Wer sich gesund ernähren möchte und in Zeitschriften, Büchern oder Blogs nach Informationen sucht, kann ein Thema kaum vermeiden: Superfoods. Lebensmittel also, die sich aus der Masse der gesunden Speisen abheben, weil sie ganz besonders förderlich für das leibliche Wohl sein sollen. Weil sie ungewöhnlich reich an gesunden Fettsäuren sind oder viele Antioxidantien enthalten, die helfen, unsere Zellen zu schützen.
Bei Superfoods gibt es keine bindenden Kriterien
Allerdings: Nirgendwo ist klar definiert, welche Kriterien eine Beere, ein Samen oder eine Knolle eigentlich erfüllen muss, um „"super" zu sein. Weder gibt es einen wissenschaftlichen Konsens, noch eine rechtlich verbindliche Festschreibung. Daher legen Marketingstrategen, Journalisten, Blogger und selbst ernannte Experten den Begriff aus, wie es gerade passt. Und erheben bisweilen Produkte zu Superfoods, die neu auf dem Markt etabliert werden sollen oder über die Jahre unpopulär geworden sind.
Hinzu kommt, dass die Heilsversprechen mitunter auf ein äußerst dankbares Publikum treffen. Es klingt schließlich nur allzu verlockend: Eine Handvoll Heidelbeeren am Tag bewahrt uns vor Krebs, ein Löffel voll Chia-Samen im Müsli verhindert zuverlässig jeden Herzinfarkt, und wer hin und wieder ein gut gewürztes Curry isst, bleibt im Alter garantiert von Demenz verschont. Derartige Behauptungen sind natürlich maßlos übertrieben. Und doch gehen sie im Kern in vielen Fällen durchaus auf wissenschaftliche Studien seriöser Forscher zurück. Dieformulieren ihre Ergebnisse allerdings in der Regel deutlich vorsichtiger.
Der Einfluss von Lebensmitteln ist schwer zu messen
Denn die Suche nach den gesundheitlichen Folgen einer bestimmten Ernährungsweise ist immer ein äußerst komplexer Indizienprozess. So lassen sich etwa Beobachtungen aus Tierversuchen oder Laborexperimenten nicht ohne Weiteres auf den Menschen übertragen. Und wenn ein bestimmter Stoff in verhältnismäßig großen Mengen in einer Beere gefunden wird und chemische Analysen zugleich zeigen, dass dieser Stoff zum Beispiel bestimmte Schadstoffe zu neutralisieren vermag, so ist das zwar durchaus ein positiver Befund – doch ob sich diese Wirkung auch in dem komplexen System des menschlichen Organismus im vollen Umfang entfaltet, ist damit noch nicht bewiesen.
Und selbst Studien an Menschen liefern nicht immer eindeutige Ergebnisse. Nehmen beispielsweise nur wenige Probanden teil, könnte das Ergebnis schlicht Zufall sein. Eine belastbare Aussage, wie sich ein bestimmtes Nahrungsmittel auf unsere Gesundheit auswirkt, lässt sich daher nur dann treffen, wenn die Ergebnisse zahlreicher Studien berücksichtigt werden. Für viele Lebensmittel (und insbesondere jene, die auf diesen Seiten groß vorgestellt werden) gibt es allerdings tatsächlich vielversprechende Hinweise, dass sie unserer Gesundheit in besonderem Maße nutzen, dass es sich also wirklich um Superfoods handelt.
Allzu hohe Erwartungen sollte niemand haben
So sind beispielsweise Walnüsse und Leinsamen sehr reich an gesunden Omega-3-Fettsäuren. Und Brokkoli enthält mehr vor Krebs schützende Substanzen als viele andere Gemüse. Dennoch: Allzu hohe Erwartungen sollten Verbraucher an Superfoods nicht haben. Es ist weder notwendig noch empfehlenswert, sich ausschließlich davon zu ernähren.
Auch kann ein Glas Granatapfelsaft oder ein Grünkohlsmoothie am Morgen es natürlich nicht ausgleichen, dass man den Rest des Tages vielleicht einen eher ungesunden Lebenswandel pflegt, beispielsweise viel Fast Food und Fertiggerichte isst, raucht, häufig und viel Alkohol trinkt oder sich kaum bewegt.
Ebenso falsch ist die Annahme, andere Obstund Gemüsesorten, die nicht als Superfood gelten, seien weit weniger wertvoll oder gar wertlos. Und mitunter können Superfoods sogar ungesund sein – dann nämlich, wenn sie in Form von Extrakten, Pillen und Pulvern konsumiert werden. Denn in unnatürlich hoher Konzentration können uns selbst ansonsten nützliche Substanzen wie Vitamine, Mineralstoffe und Antioxidantien schaden und lebensgefährliche Krankheiten (etwa Krebs) nicht verhindern, sondern umgekehrt sogar wahrscheinlicher machen.
Ein Superfood kann niemals eine ausgewogene Ernährung ersetzen
Wann immer also von Superfoods die Rede ist, sollten Konsumenten vor allem eines tun: ihren Verstand einschalten und alle Versprechen kritisch hinterfragen. Klar ist: Solange man unter Superfoods weitgehend naturbelassene pflanzliche Kost versteht und sie im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung genießt, sind sie ohne Zweifel überaus gesund. Das gilt für Klassiker wie Heidelbeeren und Grünkohl ebenso wie für Exoten wie etwa Gojiund Açaí-Beeren oder Chia-Samen (wobei die Importware in der Regel eine schlechtere Ökobilanz hat und mitunter stärker mit Pestiziden belastet ist, wie neue Untersuchungen zeigen).
Doch bevor man sich um die Kür Gedanken macht, gilt es zunächst, die Pflicht zu erfüllen. Und die lautet: sich dauerhaft auf eine ausgewogene, vielseitige Ernährung mit reichlich Obst, Gemüse und Vollkornprodukten umzustellen. Diese Grundlage einer gesunden Ernährung kann niemals ein einzelnes Superfood ersetzen.