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Stadttauben Geplante Massentötung: Limburg stiehlt sich aus der Verantwortung

Zwei Tauben nebeneinander, die sich ansehen
Stadttauben stammen wahrscheinlich von verwilderten Haus- und Brieftauben ab – die ihrerseits aus der Felsentaube (Columba livia) gezüchtet wurden
© David & Micha Sheldon / mauritius images
Statt seine Taubenpopulation schonend einzugrenzen, hält Limburg an seinem martialischen Plan einer Massentötung fest, lässt Tierschutzorganisationen das Schlimmste verhindern – und verlagert Probleme in die Zukunft

"Hey Deutschland ... geht's dir gut?", fragte kürzlich der US-amerikanische Satiriker und Fernsehmoderator Stephen Colbert mit etwas besorgter Mine in die Kamera. Da hatte er gerade davon berichtet, dass die mittelhessische Stadt Limburg plant, Hunderten Tauben von einem Falkner das Genick brechen zu lassen – ein Vorhaben, das der Stadt nicht nur teils wütende Proteste von Tierschützenden eingetragen hat. Sondern auch im Ausland mit Befremden zur Kenntnis genommen wird.

Zwar hat sich die Stadtverwaltung für ihr martialisches Vorhaben inzwischen auch noch durch ein Bürgervotum abgesichert. Tierfreundlicher oder vernünftiger wird es dadurch jedoch nicht. Und auch nicht rechtskonformer. Tierschützende haben angekündigt, gegen alle Verantwortlichen Klage einzureichen, sobald die ersten Tiere in den Händen des bestellten Falkners sterben. Rückendeckung dafür gibt ihnen ein Rechtsgutachten, das sich unter anderem auf Paragraf 1 des Tierschutzgesetzes stützt. Demnach ist es verboten, ein Tier ohne "vernünftigen Grund" zu töten. "Vernünftig" ist die Massentötung schon darum nicht, weil es mildere Alternativen gibt. Darunter das Austauschen der Eier durch Attrappen in Taubenhäusern. Dieses sogenannte Stadttaubenkonzept wenden viele Städte seit Jahren erfolgreich an.

Hilfsangebote der Tierschützenden lösen das Problem nicht nachhaltig

Vielleicht haben die Verantwortlichen, allen voran Bürgermeister Marius Hahn (SPD) nun doch kalte Füße bekommen. Statt allerdings das Angebot des Tierschutzbundes anzunehmen, bei der Einführung des Stadttaubenkonzepts zu unterstützen, spielt die Stadt auf Zeit. Und prüft generös Angebote von Tierschutzorganisationen, Tauben vor dem Genickbruch zu retten. So will etwa das österreichische Gut Aiderbichl Medienberichten zufolge rund zweihundert Tiere in einer Großvoliere in der Nähe von Nürnberg unterbringen lassen – und für die Kosten von Transport und Unterbringung aufkommen.

Eine Lösung, die gleichwohl nicht verhindern kann, dass schon bald die ersten Tiere sterben. Denn was wird aus den Küken der gefangenen Tiere? Unbeantwortet bleiben weitere Tierschutzfragen: Was ist mit den Partnern der monogam lebenden Vögel? Wer garantiert, dass die "Freiwilligen", die die Stadt jetzt sucht, die Tiere artgerecht einfangen werden? Und was passiert, wenn die Population wieder auf die jetzige Größe angewachsen ist?

Indem die Stadt die Hilfs- und Rettungsangebote von Tierschutzorganisationen und Einzelpersonen annimmt, verlagert sie das Problem nur in eine nahe Zukunft. Es drängt sich der Eindruck auf, dass es den Verantwortlichen vor allem darum geht, einer Flut von Anzeigen zu entgehen. Vorerst. 

Liebe Limburger: Tauben sind keine "Schädlinge", sondern Lebewesen. Mit ihnen zusammenzuleben, ist gar nicht so schwer. Was schwer ist: Einsicht zeigen. Zu spät ist es dafür nie.

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