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Altersforschung Wann bin ich alt? Frauen und Männer empfinden das unterschiedlich

Alter Mann fliegt Fallschirm
Wer sich jünger fühlt als das biologische Alter ausweist, hat die Chance auf ein gesünderes und längeres Leben. Wie das Sprichwort sagt: "Man ist so alt, wie man sich fühlt"
© Hans Berggren / plainpicture
Wann beginnt man eigentlich damit, alt zu sein? Einer neuen Studie zufolge verschiebt sich dieses Gefühl bei den Deutschen immer weiter nach hinten – auch auf das Alter der Befragten kommt es an 

Ab wann nimmt man sich selbst und andere Menschen als alt wahr? Genau dieser Frage sind Forscherinnen und Forscher der Humboldt-Universität zu Berlin, der Stanford-Universität, der Universität Luxemburg sowie der Universität Greifswald nachgegangen und berichten darüber in der Fachzeitschrift "Psychology and Aging".

Das Forschungsteam um Markus Wettstein von der Humboldt-Universität untersuchte die Daten von mehr als 14.000 Teilnehmenden des Deutschen Alterssurveys, einer Längsschnittstudie, die in Deutschland lebende Menschen erfasst, die zwischen 1911 und 1974 geboren wurden. Die zentrale Frage dabei lautete: "In welchem Alter würden Sie jemanden als alt bezeichnen?"

Altsein beginnt für viele heute später als früher

Ihr Ergebnis: Das gefühlte Altsein beginnt für Erwachsene heute später als für Menschen, die in früheren Jahrzehnten geboren wurden. Den Forschenden zufolge empfanden beispielsweise 65 Jahre alte Menschen, die 1955 geboren wurden, dass das Altsein mit 75 Jahren beginnt. Für 65-Jährige mit Geburtsjahr 1911 begann das Altsein dagegen schon mit 71 Jahren.

Womit hängt das zusammen? "Die Lebenserwartung ist gestiegen, was möglicherweise dazu beiträgt, dass das Alter später einsetzt. Außerdem haben sich einige Aspekte der Gesundheit im Laufe der Zeit verbessert, sodass Menschen in einem bestimmten Alter, die in der Vergangenheit als alt galten, heutzutage möglicherweise nicht mehr als alt gelten", erklärt Studienautor Markus Wettstein, der im Bereich der Entwicklungs- und Pädagogischen Psychologie forscht. Viele seien heutzutage in einem höheren Alter noch deutlich fitter.

Die Lebenserwartung der Deutschen steigt

Dass die Lebenserwartung in den letzten Jahrzehnten gestiegen ist, verdeutlichen auch die Daten des Statistischen Bundesamts. So hatte ein 65 Jahre alter Mann in den Jahren 1901 bis 1910 im Schnitt noch 10,4 Jahre zu leben. Gleichaltrigen Frauen blieben noch rund elf Jahre. In den Jahren 1960 bis 1962 konnten gleichaltrige Männer in Westdeutschland schon mit weiteren 12,4 Jahren rechnen und Frauen mit 14,6. Und 2019 bis 2021 waren es bei Männern schon 17,8 Jahre und bei Frauen sogar rund 21 Jahre.

Eine weitere Begründung, weshalb sich der Beginn des gefühlten Altwerdens immer weiter nach hinten verschiebt, könnte den Forschenden zufolge der Beginn der Rente sein. Das Renteneintrittsalter ist im Laufe der Jahre gestiegen, und man bringt es typischerweise mit dem Altwerden in Verbindung. Auch dies habe Einfluss auf das Altersempfinden. 

Frauen bewerten Altsein anders als Männer

Zudem fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler heraus, dass Frauen auf die Frage "Wann beginnt das Altwerden" anders antworten als Männer. Den Forschenden zufolge setzen Frauen den Beginn des Alters im Durchschnitt etwa zweieinhalb Jahre später an als Männer.

Dies könne damit zusammenhängen, dass Frauen im Schnitt länger leben, so Studienautor Markus Wettstein. Außerdem werden Frauen im Alter stärker stigmatisiert als Männer. Deshalb werde der Beginn des Alters von Frauen möglicherweise später angesetzt, um sich weiter von diesem negativen Bild abzugrenzen.

Und noch ein weiteres Phänomen stellten die Forschenden bei ihrer Auswertung fest: "Wenn eine Person älter wird, schiebt sie den Beginn des höheren Alters immer ein bisschen weiter nach hinten", bemerkt Markus Wettstein. Eine 60-Jährige, für die das Altsein nach eigenen Angaben mit 74 Jahren startete, findet demnach mit 65 Jahren, Altsein beginne erst mit 75. Die Teilnehmenden waren vom Deutschen Alterssurvey über mehrere Jahre hinweg befragt worden.

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