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Gene Frühaufsteher oder Morgenmuffel? In einem der Fälle liegen Sie näher am Neandertaler

Zwei Menschen schauen sich an; im Profil: links eine moderne Frau, rechts eine Neandertalerin
Menschenfrau und Neandertalerin: Das niederländischen Künstler-Zwillingspaar Adrie and Alfons Kennis machen eine längst verstorbene Vorfahrin mit einer Skulptur wieder lebendig
 
© Getty Images/Joe McNally
Morgenmuffel oder früher Vogel? Das hat mehr mit unseren Vorfahren zu tun, als man bisher wusste. Vor allem bestimmte Genvarianten machen den Unterschied

Ob Sie morgens früh auf den Beinen sind oder lieber länger in den Federn liegen, ist wohl die Schuld Ihrer Vorfahren: Frühaufsteher teilen sich mehr bestimmte Genvarianten mit Neandertalern als Morgenmuffel. Zu dem Schluss kommt eine Studie, die jetzt in der Fachzeitschrift "Genome Biology and Evolution" veröffentlicht wurde.

Jeder Mensch besitzt eine innere Uhr, dank der wir unser Leben mit den 24 Stunden eines Tages synchronisieren können. Zirkadianer Rhythmus nennt das die Forschung. Wie genau dieser biologische Rhythmus bei jedem Einzelnen funktioniert, wird von den Genen gesteuert.

Und die teilen vor allem Menschen in Europa und Ostasien bis heute mit Neandertalern, bei uns sind es etwa 2 Prozent des Erbmaterials. Eine Gruppe aus Forscherinnen und Forschern um Keila Velazquez-Arcelay von der Vanderbilt University in Nashville hat jetzt festgesellt: Die Gene unserer Vorfahren bestimmen mit, ob wir morgens immer müde sind – oder munter.

Die Uhr tickt für manche schneller

Die Gruppe hat dazu 246 Gene aus aktuellen Proben untersucht, die im Zusammenhang mit der inneren Uhr des Menschen stehen. Zusätzlich analysierte sie die DNA von Neandertalern und verglich sie mit der Erbinformation, die moderne Menschen heute in sich tragen. Das Ergebnis: Genvarianten, die Neandertaler und ihnen verwandte Denisova-Menschen zeigten, haben sich bei manchen bis heute erhalten – und wer sie besitzt, zählt oft zu Frühaufstehern.

Neandertaler haben sich etwa vor einer halben Million Jahren in Eurasien von der Gattung Homo abgespalten. Der moderne Mensch ist aber erst 100.000 Jahre später aus Afrika nach Norden gewandert, wo er auf die Neandertaler traf. Deren innere Uhr, so die Studienautoren und -autorinnen, lief wohl schneller ab und ließ sie schon morgens fit starten – eine Anpassung an Orte, in denen die Jahreszeiten stark ausgeprägt sind und sich Tageszeiten übers Jahr ständig verschieben. Denn wenn der biologische Rhythmus schneller läuft, kann er auch flexibler auf Veränderungen im Jahresverlauf reagieren. Die Genvarianten, die das möglich machen, bildeten einen evolutionären Vorteil – und lassen sich wohl deswegen bis heute nachweisen.

Allerdings gibt es eine Einschränkung: Die Studie bezog ihre Daten aus der Gendatenbank UK Biobank, die nur Gewebe von Menschen in Großbritannien enthält. Die These, dass Neandertal-Gene uns zu Frühaufstehern machen, gilt also bisher in erster Linie für Europäer. Die Studie bringt uns aber einen guten Schritt dem Verständnis näher, wie unsere innere Uhr tatsächlich tickt.

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