk aus Künstlern, Händlern und den Eliten nötig gewesen, die ein solches Kunstwerk in Auftrag gaben. Dass die Kette von einem Kind getragen werde, zeige, welch hohen Stellenwert Kinder in den frühen bäuerlichen Gemeinschaften der Levante gehabt hätten.

Das Grab wird auf etwa 7400 bis 6800 Jahre vor Christus datiert. Bei dem verstorbenen Kind müsse es sich um ein Individuum mit sehr hohem sozialen Status gehandelt haben, schreiben die Forschenden. Immerhin habe man ihm ein extrem aufwendiges Schmuckstück angelegt, anstatt es einem Lebenden zu geben.

Die Halskette sei einzigartig für die Levante in der Jungsteinzeit. Wegen seiner Größe, seiner komplexen Struktur, den Farben, der Symmetrie, der Schönheit und dem Spiel mit Licht erinnere das Collier an Schmuckstücke aus den jüngeren Hochkulturen in Mesopotamien und Ägypten.

Valentin Frimmer dpa

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