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Astrobiologie Den Außerirdischen auf der Spur: So sucht die Wissenschaft nach Leben im All

Außerirdisches Leben: Der Exoplanet Kepler 186f
Er ist nur unwesentlich größer als die Erde und umkreist seine Sonne in einer Entfernung, die das Vorkommen flüssigen Wassers ermöglicht: der Exoplanet Kepler-186f (hier eine künstlerische Darstellung). Die Heimat außerirdischen Lebens?
© NASA/Ames/SETI Institute/JPL-Caltech
Gibt es außerirdisches Leben? Spätestens seit der Entdeckung des ersten Exoplaneten 1995 suchen Forschende fieberhaft danach. Mittlerweile haben sie Tausende weitere Planeten in fernen Sonnensystemen entdeckt und durchleuchten deren Atmosphären

Für das Unfassbare, das Keneth Arnold am Nachmittag des 24. Juni 1947 beobachtete, gibt es außer ihm keine Zeugen. Der 32-jährige Hobbypilot saß allein im Cockpit seiner roten CallAir Model A, als "eine Kette von eigenartig aussehenden Flugzeugen", so wird Arnold später berichten, durch die Luft sauste. Rund und flach seien die Flieger gewesen, und ihr Durchmesser habe etwa 16 Meter betragen. 

"Fliegenden Untertassen!", fabulierte die Chicago Sun und wenig später behaupteten auch andernorts Menschen, ähnliche Objekte am Himmel gesichtet zu haben. Die US-Armee gründete einen eigenen Forschungsstab. "Unidentified flying objects" nannte dieser die rätselhaften Sichtungen: "Ufos".  

Die vermeintlichen außerirdischen Raumschiffe waren ein Motiv, das die westliche Popkultur dankbar aufnahm: Alieninvasionen flimmerten über Kinoleinwände, E.T. wurde unter Tränen von einer "fliegenden Untertasse" nach Hause geholt. Alles zum Leidwesen jener seriösen Forscherinnen und Forscher, die mit wissenschaftlichen Methoden nach außerirdischem Leben suchten.

Dabei wächst ihr Forschungszweig bis heute. Große Teleskope und moderne Technik ermöglichen es, weit entfernte Planeten unter die Lupe zu nehmen, deren Gestalt man bis vor kurzem nur erahnen konnte. Manche Forschende glauben gar: Ein stichhaltiger Beweis für die Existenz außerirdischen Lebens steht kurz bevor. 

Im kopernikanischen Weltbild avanciert außerirdisches Leben zu einem realistischen Szenario 

Die Frage, ob wir allein im Universum sind, war lange eine philosophische. Aristoteles etwa bejahte sie entschieden, sah doch seine Naturphilosophie die Erde als das einzig bewohnte Zentrum der einzigen Welt – eine Vorstellung, die bis weit ins zweite Jahrtausend unserer Zeitrechnung vorherrschte. Zum ersten Mal prominent widersprach Nikolaus von Kues. Der Gelehrte spekulierte Mitte des 15. Jahrhunderts über mögliche Bewohner von Sonne und Mond. "In ähnlicher Weise", schrieb er, "vermuten wir auch von den Regionen anderer Sterne, dass keine ohne Bewohner ist, und dass fast so viele einzelne welthafte Teile des einen Universums existieren, wie es Sterne gibt, welche ohne Zahl sind." 

Außerirdisches Leben: Drew Barrymore spricht mit E.T.
Bilder, die auch die seriöse Suche nach Leben im All bis heute prägen: E.T. schaut Drew Barrymore tief in die Augen. Während des Drehs, so erzählte es die Schauspielerin Jahre später, war sie von der Echtheit des außerirdischen Besuchers überzeugt 
© Cinema Legacy Collection / mauritius images

Von Kues, Cusanus genannt, blieb mit seinen Mutmaßungen Zeit seines Lebens recht allein. Erst als das kopernikanische Weltbild die Sonne ins Zentrum rückte, erschien außerirdisches Leben realistischer. Der italienische Gelehrte Giordano Bruno postulierte gar die Unendlichkeit des Weltalls und sprach von einer unendlichen Fülle an Lebewesen auf fernen Planeten. Über ihre Existenz und Zahl könne man jedoch von der Erde aus keine gesicherten Erkenntnisse gewinnen, meinte der Astronom und Mathematiker Christiaan Huygens im späten 17. Jahrhundert. Auf Grundlage der wenigen Erkenntnisse, die man damals über Planeten und Sterne besaß, ließen sich höchsten "vernünftige Mutmaßungen" anstellen. 

