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Frankreich Jeanne d’Arc - verteufelte Hexe und gefeierte Heldin

Jeanne d'Arc
Jeanne d’Arc : Die Jungfrau, die Frankreich beschützte, wird gefangen genommen
© mauritius images / The Picture Art Collection / Alamy
Gott habe ihr den Auftrag gegeben, Frankreich und den König zu retten, behauptet die 17-jährige Jeanne d’Arc. Und tatsächlich führt die junge Frau, die auch als Johanna von Orléans oder "die Jungfrau von Orléans" bekannt wird, die Truppen des Monarchen zu einem Sieg gegen die Engländer. Dann aber gerät sie in die Fänge der Inquisition

Dies ist die Geschichte eines Bauernmädchens, das Frankreich rettet und die Würde seines Königs. Und das doch von der Inquisition auf den Scheiterhaufen geschickt wird. Jeanne d’Arc, um 1412 in Lothringen geboren, glaubt mit 13 Jahren, sie höre die Stimme der heiligen Katharina, des Erzengels Michael und der heiligen Margarete. Die himmlischen Gesandten offenbaren ihr einen göttlichen Auftrag: Sie sei auserwählt, Frank­reich zu befreien und König Karl VII. sein Land zurückzugeben.

Große Teile Frankreichs sind damals besetzt. Seit Langem führt das Land Krieg gegen England, dessen Herrscher den französi­schen Thron für sich beanspru­chen. 1428 rücken die Truppen des englischen Königs Heinrich VI. bis zur Loire vor und belagern dort Orléans. Sollte die strategisch günstig gelegene Stadt fallen, wäre eine Niederlage Frankreichs näher gerückt in jenem Krieg, den Histo­riker später den Hundertjährigen nennen werden.

Jeanne d’Arc befreit die Stadt Orléans

Im Februar 1429 berichtet Jeanne einem Kastellan des Königs von ihren Offenbarungen. Nach anfänglichem Zögern unterrichtet dieser den Monarchen und stellt einen Schutztrupp zusammen, mit dem Jeanne in das 470 Kilometer entfernte Chinon reitet, wohin sich Karl VII. zurückgezogen hat. Wochenlang wird Jeanne nun von Kirchenmännern und Juristen zu den Umständen ihrer Visionen befragt, auch ihr Leben muss sie detailliert darlegen, ihre Frömmigkeit beteuern. Am Ende schlussfolgern die Gelehrten, dass sie keine Geisteskranke oder gar Hexe vor sich haben – sondern möglicherweise wirklich eine von Gott Erleuchtete.

Der König beschließt daraufhin, die junge Frau für seine Zwecke einzusetzen. Niemand weiß, ob er Jeanne wirklich glaubt oder sie nur als Instrument sieht, um seine Gefolgsleute zu ermutigen. Im April 1429 bricht die junge Frau mit Soldaten nach Orléans auf; als das Heer die eng­lischen Belagerer angreift, reitet sie in der ersten Reihe.

Und tatsächlich: Nach vier Tagen sind die Engländer geschlagen und weichen zurück, Orléans ist frei. Unter Jeannes Führung gewinnen Karls Truppen in der Folge noch weitere Kämpfe. Als der Monarch am 17. Juli 1429 seine Königsweihe in der Kathedrale von Reims erhält, wie es die französische Tradition gebietet (bis dahin war dem Herrscher die Zeremonie wegen des Kriegsgesche­hens verwehrt geblieben), steht Jeanne in seiner Nähe – sie ist die Symbolfigur des französischen Triumphes.

Die Inquisition verurteilt Jeanne d’Arc zum Tode

Doch bei einem weiteren Gefecht fällt sie 1430 dem Feind in die Hände. Die Engländer wollen sie als Hexe und Ketzerin verurteilen lassen – und so den französischen König als Komplizen einer Häretikerin de­nunzieren. Ein solches Urteil aber kann nur die Inquisition fällen. Anfang 1431 berufen die Be­satzer daher ein Glaubensgericht ein. Den Vorsitz führt der Bischof von Beauvais – ein Franzose zwar, aber entschiedener Gegner Karls VII. und langjähriger Berater der englischen Krone.

Dutzende Theologen und Juristen befragen die Gefangene über Monate. Jeannes Behauptung, im Kontakt mit Heiligen zu stehen, legen sie als Überheblichkeit aus. Am schwers­ten aber wiegt ihre Beteuerung, nur Gott und nicht der Kirche Folge zu leisten; das ist Häresie.

Rehabilitationsprozess für die „Jungfrau von Orléans“

Ihr Urteil: Tod auf dem Scheiterhaufen. Am 30. Mai 1431 wird sie in Rouen verbrannt. In ihren letzten Momenten ruft Jeanne nach Jesus und dem Erzen­gel Michael. Ihre Asche verteilt der Henker auf der Seine – nichts soll von der Ketzerin zurückbleiben. Doch ihr eigentliches Ziel erreichen die Engländer nicht: Sie können den französischen König mit dem Urteil nicht entscheidend schwächen. Nach und nach vermag Karl die Invasoren zurückzudrängen. 1436 nimmt er Paris ein, 1449 erreicht seine Armee die Normandie; 1453 hat er die Engländer schließlich nahezu vertrieben.

1456 erklären neue (und unter dem Einfluss des Kö­nigs bestellte) Glaubensrichter den Schuldspruch gegen Jeanne für ungültig – unter anderem deshalb, weil die Angeklagte minderjährig gewesen sei. Die „Jungfrau von Orléans“ ist rehabilitiert. Und wird als Heldin verehrt. Fast 500 Jahre später, 1920, spricht die katholische Kirche Jeanne heilig. Das Bauernmädchen aus der Provinz gilt nun mehr denn je als Schutzpatronin Frankreichs.

GEO EPOCHE Nr. 89 - Die Inquisition

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