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Endlich verstehen Was ist Zeit? Die große Frage verständlich beantwortet

Was ist Zeit? Für Forschende vor allem eins: ein Rätsel. Bis heute diskutieren Fachleute etwa, ob Zeit ein steter Fluss ist oder zusammengesetzt aus winzigen Zeitkörnchen
Was ist Zeit? Für Forschende vor allem eins: ein Rätsel. Bis heute diskutieren Fachleute etwa, ob Zeit ein steter Fluss ist oder zusammengesetzt aus winzigen Zeitkörnchen
© Gary Waters / Ikon Images
Sie ist uns so vertraut, dass wir uns kaum Gedanken machen über ihr Wesen – doch: Was ist Zeit? Forschende haben Erstaunliches herausgefunden über den Lauf von Sekunden: Die Zeit lässt sich stauchen und dehnen – und an jedem Punkt des Universums ticken die Uhren anders

Wir empfinden sie als Selbstverständlichkeit. Als eine alltägliche Macht, die unser Leben begleitet und lenkt – ob wir es wollen oder nicht. Als eine uns stets umgebende Kraft, die wir spüren, obwohl wir kein eigenes Sinnesorgan dafür haben: Die Zeit, sie ist uns so vertraut, dass wir uns selten Gedanken über ihre Natur machen. Doch für Forschende ist sie vor allem eins: ein Rätsel. Seit Generationen versuchen Gelehrte, ihrem Wesen auf den Grund zu kommen. Antworten zu finden auf die einfache und doch ans Fundament der ganzen Welt reichende Frage: Was ist Zeit? 

Philosophen wie Aristoteles und Kant, Physiker wie Einstein und Heisenberg beschäftigten sich mit dem Phänomen Zeit, ihrem Ursprung, ihrem Wirken, ihrem Vergehen. So kennt die Zeit offenbar nur eine Richtung, ist unumkehrbar, beschreibt, wie sich die Gegenwart von der Vergangenheit kommend in Richtung Zukunft bewegt. 

Auch der britische Physiker, Astronom und Mathematiker Isaac Newton dachte über diesen Fluss der Stunden und Tage nach: Von ihm stammt eine Definition, die unserem menschlichen Empfinden wohl am nächsten kommt. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts postulierte Newton, die Zeit verrinne im gesamten All auf genau die gleiche Weise, stets mit demselben Tempo, gewissermaßen nach einem kosmischen Metronom. Absolut, unveränderlich. Nach Newtons Theorie würde eine Sekunde an einem Ende des Universums ebenso schnell verstreichen wie am anderen Ende, auf der Erde mit exakt der gleichen Geschwindigkeit wie auf einem Milliarden Lichtjahre entfernten Stern. 

Albert Einstein brachte das Konzept einer universellen Zeit zu Fall

Mehr als zwei Jahrhunderte lang fußte das Gebäude der klassischen Physik auf Newtons Konzept. Doch offenbar lag der große Gelehrte falsch. Anfang des 20. Jahrhunderts entwarf ein mindestens ebenso genialer Physiker revolutionäre Theorien und brachte mit ihnen die Vorstellung einer ehernen Zeit zu Fall: Albert Einstein. Der 1879 geborene Wissenschaftler erkannte, dass die eine kosmische Uhr, die den Takt des Alls vorgeben soll, gar nicht existiert. 

Im Gegenteil: Überall ticken andere Uhren, jede hat ihr eigenes Tempo. Ja, an jedem Punkt im Universum vergeht die Zeit auf eigene Weise. Die Zeit, sie ist nicht absolut, sondern relativ. Auch wenn sich dieses Phänomen unserer Alltagserfahrung entzieht, sich unser Gefühl geradezu gegen die Vorstellung sträubt: Einsteins Erkenntnisse sind vielfach experimentell nachgewiesen.

Doch was beeinflusst den Lauf der Zeit und mithin ihre Geschwindigkeit? Es sind zum einen die Bewegung, zum anderen die Gravitation.

Wie schnell eine Uhr geht, lässt sich nach Einsteins Spezieller Relativitätstheorie aus dem Jahr 1905 erst bestimmen, wenn wir sie mit einer anderen Uhr vergleichen. Beobachten wir beispielsweise eine Uhr, die sich – aus unserer Sicht – bewegt, vergeht die dortige Zeit langsamer als auf einer Uhr, die wir bei uns tragen, die also für uns mehr oder weniger ruht. Je schneller ein Objekt – aus Sicht des Beobachters – unterwegs ist, desto langsamer vergeht die dortige Zeit. Man spricht in dem Zusammenhang auch von Zeitdilatation (von lateinisch dilatare = dehnen).

Dass Zeit unterschiedlich verläuft, muss bei GPS-Systemen berücksichtigt werden

Dass sich der kuriose Effekt für uns nicht bemerkbar macht, liegt daran, dass die Abweichungen zwischen zwei Uhren auf der Erde zu gering sind. Und doch hat das Phänomen gravierende Auswirkungen: So vergeht die Zeit in einem GPS-Satelliten, der um unseren Globus flitzt, einen Hauch langsamer als auf der Erdoberfläche. Der Unterschied beträgt wenige Mikrosekunden pro Tag. Eine klitzekleine Differenz, und doch groß genug, dass die Ortsangaben von GPS-Systemen kilometerweit daneben lägen, würde nicht Einsteins Formelwerk in die Navigationsberechnung einfließen.

