Anzeige

Balkan Entdecken Sie die serbische Donaustadt Novi Sad

Novi Sad, Serbien
Am Sonntag bimmeln alle Kirchen um die Wette - auch die Kathedrale am Trg Slobode, an dem auch das Rathhaus liegt.
© Irma / Fotolia
Gelassen, bunt und weltoffen: Die serbische Donaustadt gehört zu den liebsten Balkanorten unserer Autorin – auch wegen des sonntäglichen Hochzeits-Hoppings

Inhaltsverzeichnis

Ankommen in Novi Sad

»Opušteno i polako« hörtman tags und nachts, im ­Laden, im Bus, auf der Straße. Dieses »Entspann dich, bloß keine Eile« macht die kleine serbische Stadt zwischen Belgrad und Budapest zu einem meiner Lieblinge im Osten ­Europas. Die Donau und der breite Donau-Theiß-Donau-Kanal umgarnen das recht junge Novi Sad: »Neoplanta« nannte Kaiserin Maria Theresia die ­Siedlung, als sie sie vor genau 270 Jahren zur königlichen Freistadt ernannte. Von Beginn an war die »neue Saat«, wie der Name wörtlich übersetzt lautet, eine Multikultistadt, Menschen aus mehr als 20 Nationen leben heute hier, darunter Serben, Ungarn, Slowaken, Kroaten und Rumänen.

Sonntag in Novi Sad: Hochzeits-Hopping und Straßenmusik

Sonntägliche Ruhe­störung kommt von den Kirchen,die gegen Mittag um die Wette bimmeln, denn Sonntag ist Hochzeitstag. So schlendern Hochzeitsgesellschaften durch die engen Gassen der verschlafe­nen Altstadt, schreiten an ockergelben, mintgrünen und puderzuckerfarbenen kleinen Häusern vorbei, auf dem Wege zum orthodoxen, katholischen oder protestantischen Altar. Im Kirchenhof gesellen sich Tuben und Trompeten von Romamusikern unters Glockengebimmel. Zuschauen und mittanzen sind erlaubt und sogar erwünscht. Die meisten barocken und klassizistischen Kirchen liegen nahe beieinander und machen »Wedding Hopping« zu einer wunderbaren sonntäglichen Aktivität.

Was Sie in Novi Sad gesehen haben sollten

Was für Kirchen! Allein zehn gelten als besonders schön, sind reichlich mit goldenen ­Ornamenten verziert. Am zentralen Platz der Altstadt, dem Trg Slobode (Platz der Freiheit), baden die Türme der katholischen Kathedrale in der Sonne, gebaut bis 1895 im neugotischen Stil. Aus dieser Zeit stammen auch das Rathaus und weitere Gründerzeitbauten, ein wunderbares architektonisches Ensemble, von dem sich sternförmig Straßen und Gassen ausbreiten – ein Fußgängerparadies, mit kleinen Läden, Bars und Cafés.

Der Bischofspalast der serbisch-orthodoxen Kirche liegt zur einen Seite des Platzes, auf der anderen beginnt die Jevrejska Ulica, die Judengasse, die durch das Ghetto führte. Fast alle etwa 4000 Juden von Novi Sad wurden während der NS-Zeit ermordet. Die Synagoge von 1909, deren hohe Kuppel in den Himmel ragt, ist eine der schönsten in Europa und ihre Akustik ideal für klassische Konzerte. Das Museum für ­zeitgenössische Kunst hat hervorragende Sammlungen der jugoslawischen und serbischen Moderne und stellt ­politisch engagierte Künstler aus. So wurde 2016 die viel beachtete Ausstellung »Cold Wall 2« gezeigt, nachdem ­Ungarn einen Zaun an der serbisch-­ungarischen Grenze errichtet hatte.

Shopping: So schön lässt es sich in Novi Sad bummeln

Sechs große Parks schmiegen sich um die Stadt wie eine grüne Riesenwolke. Mein liebster ist der Dunavski Park (Donaupark), in dem rund 100 Jahre alte Eichen und Kasta­nien in den Himmel wachsen. Mein liebster Markt ist gleich um die Ecke: Riblja Pijaca, seit mehr als 150 Jahren der Fischmarkt. Der älteste der Stadt ist einer von zehn, die täglich stattfinden. Hier finde ich alles: Brot und Pasta, Ziegenkäse, eingelegte grüne Tomaten, Obst und Gemüse sowieso, Mohnstrudel und Quittenmarmelade. Und wenn ich müde vom »Wedding Hopping« bin, komme ich mittags ins Špajz, wo an Wochenenden ein regionaler Brunch serviert wird, eher deftig als leicht: Schinken und Würste, Burek und Pita, Käse, Fisch- und Hühnerpaprikasch.