Fermi-Paradox und Drake-Gleichung: Die Anfänge der Suche nach außerirdischem Leben 

Dies tat 300 Jahre später auch Frank Drake – und machte die philosophische Frage nach außerirdischem Leben zu einer mathematischen. Der US-amerikanische Astrophysiker versuchte anhand einigermaßen bekannter Variablen zu berechnen, wie viele außerirdische Zivilisationen theoretisch auf ihre Entdeckung warten könnten. Seine Formel, die als "Drake-Gleichung" berühmt wurde, berücksichtigt Faktoren wie die mittlere Sternenentstehungsrate pro Jahr und die durchschnittliche Anzahl von Planeten pro Stern innerhalb dessen lebensfreundlicher Zone. Aber auch rein hypothetische Variablen wie den Anteil der Zivilisationen, die ein Interesse an interstellarer Kommunikation hegen, sind Teil der Gleichung.

Das Ergebnis: Allein in der Milchstraße, so errechnete Drake 1961, gebe es möglicherweise über 300 intelligente Zivilisationen. Zwar kamen die meisten von Drakes Nachfolgern, die seine Gleichung modifizierten, zu sehr viel pessimistischeren Ergebnissen. Die Grundaussage jedoch bleibt: Wir können nicht ausschließen, dass es da draußen intelligentes Leben gibt. Mehr noch: Es ist sogar wahrscheinlich. 

Ein gewichtiger Einwand jedoch blieb. "Wo sind sie denn alle?", hatte Enrico Fermi, italienisch-amerikanischer Physiker, bereits 1950 gefragt und formuliert, was fortan als "Fermi-Paradox" bezeichnet wurde. Wenn es tatsächlich viele hochentwickelte Zivilisationen da draußen gibt, warum hat uns noch keine davon kontaktiert? Und warum haben wir noch kein Lebenszeichen von ihnen entdeckt? 

Lauschangriff auf die Weiten des Weltalls: Radioteleskope auf der Suche nach Außerirdischen

In den 1960er-Jahren liefen die ersten großen Forschungsprojekte mit modernen Methoden an. Sie starteten einen Lauschangriff. Sollten außerirdische Zivilisationen existieren, so die Annahme, nutzten deren Mitglieder womöglich ähnliche Kommunikationssysteme wie wir Erdlinge. Radiowellen, so argumentierten die Astrophysiker Giuseppe Cocconi und Philip Morrison in einer Studie im Fachmagazin Nature, wären der wohl geeignetste Träger, um Botschaften durch den interstellaren Raum zu schicken. 

Folglich suchten Forschungsteams fortan nach Signalen, die auf außerirdisches Leben hindeuten könnten. Die US-amerikanische Raumfahrtbehörde NASA finanzierte teure Projekte, auch die Sowjetunion schickte ihre Forschenden auf die Suche. In der Hoffnung, von Außerirdischen erhört zu werden, sandten einzelne Forschungsteams auch Signale in die Weiten des Alls. Die Suche nach extraterrestrischer Intelligenz, kurz SETI (Search for Extraterrestrial Intelligence), war eröffnet. 

Die Entdeckung des Exoplaneten 51 Pegasi b ändert die Methoden der Suche radikal

Ein Erfolg jedoch blieb aus. Weder stießen die Forschenden auf von Außerirdischen ausgesandte Radiowellen, noch meldete sich eine hochentwickelte Alien-Spezies und lud Homo Sapiens zu sich ein. Als jedoch ein Forschungsteam um den Genfer Astronomen Michel Mayor im Oktober 1995 bekannt gab, 51 Pegasi b entdeckt zu haben, schöpften die Suchenden neue Hoffnung. Der Gasriese war der erste Planet außerhalb unseres Sonnensystems, dessen Existenz stichhaltig bewiesen wurde. 

