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Tierschutz Warum "Schafe schubsen" nicht so lustig ist, wie es klingt

Zu breit, zu schwer: Manche Schafe kommen aus eigener Kraft nicht wieder auf die Beine
Zu breit, zu schwer: Manche Schafe kommen aus eigener Kraft nicht wieder auf die Beine
© dpa | Marcus Brandt / picture alliance
Schafhalter*innen haben kürzlich dazu aufgerufen, auf dem Rücken liegenden Schafen beim Umdrehen zu helfen. Dass die Tiere nicht allein aufstehen können, ist nicht lustig, sondern tödlich. Und es verweist auf einen Missstand

Dieser Tage ermunterten Schafhalterinnen und Schafhalter mit einer Pressemitteilung Spaziergänger und Radlerinnen an den Deichen der Republik zum beherzten Eingreifen. Wer ein auf dem Rücken liegendes Schaf sehe, solle ihm beim Umdrehen helfen. Die würden das manchmal allein nicht schaffen. "Schafe schubsen" für den guten Zweck, das klingt erstmal lustig. Ein bisschen wie "Gummistiefelweitwurf" und anderes aus der Rubrik "So skurril ist das Leben an der Küste".

Kurze Beine, dickes Fell, flacher Rücken

Für die betroffenen Tiere ist das Auf-dem-Rücken-Liegen allerdings gar nicht lustig. Es hat auch nichts mit Schusseligkeit oder Dummheit zu tun. Dass die Tiere manchmal hilflos sind, hat einzig mit Eigenschaften zu tun, die Menschen ihnen an- oder weggezüchtet haben. So haben wir dem "Wollschaf" zum Beispiel die Fähigkeit seiner Vorfahren genommen, ganz normal das Fell zu wechseln. Gerade in den heißen Sommermonaten juckt daher unter den kiloschweren Fellmassen die Haut. Warum sich also nicht auf den Rücken werfen, um sich zu kratzen?

Doch nicht nur das dicke Fell macht es für manche Tiere beschwerlich, wieder in die Horizontale zu kommen. Viele sogenannte Fleischrassen haben ein besonders breites Kreuz und kurze Beine, die das Aufrichten noch mühsamer machen. Schwangere Tiere haben es zusätzlich schwer. Bleiben die Tiere auf dem Rücken liegen, sammeln sich im Pansen Verdauungsgase, die nicht entweichen können, und die Tiere sterben qualvoll innerhalb kurzer Zeit.

Schafeschubsen ist kein Artenschutz

Wenn Schafhalterinnen und Schafhalter nun dazu aufrufen, den Tieren beherzt einen Schubs zu geben, so ist das aus der Perspektive des Tierschutzes nur zu begrüßen. Mit dem "Schutz der Spezies", wie es in der Pressemitteilung weiter heißt, hat das Schafeschubsen allerdings gar nichts zu tun. So genannte Nutztierrassen sind nicht "bedroht" wie Wildbienen oder Wiesenvögel. Es wird sie so lange geben, wie Menschen sie nachzüchten. Also so lange, wie wir sie für die Erzeugung von Wolle, Milch und Fleisch benutzen.

Das Postkartenmotiv mit den friedlich grasenden Schafen am Deich sollte nicht darüber hinwegtäuschen: Schafe sind, wie sie sind, damit sie uns Menschen nützen. Wer ein auf dem Rücken liegendes Schaf umdreht, praktiziert aktiven Tierschutz, keine Frage. Am eigentlichen Problem ändert er oder sie allerdings nichts: Das umgedrehte Schaf wird wie geplant verwertet und verwurstet.

Übrigens: Nicht nur zu Fleisch und Milch, auch zu Wolle gibt es heute zahlreiche, qualitativ hochwertige Alternativen – die nicht mal kratzen.

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