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Ernährung Vitamin B12: Fleischlos glücklich?

Wer wenig oder kein Fleisch isst, lebt gesünder. Aber woher bekommen Vegetarier und besonders Veganer das lebenswichtige Vitamin B12?

Inhaltsverzeichnis

Ernährung: Eine vegetarische Ernährung liefert dem Körper alles, was er braucht. Schwierig wird's erst, wenn man auch auf Milchprodukte verzichtet
Eine vegetarische Ernährung liefert dem Körper alles, was er braucht. Schwierig wird's erst, wenn man auch auf Milchprodukte verzichtet
© cristians.ro/Flickr Open/Getty Images

Veganer und B12

Fleischlose Ernährung liegt im Trend: Die Wochenzeitung "Die Zeit" widmete dem Veganismus eine ganze Themenwoche. Vegetarische und vegane Sach- und Kochbücher schaffen es auf die Bestsellerlisten. In Israel gibt es das erste Vegetarier-Dorf der Welt. Umfragen bestätigen das Bild: Laut einer Studie der Unis Göttingen und Hohenheim hat sich zwischen 2006 und 2013 die Zahl der Vegetarier in Deutschland verdoppelt - auf heute 3,7 Prozent der Bevölkerung. Die Gründe dafür sind vielfältig: Lebensmittelskandale, schockierende Bilder aus der Massentierhaltung, die Sorge um die eigene Gesundheit, Umwelt- und Naturschutz.

Vegis leben gesünder

Aber ist eine Ernährung ohne Fleisch oder ohne jegliche tierische Produkte überhaupt machbar? Klar, sagen Vegetarier- und Veganerverbände - und die Ernährungsexperten, die ihnen nahestehen. Sie können auf zahlreiche Studien verweisen, die Wenig-Fleisch-Essern ein geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und eine geringere Neigung zu Übergewicht bescheinigen. Vieles spricht also für den Verzicht. Zumal pflanzliche Nahrungsmittel so gut wie alle Nährstoffe enthalten, die der Mensch benötigt. Bis auf einen.

Vitamin B12 kommt fast ausschließlich in tierischen Lebensmitteln vor: in Fisch, Fleisch und Milchprodukten. Im Körper spielt es eine wichtige Rolle bei der Zellteilung, der Blutbildung und der Funktion des Nervensystems. Fehlt dem Körper B12, drohen vielfältige neurologische und psychiatrische Symptome - vom Kribbeln in den Fingerspitzen bis zur Demenz. Das Tückische daran: Der Körper kann etwa 10 bis 15 Jahre von seinen B12-Reserven zehren, bevor die ersten Mangelerscheinungen auftreten.

B12 ist damit die Achillesferse einer rein pflanzlichen Ernährungsphilosophie. "Es kursieren zwar Behauptungen über angeblich hohe Vitamin-B12-Gehalte von Sanddornsaft, Algen, Weizenbier, Sauerkraut, fermentierten Sojaprodukten, Wurzelgemüse und anderem. Sie enthalten jedoch überwiegend oder ausschließlich Analoga, also Substanzen, die dem echten Vitamin B12 chemisch ähnlich sind, aber keine Vitaminwirksamkeit haben", sagt Markus Keller, Ernährungswissenschaftler und Leiter des Instituts für alternative und nachhaltige Ernährung (IFANE).

"Bei einer rein veganen Ernährung ist eine adäquate B12-Versorung nicht machbar", meint auch Ernährungswissenschaftlerin Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). "Wer sich für eine rein pflanzliche Kost entscheidet, muss sich gut informieren und ein fundiertes Wissen über Lebensmittel aneignen, eventuell auch eine Ernährungsberatung in Anspruch nehmen", rät Gahl. Nur so ließen sich Nährstoffdefizite vermeiden.

Informieren - aber wie?

Aber sich informieren - das ist gar nicht so einfach. Denn auch viele Ärzte und Ernährungsberater sind völlig unzureichend informiert, sagt Markus Keller. Hier bestehe noch "großer Schulungsbedarf". Und leider finde man auch im Internet zum Thema viel Unsinn - bis hin zu "fahrlässiger Fehlinformation". Auch auf der Seite der Vegi-Lobby? - Nein, sagt Keller. "Alle seriösen Vegetarier-, Vegan- oder Tierrechtsverbände betonen, dass bei veganer Ernährung B12 supplementiert werden muss."

Keller empfiehlt Veganern und Vegetariern, die nur wenig Milchprodukte zu sich nehmen, angereicherte Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel - zum Beispiel B12-Kautabletten - oder spezielle Zahnpflege. Der Vegetarierbund Deutschland (VEBU) entwickelte vor einigen Jahren gemeinsam mit dem Bio-Kosmetikhersteller Sante eine Vitamin-Zahnpasta. Das enthaltene B12 wird beim Putzen über die Mundschleimhaut aufgenommen. Dass das funktioniert, ließ sich der VEBU durch eine wissenschaftliche Studie bescheinigen. Schon vor Beginn der Studie schieden allerdings 37 von 128 Vegetariern und Veganern aus. Der Grund: akuter B12-Mangel.

Bluttests sind unerlässlich

Doch reichen Kautabletten und B12-Zahnpasta, um die Vitamin-Lücke aufzufüllen? Diese Frage kann nur das medizinische Labor beantworten. Keller rät Pflanzenköstlern, einmal jährlich das eigene Blut auf B12 untersuchen zu lassen. Besonders zuverlässig ist die Untersuchung des Holo-Transcobalamin(HTC)-Wertes. HTC zeigt an, wie viel B12 dem Körper tatsächlich zur Verfügung steht. Ist zu wenig HTC im Blut, ist das ein Hinweis auf einen B12-Mangel. Sofern der Arzt ausschließen kann, dass keine Störungen bei der Aufnahme im Körper vorliegen, lässt der sich beheben: etwa mit hochdosierten B12-Tabletten zum Einnehmen. Oder mit Spritzen.

Wer also glaubt, sich als Veganer besonders natürlich zu ernähren, sagt Antje Gahl von der DGE, müsse in puncto B12 einen "gewissen Spagat" in Kauf nehmen. Den meisten Vegetariern und Veganern dürfte es das wert sein. Denn sie wissen, was sie tun. Und warum. Fast 90 Prozent der befragten Vegetarier in der Studie der Unis Göttingen und Hohenheim machten ein Kreuz bei "Mir tun die Tiere in der Landwirtschaft leid".

B12 ist nicht der einzige Nährstoff, auf den Vegetarier und besonders Veganer achten sollten. Aber nur er kommt ausschließlich in tierischen Nahrungsmitteln vor. Informationen zum Thema auf der Seite des

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