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Altes Ägypten Wie rochen Mumien? Forschende rekonstruieren den Duft der Ewigkeit

Sandfarbenes Gefäß mit einem als Kopf ausgeformten Deckel
Die alten Ägypter betteten die mumifizierten Eingeweide ihrer Toten in sogenannte Kanopenkrüge. Dieser Behälter aus Sandstein barg die sterbliche Überreste der hoch angesehenen Adeligen Senetnay, die vor rund 3500 Jahren starb
© Foto: Christian Tepper (Museumsfotograf), Museum August Kestner, Hannover
Wie roch es im alten Ägypten? Ein Forscherteam des Max-Planck-Instituts Jena hat rekonstruiert, welche Duftstoffe zum Einsatz kamen, wenn hochrangige Persönlichkeiten mumifiziert wurden. Parfümeure haben den Geruch fürs Museum nachgebaut 

Verstorbene sollten im alten Ägypten nicht nur möglichst unversehrt ihren Weg in die Ewigkeit antreten – sie sollten dabei auch betörend riechen. Und je höher die gesellschaftliche Stellung der Verstorbenen war, desto mehr Aufwand wurde betrieben, um die Mumifizierten gut duftend auf die Reise zu schicken. Das zeigt eine Untersuchung eines Forschungsteams des Max-Planck-Instituts (MPI) für Geoanthropologie in Jena unter der Leitung von Barbara Huber, die im Fachblatt "Scientific Reports" veröffentlicht wurde. Das Team hat nicht nur die Balsamierungssubstanzen einer hochrangigen, vor rund 3500 Jahren verstorbenen Ägypterin analysiert – sondern auch ein Parfüm entwickelt, das deren Duft nachempfunden ist.

Senetnay hieß die Adelige, die um das Jahr 1450 v.Chr. verstarb und im Tal der Könige bestattet wurde; als Amme des Kronprinzen, des künftigen Herrschers Amenophis II., zählte sie zum inneren Zirkel des Hofstaates. Wie damals üblich, entnahmen Fachkundige der Toten einige innere Organe, etwa Leber und Lunge, und betteten sie in spezielle Gefäße, sogenannte Kanopenkrüge. Vorher jedoch wurden sie sorgfältig mit ausgewählten, wohlriechenden Substanzen einbalsamiert.

Der britische Archäologe Howard Carter stieß 1900 im Tal der Könige auf das Grab KV42 mit den Kanopenkrügen der Senetnay – die nun Hinweise auf die Frage liefern: Wie roch der Duft für das Jenseits?

Das MPI-Forschungsteam entnahm den Gefäßen, die heute im Hannoveraner Museum August Kestner aufbewahrt werden, mehrere Proben. In Chromatographie-Massenspektrometrie-Verfahren untersuchten sie die Balsamrückstände auf deren Inhaltsstoffe. Huber und ihr Team konnten so verschiedene Substanzen nachweisen: etwa Bienenwachs, Pflanzenöl, Fette, Erdharz, Harz aus Kieferngewächsen (vermutlich Lärchen) und womöglich Dammar, ein Harz von Laubbäumen aus Südostasien.

"Mit unseren Methoden konnten wir auch entscheidende Erkenntnisse über die Inhaltsstoffe des Balsams gewinnen, zu denen es in den zeitgenössischen altägyptischen Textquellen nur begrenzte Informationen gibt", sagt Huber.

Aus weiter Ferne geliefert

Die Analyse liefert darüber hinaus Hinweise darüber, wie weit gespannt die Handelsbeziehungen der alten Ägypter im 2. Jahrtausend vor Christus womöglich waren. "Die Inhaltsstoffe des Balsams machen deutlich, dass die alten Ägypter schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt Materialien auch außerhalb ihres Gebiets bezogen haben”, sagt Prof. Nicole Boivin, leitende Wissenschaftlerin des Projekts.

Sollte sich bestätigen, dass die Proben tatsächlich Dammarharz enthalten, würde dies bedeuten, dass die Ägypter bereits ein Jahrtausend früher als bisher angenommen Handelsrouten nach Südostasien kannten.

Wie aber roch die Mischung für die Ewigkeit nun? In Zusammenarbeit mit der französischen Parfümeurin Carole Calvez und der sensorischen Museologin Sofia Collette Ehrich hat das MPI-Team den Duft nachgebaut. Der "Scent of Eternity" (Duft der Ewigkeit) wird demnächst im Moesgaard Museum in Højbjerg (Dänemark) vorgestellt. Das Dufterlebnis soll Besucher mit einem Atemzug auf eine Zeitreise schicken – 3500 Jahre in die Vergangenheit.

KiB / mt Material der DPA

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