Bei gewaltigen Geschwindigkeiten wird die Zeitdilatation immer greifbarer, verlangsamt sich der Fluss der Zeit zunehmend. Und bei der Maximalgeschwindigkeit, die überhaupt möglich ist im Universum (der Lichtgeschwindigkeit), würde die Zeit – aus Sicht eines außenstehenden Betrachters – sogar stillstehen: Reiste also jemand mit Lichtgeschwindigkeit durchs All, würde er (von außen betrachtet) nicht altern.

Doch nicht allein die relative Bewegung verändert den Lauf der Zeit. In seiner Allgemeinen Relativitätstheorie, die Albert Einstein 1915 veröffentlichte, geht der Physiker noch einen großen Schritt weiter. Demnach verändern auch Massen den Takt der Uhren. Je größer eine Masse und damit die Gravitation, desto langsamer verrinnt die Zeit. Auf dem Mount Everest, der höchsten Erhebung auf der Erde, ticken zum Beispiel die Uhren schneller als tief unten auf dem Grund des Mariannengrabens, der dem Erdmittelpunkt und damit dem Massezentrum unseres Planeten näher ist. Oder: Auf dem Mond vergeht die Zeit rascher als auf der Sonne, die ungleich gewichtiger daherkommt. 

Raum und Zeit sind zu einem vierdimensionalen Gebilde verwoben: der Raumzeit

Hinter Einsteins revolutionärer Idee steckt die Erkenntnis, dass Raum und Zeit keineswegs getrennt voneinander sind (so wie wir sie erleben), sondern aufs Engste miteinander verwoben. Und zwar zu einem vierdimensionalen Gebilde, der Raumzeit. Auch diese verblüffende Eigenschaft entzieht sich – wie so Vieles, wenn es um das Wesen der Zeit geht – unserer Vorstellungskraft. Sprengt die Grenzen des menschlichen Geistes. Und doch zweifelt heute kaum jemand an Einsteins Theorie. Schließlich konnte die Wirkung von Massen auf den Takt von Uhren, die Verzahnung von Raum und Zeit ebenfalls zahlreich nachgewiesen werden. 

Was ist Zeit Gravitation hat eine Auswirkung
Die Raumzeit kann man sich wie ein Tuch vorstellen, das den Weltraum durchzieht: Große Massen – etwa Sonnen oder Planeten – zerbeulen das vierdimensionale Gefüge so, dass in ihrer Nähe die Zeit langsamer verläuft   
© Rainer Harf

Die Zeit: Sie lässt sich quetschen und ziehen, sie verhält sich an jedem Punkt im Universum auf eigene Weise, verrinnt für jeden und jede von uns in eigenem Tempo. In unserem Kopf tröpfeln die Sekunden anders als in unseren Fingern. Ja, in jedem Buchstaben dieses Textes herrscht eine andere Zeit. Und: Gleichzeitigkeit ist eine Illusion, es gibt sie nicht in dieser Welt. 

Ist vielleicht sogar eine andere Eigenschaft, die wir der Zeit zumessen, ein Trugbild dieser wesenlosen Größe? Fließt die Zeit gar nicht kontinuierlich, ohne Unterbrechung? Bestehen unsere Stunden womöglich aus kleinen Zeitbröckchen, die aneinandergereiht bloß den Eindruck eines geschmeidigen Flusses hervorrufen?

Was ist Zeit? Fließt sie ununterbrochen oder rieselt sie wie Sand? 

Die Idee winziger Zeitatome hatte bereits der griechische Philosoph Demokrit rund 400 Jahre vor Christus. Und tatsächlich vermuten auch heute noch einige Forschende, dass die Zeit eher rieselt als fließt, dass also nicht bloß die Materie aus kleinsten Partikeln, aus Elementarteilchen, zusammenfügt ist. Noch haben sie keinen Nachweis für diese Zeitquanten erbringen können. 

Zumindest gibt das Formelwerk der Wissenschaft ein kleinstes Zeitintervall vor, in dem die Gesetze der Physik gerade noch gelten. Diese „Planck Zeit“ ist unfassbar kurz. Und zwar rund 5 * 10-44 Sekunden. Das sind fünf Hundertsel eines Trilliardstel eines Trilliardstel einer Sekunde. Ein Nichts, ungreifbar. Aber vielleicht eben jenes Körnchen an Dauer, aus dem der Sand der Zeit besteht. Bislang bleibt dies reine Spekulation.

Wahrscheinlich aber markiert die Planck Zeit jene Grenze, hinter die Forschende nicht schauen können, wenn sie weit in die Vergangenheit, bis an den Anfang der Welt, zurückblicken. Vor 13,8 Milliarden Jahren gebar sich das Universum in einem spektakulären Akt gewissermaßen selbst und dehnt sich seither aus. Erst durch das All konnten  Raum und Zeit aufgespannt werden. Und so wurden damals – mit dem Urknall und womöglich nach dem winzigen Schnipsel der Planck Zeit – auch die Sekunden geboren.

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