Najlon pijaca, der Nylon­markt, ist ein Paradies für Flohmarktgänger. Im Angebot ist alles: Plüsch­sofas, Schraubenzieher, alte Gläser, alte Klamotten (am besten Freitags und Samstags bis Mittag). In der mehr als 200 Jahre alten Buch­bin­derei Knjigoveznica Ivkovi an der zum Bummeln einladenden Straße Dunavska kann man beobachten, wie die Bücher entstehen, oder eine handgemachte Ledertasche kaufen. Der Antikladen Antikvarnica Laliibietet feines Altes zu guten Preisen.

Ausgehen in Novi Sad

Im Juli ist EXIT-Time. Drei Tage lang gehört Petrovaradin den Rockern, Punks und Liebhabern der elektronischen Musik. Petrovaradin ist auch ohne Party einen Besuch wert: Als Bollwerk gegen die ­Osmanen gebaut, wacht die Festung aus dem 17. Jahrhundert hoch über den ­Donauufern. Heute lockt sie mit Wanderwegen, Bars und Cafés, altem Handwerk, Galerien, Künstlerateliers und ­einem betörenden Sonnenuntergangsblick auf die Donau. Gleich gegenüber: der Štrand. Auf den Sandbänken in der ­Donau lassen sich die Temperaturen des Sommers (bis zu 40 Grad) besser ­ertragen. Von hier aus ist es nicht weit zur ­Ribarsko Ostrvo, der Fischerinsel, ­einer wild bewachsenen kleinen Halbinsel, an der Hausboote hei­misch sind und Besucher beim Käffchen gucken, wie Kreuzfahrer vorbeischippern.

Fish I Zelenis
Frischen Fisch und andere Köstlichkeiten finden Besucher in dem Restaurant Fish I Zelenis.
© The Choice - Marketing und Consulting Agency

Restaurants und Bars in Novi Sad

Ganz Novi Sad lebt auf der Straße, es wird gemampft und geschmatzt: Pita, Burek, Sandwiches. Dazu reichlich Kneipen und Restaurants. Meine Lieblinge: Fish i Zeleniš, ein putziges, buntes Restaurant für »Fisch und Grünzeug«. An den Tischen vor der Tür sieht man orthodoxe Popen vorbeilaufen, die im nahen Bischofssitz zu Hause sind. Kod Pera ist eigentlich ein Club von Taubenzüchtern. Karierte Tischdecken, Pokale, Taubenfotos an den Wänden – und eine große Auswahl an Hausweinen und Schnäpsen. Hier trinke ich einen Aperitif und wandere ein paar Meter weiter zu Tara, das beste serbische Grillgerichte auftischt: evapii und Ražnjii – und dazu abends Livemusik.

Übernachten in Novi Sad: Die besten Unterkünfte vor Ort

Hostels und Privat­übernachtungen gibt es viele, vor allem wegen des EXIT-Festivals. Der ­Eiserne Ritter, eine Skulptur auf dem Gründerzeitdach, ziert das Hostel Downtown neben der Kathedrale. Gute Location, gute Preise (DZ/F ab 30 €). Ich habe im Hotel Putnik geschlafen, für 40 Euro die Nacht. Dafür gingen zuerst Minibar und Klimaanlage nicht, und am nächsten Tag war der Strom weg. Trotzdem: Wer Sehnsucht nach sozialistischem Charme hat, der wird das gelassen hinnehmen und sich über die Lage am Trg-Slobode-Platz freuen (DZ/F ab 56 €). Prachtvoll, in Glas und Granit ­gehalten und zentral gelegen ist das Garni Hotel Centar (DZ/F ab 68 €). Auf der Festung mit Novi-Sad-Blick thront das mit üppigem Mobiliar ausgestattete Leopold I (DZ/F ab 110 €).

Die Zukunft von Novi Sad

Das multikultu­relle Konzept macht Novi Sad gleich zweimal zu einer europäischen Kulturstadt, obwohl sie außerhalb der EU liegt: 2019 ist die Stadt mit den zweitmeisten Studierenden in Serbien Europäische Jugendhauptstadt, 2021 Euro­päische Kulturhauptstadt. Das größte Projekt ist der Umbau eines ­Fabrikgeländes in ein großes Kultur­zentrum. Auf dem Areal zwischen ­Limanski Park und Donaukai, das liebevoll »Chinesen­viertel« (Kineska etvrt) genannt wird, ist seit Jahren die alter­native Kunstszene zu Hause.

GEO Saison Nr. 09/2018 - Andalusien

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel