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Psychische Probleme Mitfühlende Vierbeiner: Wie der eigene Stress den Hund krank macht

Border Collie schaut traurig
Eine Studie zeigt: Hunde lassen sich von der Unruhe ihrer Bezugsperson anstecken
© Elayne - Adobe Stock
Hunde sind nicht nur wahre Meister darin, menschliche Emotionen zu lesen, sie lassen sich sogar von ihnen anstecken. Das kann ihnen zum Verhängnis werden, wie eine Studie aus Schweden zeigt

Zwischen Hunden und ihren Bezugspersonen können ganz besondere Beziehungen entstehen. Sie verstehen sich blind und sind dazu in der Lage, selbst kleinste Gefühlsregungen des anderen zu bemerken und zu deuten. Dieses enge Band ist das Ergebnis eines langen Prozesses der Evolution, der vermutlich vor mehr als 40.000 Jahren begann – zu einer Zeit, als der Homo sapiens noch jagte und sammelte und Höhlenbilder an Felsen malte.

Uns Menschen steckt die Gemütslage unserer Vierbeiner regelrecht an. Wer nach einem anstrengenden Tag zuhause vom eigenen Hund freudig begrüßt wird, wird bestätigen, dass auch der düsterste Tag mit einem warmen Gefühl und einem Lächeln auf den Lippen enden kann. Umgekehrt leiden wir ebenso stark mit, wenn unser Vierbeiner krank ist und Schmerzen hat.

Hunde lassen sich von menschlichen Gefühlen anstecken

Viele Hundehalterinnen und Hundehalter sind davon überzeugt, dass ihre Vierbeiner ebenso gut – wenn nicht sogar noch besser – darin sind, die Emotionen von Herrchen und Frauchen zu lesen und zu interpretieren. Dabei spielt die emotionale Bindung in der Mensch-Hund-Beziehung eine äußerst wichtige Rolle.

Eine Studie der schwedischen Universität Linköping geht sogar noch einen Schritt weiter: Wie fünf Biologinnen und Zoologinnen im Journal "Scientific Reports" berichten, können Hunde nicht nur die Gefühle ihres Lieblingsmenschen erkennen – die Vierbeiner lassen sich sogar von ihnen anstecken.

Im Rahmen ihrer Studie luden die fünf Forscherinnen 58 Hundebesitzer und deren Hunde, darunter Border Collies und Shelties, ein. Die Probanden füllten Fragebögen aus, in denen sie Fragen zu ihren eigenen Persönlichkeitsmerkmalen und der psychischen Gesundheit sowie den Persönlichkeiten ihrer Vierbeiner beantworteten.

Zweimal innerhalb eines Jahres entnahmen die Wissenschaftlerinnen im Anschluss den Teilnehmenden Haar- und Fellproben – im Sommer und im Winter. An diesen Proben analysierten die Wissenschaftlerinnen das Cortisol-Level im Körper von Hund und Mensch. Cortisol ist ein Hormon, das in Verbindung mit Stress steht. Daher ist es auch unter dem Beinamen "Stresshormon" bekannt.

Haare eignen sich für diese Art der Analyse besonders gut, da Haare langsam wachsen und dabei Cortisol aus dem Blut aufnehmen. Eine Untersuchung der Haare ermöglicht es, Hormonveränderungen – und damit auch den Stress-Level – im Nachhinein und über einen längeren Zeitraum nachzuvollziehen.

Cortisol-Werte bei Mensch und Hund hängen zusammen

Das Forschungsteam um die Zoologin Linda Roth untersuchte eine Reihe von Variablen, darunter ein sich wandelnder Lebensstil oder saisonale Unterschiede im Aktivitätslevel. Ergebnis: Das einzige Merkmal, das direkt mit dem Nervositätsgrad der Hunde im Zusammenhang stand, war die Nervosität der Besitzer. Kurz gesagt: Wenn die Haare der menschlichen Probanden einen hohen Cortisol-Wert aufwiesen, so zeigte sich kurz darauf auch im Fell der Hunde ein hoher Cortisol-Wert.

Interessanterweise zeigte sich diese Parallele nur in einer Richtung. Das schwedische Forschungsteam fand nirgends einen Hinweis darauf, dass nervöse Hunde umgekehrt auch bei ihren Besitzern zu mehr Nervosität führten. Die Vermutung der Wissenschaftlerinnen: Hunde reagieren wesentlich sensibler auf kleinste Veränderungen wie den Körpergeruch ihrer Besitzer und registrieren bereits kleinste Verhaltensauffälligkeiten wie ein schnelleres Schritttempo oder Nägelkauen. Diese feine Beobachtungsgabe besitzt der Mensch in der Regel nicht.

Gestresste Menschen beeinflussen somit möglicherweise unbewusst das Verhalten ihrer Vierbeiner. Das dürfte insbesondere bei der Therapie von Verhaltensproblemen eine interessante Theorie sein.

Das Phänomen zusammenhänger Cortisol-Werte wurde auch schon bei Müttern und ihren Kindern beobachtet, bisher aber noch nie bei zwei unterschiedlichen Spezies. Die Ergebnisse der Studie aus Schweden untermauern die These, dass Hunde die Gefühle von Menschen erkennen, darauf entsprechend reagieren und sogar mitfühlen können.

Verschiedene Studien und Experimente haben in der Vergangenheit bereits ähnliche Auffälligkeiten gezeigt. So konnte ein portugiesisches Forschungsteam schon im Jahr 2012 nachweisen, dass menschliches Gähnen auf Hunde ansteckend wirkt und der Cortisol-Spiegel der Vierbeiner steigt, wenn sie das Weinen eines Babys hören – derselbe Vorgang wird auch bei uns Menschen ausgelöst. Und wenn Hunde und ihre Besitzer miteinander interagieren – oder sich einfach nur in die Augen blicken – führt das bei beiden zur Ausschüttung von Oxytocin, dem sogenannten Kuschelhormon.

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