Die Vielfalt, die sich seitdem am Himmel auftut, überraschte selbst Astronominnen und Astronomen. Über 5000 Exoplaneten haben Forschende in den vergangenen knapp 20 Jahren nachgewiesen, beinahe an jedem zweiten Tag kommt ein neuer hinzu. Manche von ihnen rasen in wenigen Tagen um ihren Stern, andere brauchen für einen Umlauf fast eine Million Jahre. Die meisten rotieren schnell um ihre eigene Achse, sodass sich Tag und Nacht auf ihrer Oberfläche abwechseln. Andere wenden ihrem Stern stets dieselbe Seite zu. Auf einigen der Exoplaneten herrschen 4000 Grad Celsius, auf anderen eiskalte –220 Grad. 

Statt weitestgehend blind in die Weiten des Alls zu lauschen, können die Forschenden nun konkrete Planeten in den Blick nehmen und nach Anzeichen für Leben jedweder Art suchen. Um solches Leben direkt nachzuweisen, sind Exoplaneten jedoch zu weit entfernt. Keines der heute existierenden Teleskope wäre in der Lage, die etwaige Planetenbewohner abzubilden, seien es winzige Mikroben oder meterhohe Wesen. 

Die Suche konzentriert sich also auf indirekte Spuren des Lebens. Genauer: Auf Gase in der Atmosphäre eines Exoplaneten, die nur entstehen, wenn auf ihm Lebewesen existieren. 

Biosignaturen: Weltraumteleskope suchen nach indirekten Lebenszeichen auf weit entfernten Exoplaneten

Jede chemische Verbindung schluckt bestimmte Wellenlängen des Lichts, mit dem sie angestrahlt wird. Fangen Forschende also Licht ein, das von einem weit entfernten Stern durch die Atmosphäre eines Exoplaneten wandert, und zerlegen es in seine Wellenlängen, offenbaren sich Lücken in dessen Spektrum. Biosignaturen nennen Astronom*innen diese Marker. Aus ihnen schließen sie, welche Moleküle durch die Atmosphäre des Exoplaneten wabern. Umgekehrt ließen sich so etwa Sauerstoff, Kohlenstoffdioxid, Methan und andere Verbindungen in der Erdatmosphäre nachweisen.

Außerirdisches Leben: James Webb-Teleskop
Das James Webb-Teleskop erschloss den Forschenden auf der Suche nach außerirdischem Leben neue Welten. Auf dieser Aufnahme aus dem Dezember 2017 ist das Herzstück zu sehen: die Spiegel 
© Emmett Given, NASA Marshall

Bleibt die Frage, welche Verbindung die Existenz von Leben auf Exoplaneten beweist. 

Orientierung bietet unsere Erde. Ohne Pflanzen und Plankton gäbe es in ihrer Atmosphäre beispielsweise keinen elementaren Sauerstoff. Einen endgültigen Beweis für außerirdisches Leben liefert er dennoch nicht. So entdeckten Forschende Sauerstoff in der der Gashülle des Jupitermonds Europa. Er entsteht durch anorganische Prozesse, bei denen Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff zerfällt. Eine vermeintliche Biosignatur war vorhanden, Leben hingegen nicht. 

Ein anderer, heißer Kandidat ist Chlorophyll. Auf der Erde wandeln Pflanzen die Energie der Sonne mit Hilfe des grünen Farbstoffs in Biomoleküle um. Stürbe alles Leben auf der Erde, gäbe es bald darauf auch kein Chlorophyll mehr. Denkbar wäre jedoch, dass Pflanzen auf weit entfernten Planeten nicht etwa Chlorophyll produzieren, sondern uns unbekannte Prozesse nutzen, um Energie zu speichern.

Das offenbart ein grundlegendes Problem der SETI: Weil wir nur das Leben kennen, das sich auf unserem Planeten entwickelt hat, sind andere Formen schwer vorstellbar. Könnte die Evolution auf einem Hunderte Millionen Kilometer entfernten Planeten nicht vollkommen anders abgelaufen sein als auf der Erde? 

