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Limburg Geplante Taubentötung durch Genickbruch: Es gibt seit 1995 eine bessere Lösung

Stadttauben haben ein mieses Image. Zu Unrecht: Für die menschliche Gesundheit etwa sind sie nicht gefährlicher als andere Vögel
Stadttauben haben ein mieses Image. Zu Unrecht: Für die menschliche Gesundheit etwa sind sie nicht gefährlicher als andere Vögel
© drakuliren / Adobe Stock
Die hessische Stadt Limburg schaffte es jüngst in die überregionale Berichterstattung: mit dem Plan, Hunderte Tauben töten zu lassen. Das ist mit geltendem Recht nicht vereinbar. Zudem gibt es längst eine tierfreundlichere und nachhaltigere Methode, die Bestände klein zu halten

Sind Stadttauben schützenswerte Lebewesen oder lästiges Ungeziefer? Im hessischen Limburg scheint man sich über diese Frage einig zu sein: Sie sind Ungeziefer – und sollen darum getötet werden. Die "Idee": Die Tiere werden in einen Taubenschlag gelockt, aus dem sie nicht wieder entkommen können, werden mit einem Schlag auf den Kopf betäubt und dann per Genickbruch getötet. Zunächst zwei Jahre lang. Bevor der Falkner und Jäger, der sich schon vorab um den Job beworben hat, seinem Handwerk nachgehen kann, steht jetzt noch das Votum des zuständigen Veterinäramts aus.

Tierschützende sind entsetzt: Die Entscheidung der Stadtverordneten verstößt ihrer Meinung nach klar gegen das Staatsziel Tierschutz, verankert im Grundgesetz, und gegen das Tierschutzgesetz. Dort heißt es: "Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen." Denn worin soll dieser "vernünftige Grund" bestehen? Stadttauben sind für die menschliche Gesundheit – auch wenn sie von vielen Menschen als "schmutzig" oder "unrein" wahrgenommen werden – kaum eine Gefahr. Das Risiko, sich durch den Kontakt mit einer Straßentaube mit einem Krankheitserreger zu infizieren, ist bei ihnen nicht höher als bei Zuchttauben oder Ziervögeln.

Zudem ist das Töten von Tauben laut einem Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart sogar ausdrücklich verboten, wenn es mildere Mittel gibt, ihren Bestand zu verringern. Dieses "mildere" Mittel gibt es – schon seit langem.

Tierschutzkonformes Stadttaubenkonzept seit Jahren erfolgreich

Stadttauben sind die Nachfahren verwilderter Haustauben; zuchtbedingt brüten sie häufiger als ihre wilden Urahnen. Doch oft reichen in den Innenstädten weder das Nahrungsangebot noch die geeigneten Nistplätze. An Brennpunkten werden darum in vielen Städten schon heute die Tiere in Taubenschlägen betreut. Ihre Eier werden regelmäßig durch Plastikattrappen ausgetauscht, und die Tiere können bei Bedarf medizinisch versorgt werden. Im Ergebnis gibt es also weniger und dafür gesündere Tauben. In Augsburg macht man das schon seit 1995 so. Auch anderenorts ist das "Augsburger Modell" inzwischen gängige Praxis – mit guten Ergebnissen, wenn das Konzept konsequent angewendet wird. Das zeigt eine Auswertung des Bundesverbands Menschen für Tierrechte. Auch die Kosten dafür werden in der Regel als gerechtfertigt angesehen. In Limburg rechnet man einem Bericht zufolge mit Kosten von 90.000 Euro jährlich für zwei betreute Taubenschläge, gegenüber 20.000 Euro für die die rabiate Lösung.

Sollte das Veterinäramt für die Massentötung nun grünes Licht geben, droht der Stadt Limburg eine Klagewelle. Man kann den Verantwortlichen nur wünschen, dass sie sich eine juristische Auseinandersetzung ersparen und einlenken.

Anderenfalls könnte eine gerichtliche Prüfung klarstellen: Tauben sind kein Ungeziefer, auf das man den Kammerjäger hetzt. Sondern empfindungsfähige, vom Menschen gezüchtete Lebewesen, für die wir, da sie nun mal in der Welt und in unseren Städten sind, eine Verantwortung tragen. Stadtverwaltungen müssen sich an geltendes Recht halten – und nicht zuletzt die erforderlichen Mittel bereitstellen, um die Taubenbestände möglichst schonend gering und gesund zu halten. Und zwar zuallererst um der Tiere selbst willen. Aber auch im eigenen Interesse: Tauben auf vorgestrige Art zu "entsorgen", trägt nicht gerade zum Image einer freundlichen, modernen Stadt bei.

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