Seit jeher haftet Gefühlen etwas zutiefst Unheimliches an. In Sekundenschnelle können sie aus den Tiefen des Hirns emporwallen, unser Bewusstsein überrumpeln, gleichsam kopflos unser Handeln bestimmen – losgelöst von klarer Logik und kühlem Verstand. Derart unberechenbar, dass wir uns kaum dagegen wehren können.
Selbst wer sich intensiv bemüht, seine inneren Regungen zu unterdrücken, kann nicht verhindern, dass ihn manche Emotion blind und ahnungslos übermannt. Dass ihn Freude ergreift, Wut packt, Neid befällt oder Trauer erdrückt. Dass er gewissermaßen sich selbst ausgeliefert ist: seinem brennenden Zorn, seiner rasenden Eifersucht, seiner ungestümen Gier.
Keineswegs zufällig erklärte der griechische Philosoph Platon vor über 2300 Jahren, Emotionen seien wilde Bestien, die dem menschlichen Körper zu entkommen suchen. Andere Denker der Antike brachten den zügellosen Charakter der Gefühle dadurch zum Ausdruck, dass sie im Griechischen von pathos und im Lateinischen von passio sprachen, also von dem, worunter Menschen leiden.
Umso widersinniger erschien es da, als Mitte der 1990er Jahre der US-Psychologe und Wissenschaftsjournalist Daniel Goleman behauptete, dass sich ausgerechnet dort, in jenen unberechenbaren Gefühlswelten, eine Form des Verstandes verbirgt, die etliche Intelligenzforscher offenbar jahrzehntelang übersehen hatten. Goleman nannte sie "Emotionale Intelligenz".