Große Forschungsteams erstellen deshalb Datenbanken mit möglichen Kandidaten für Biosignaturen. Eine Liste des Massachusetts Institute of Technology etwa besteht aus 14.000 gasförmigen Verbindungen. Die Zahl der Möglichkeiten scheint gigantisch. Um die Suche dennoch eingrenzen zu können, nehmen Forschende hauptsächlich jene Planeten in den Blick, die in der "habitablen Zone" um ihre Sterne kreisen: jenem Bereich, in dem ähnliche Bedingungen herrschen wie auf der Erde. Eine Voraussetzung ist in der Regel, dass flüssiges Wasser existieren könnte. Dazu darf die Oberfläche des Planeten weder zu heiß noch zu kalt sein.

Technosignaturen: Auf den Spuren einer fremden, technologisch fortgeschrittenen Zivilisation

Ein anderer Forschungszweig der SETI konzentriert sich auf die Suche nach intelligentem Leben im All. Die Forschenden suchen nach Technosignaturen: Spuren in der Atmosphäre von Exoplaneten, die auf eine Industrie im weitesten Sinne hinweisen. "Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) etwa hinterlassen einen ziemlich eindeutigen Abdruck im Lichtspektrum", sagt etwa der Astrobiologe Adam Frank, der mögliche Technosignaturen für die US-Weltraumbehörde Nasa identifiziert. Licht, das von großen Solarpanelen reflektiert wird, die etwaige Zivilisationen zur Energiegewinnung nutzen, wäre ein weiteres Beispiel. Oder Stickstoffdioxid. "Die Forschung zu solchen Technosignaturen steht gerade etwa dort, wo jene zu Biosignaturen vor rund 20 Jahren stand", sagt Frank. "Wir sind dabei, eine große Bibliothek zu erstellen, die alle nur erdenklichen Hinweise auf intelligentes Leben im All versammelt."

Entscheidend für die Suche nach außerirdischem Leben sind jedoch nicht nur geeignete Marker, sondern auch die Qualität der Teleskope, mit denen man sie ausfindig macht. Vor allem die Größe des Spiegels, der Licht einfängt, ist hier entscheidend. So ist der 6,5 Meter breite Spiegel des James-Webb-Teleskops, das seit einigen Jahren im Weltraum schwebt, bereits ein bedeutender Fortschritt gegenüber seinen Vorgängern. Große Hoffnung setzen die Forschenden außerdem auf das Extremely Large Telescope, das die Europäische Südsternwarte derzeit in der chilenischen Atacamawüste aufbaut. Der Spiegeldurchmesser des Teleskops beträgt 40 Meter, eine spezielle Exoplanetenkamera soll entscheidende Hinweise auf Biosignaturen liefern. Die Inbetriebnahme des Teleskops ist für 2027 geplant. 

Einen Beweis für die Existenz von Leben im All bleibt die Wissenschaft bis heute schuldig. Die Chancen, ihn zu entdecken, stehen jedoch besser denn je. Nie hatten die Forschenden eine geeignetere Auswahl an Biosignaturen zur Hand, nie wussten sie von der Existenz so vieler Planeten. Nie waren die technischen Möglichkeiten so groß.

Außerirdisches Leben: Extremely Large Telescope Chile
Der Hauptspiegel des Extremely Large Telescopes wird aus 798 sechseckigen Spiegelelementen zusammengesetzt 
© ESO

Welche Form außerirdisches Leben angenommen hat – wenn es denn existiert –, lässt sich kaum voraussagen. Dass es in fliegenden Untertassen um die Erde kreist, ist beinahe ausgeschlossen. Zwar ließen sich viele der vermeintlichen UFO-Sichtungen nie restlos erklären. Auch für die Aussagen von Keneth Arnold, dem Hobbypiloten, der neun fliegende Untertassen gesehen habe möchte, gibt es nur theoretische Erklärungen. So soll ein Geschwader neuartiger Düsenflugzeuge der U.S. Air Force zur fraglichen Zeit in der Luft gewesen sein. Auch ein Vogelschwarm oder eine optische Täuschung kommen in Frage, genauso wie eine blühende Fantasie. 

Dennoch gilt, was Carl Sagan, einer der großen Pioniere der SETI-Forschung, bereits Ende der 1970er-Jahre formulierte: Außergewöhnliche Behauptungen verlangen außergewöhnlich stichhaltige Beweise. Die Existenz außerirdischen Lebens, sei es in Form von Mikroben auf fernen Planeten oder als Marsianer in fliegenden Untertassen, fällt definitiv in diese Kategorie. 

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