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Tierverhalten Weshalb Hunde an unserem Atem riechen – und was sie daraus lesen

Mann und Hund riechen aneinander
Für Hunde ist der menschliche Atem eine reiche Quelle an Informationen
© Radule Perisic / Getty Images
So manchem Hundehalter und mancher Hundehalterin ist es sicherlich schon passiert: Man gähnt herzhaft oder atmet tief aus – und hat plötzlich eine schnüffelnde Hundenase vor dem Gesicht, die interessiert am Atem schnuppert. Bleibt die Frage: Warum tun die Vierbeiner das?

Hund und Mensch sind ein eingespieltes Team. Sie gehen häufig tiefe Bindungen ein, kommunizieren miteinander und sind dazu in der Lage, die Mimik und Gestik des anderen in weiten Teilen zu verstehen. Doch Hunde sind nicht nur treue Begleiter. Sie sind auch wahre Meister darin, anhand von Gerüchen viel über ihr Gegenüber in Erfahrung zu bringen.

Während wir Menschen vor allem optische Kriterien berücksichtigen, um jemand anderen einzuschätzen, nutzen Hunde primär ihre Nase. Der Geruchssinn von Hunden gilt als herausragend. Das liegt unter anderem an einer hohen Zahl an Riechzellen in der Nasenschleimhaut, der besonderen Art des Schnüffelns und der Verarbeitung des Geruchs im Gehirn. Hunde verlassen sich deshalb auch im Zusammenleben mit uns Menschen ganz auf ihr hochsensibles Sinnesorgan.

Hunde nehmen chemische Veränderungen über den Körpergeruch wahr

Kommt ein Hund dem Gesicht seines Lieblingsmenschen ganz nahe und schnüffelt gezielt am Atem, so erhält er viel mehr als nur einen olfaktorischen Eindruck von dessen letzter Mahlzeit. Hunde besitzen die erstaunliche Fähigkeit, chemische Veränderungen im Körpergeruch von Menschen wahrzunehmen und so auf den Gemütsstand von Herrchen oder Frauchen zu schließen, Gesundheitsprobleme zu erkennen oder sogar hormonelle Veränderungen zu bemerken.

Schnüffelt ein Hund am Atem von Herrchen oder Frauchen, versucht er also, mehr über seinen Lieblingsmenschen herauszufinden. Das Verhalten ist vergleichbar mit einem "Wie geht es dir heute?". Der Geruchssinn ist für den Vierbeiner ein wichtiger Teil der sozialen Interaktion. Er hilft ihm, die Welt um sich herum zu verstehen und sich in ihr zurechtzufinden.

Hunde können Stress und Angst riechen

Viele Jahre ging man davon aus, dass Hunde Stimmungsschwankungen beim Menschen vor allem durch dessen Verhalten, den Klang der Stimme und die Körpersprache wahrnehmen. Doch verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen konnten in den letzten Jahren immer wieder belegen, wie klug die Vierbeiner ihr erstaunliches Geruchstalent auch dazu nutzen, um den Menschen zu lesen.

So fand beispielsweise ein britisches Forschungsteam im Jahr 2022 heraus, dass Hunde anhand von Atem und Schweiß erschnüffeln können, ob ein Mensch gestresst ist oder nicht. In mehreren Versuchsrunden wiesen die Forschenden nach, dass trainierte Hunde mit einer Trefferquote von fast 94 Prozent den Geruch eines gestressten Menschen von dem des gleichen Menschen in ungestresstem Zustand unterscheiden können.

In einer anderen Studie mit insgesamt 40 Labradoren und Golden Retrievern wiesen Forschende aus Italien nach, dass Hunde Angst beim Menschen erschnüffeln können. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Neapel Federico II stellten mithilfe von Schweißproben fest, dass die Vierbeiner besonders stark auf den Geruch des Angstschweißes reagierten, indem sie beim Erschnuppern Anzeichen von Stress zeigten sowie eine höhere Herzfrequenz hatten.

Biologinnen und Zoologinnen der schwedischen Universität Linköping gingen mit ihrer Forschung sogar noch einen Schritt weiter: Sie konnten im Rahmen einer Studie nachweisen, dass Hunde nicht nur die Gefühle ihres Lieblingsmenschen erkennen, sondern sich sogar von ihnen anstecken lassen. Die Forscherinnen hatten über einen längeren Zeitraum Haar- und Fellproben von Menschen und ihren Hunden gesammelt und untersucht und fanden heraus, dass wenn die Haare der menschlichen Probanden einen hohen Cortisolwert aufwiesen, sich kurz darauf auch im Fell der Hunde ein hoher Cortisolwert zeigte. Cortisol ist ein Hormon, das auch unter dem Beinamen "Stresshormon" bekannt ist.

Vor diesem Hintergrund mag es gar nicht mehr so seltsam erscheinen, wenn Hunde mit der Schnauze ganz nah an unser Gesicht rücken, die Augen schließen und scheinbar konzentriert unseren Atem schnüffelnd in sich aufnehmen. Denn für sie ist das mehr als nur ein unscheinbarer Duft. Unser Atem ist für die Vierbeiner eine reiche Quelle an Informationen – und lässt sie Dinge über unsere Gemütslage herausfinden, die wir selbst vielleicht noch gar nicht bemerkt haben. 

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