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Historische Highlights Diese sieben deutschen Stätten sind auf dem Weg zum Unesco-Welterbe

Ein von einer Dampflok gezogener Zug  überquert die Müngstener Brücke
Die Müngstener Bogenbrücke aus dem Jahr 1897 erstreckt sich elegant über das Tal der Wupper. Bis heute ist sie die höchste Eisenbahnbrücke Deutschlands
© Bernd Thissen / dpa / picture alliance
Der Aachener Dom gehört bereits dazu, ebenso die Wartburg und die Speicherstadt in Hamburg: Deutschland verfügt über 52 nationale und zehn grenzübergreifende Unesco-Welterbestätten – und es könnten weitere hinzukommen. Hier sehen Sie die sieben neuen Kandidaten

Welche Natur- und Kulturstätten sind von außergewöhnlichem universellen Wert für die Weltgemeinschaft, welche zählen zum "unersetzlichen Menschheitserbe"? Aktuell zählen fast 1200 Stätten in 168 Ländern zum Unesco-Welterbe. Über Neuzugänge urteilt regelmäßig das Welterbekomitee; Grundlage dafür sind Vorschlagslisten der Mitgliedsstaaten. 

Deutschland schickt nun sieben neue, einzigartige Orte, Bauwerke und historische Stätten ins Rennen: Fundorte von 300.000 Jahren alten Speeren gehören ebenso dazu wie der Fernsehturm in Stuttgart und das Olympiastadion in München. Anfang 2024 wird die Vorschlagsliste bei der Unesco eingereicht. Allerdings: Danach ist Geduld gefragt. Die Entscheidung des Welterbekomitees wird erst im Jahr 2033 erwartet.

Nordrhein-Westfalen: die Müngstener Brücke

Gestützt von einem 180 Meter weiten Bogen quert die Müngstener Brücke die Wupper zwischen Solingen und Remscheid in luftigen 107 Metern Höhe – und ist damit die höchste Eisenbahnbrücke Deutschlands
Gestützt von einem 180 Meter weiten Bogen quert die Müngstener Brücke die Wupper zwischen Solingen und Remscheid in luftigen 107 Metern Höhe – und ist damit die höchste Eisenbahnbrücke Deutschlands
© Zoonar / picture alliance

Die 1897 fertiggestellte Müngstener Brücke zwischen Solingen und Remscheid besticht durch ihre Größe, Gestaltung und ihre Lage. Die 465 Meter lange Stahlkonstruktion erstreckt sich über einen tiefen Taleinschnitt, 107 Meter über der Wupper – und ist damit die höchste stählerne Eisenbahnbrücke Deutschlands. Das beherrschende Konstruktionselement: der 180 Meter weite Bogen über dem Fluss. Gemeinsam mit der Müngsterer Brücke sind noch fünf weitere Großbogenbrücken des 19. Jahrhunderts in Italien, Frankreich und Portugal nominiert: Zusammen stehen sie für die technische Entwicklung und die Bedeutung dieses Brückentyps.

Berlin: die Waldsiedlung Zehlendorf

Reihenhäuser der Waldsiedlung Zehlendorf
Die bunten Reihenhäuser der Waldsiedlung Zehlendorf im Südwesten Berlins, erbaut zwischen 1926 und 1931, wurden in den vergangenen Jahren denkmalgerecht wiederhergestellt
© Caro / picture alliance

Viele Berliner kennen sie als "Papageiensiedlung": die farbenfrohen Häuser rund um den im Südwesten gelegenen U-Bahnhof Onkel Toms Hütte, die zwischen 1926 und 1932 im Bauhausstil entstanden. Insgesamt wurden damals rund 1100 Mehrfamilienhäuser mit drei Geschossen sowie zwei Typen von Einfamilienhäusern gebaut – und vom Architekten Bruno Taut mit einem bestimmten Farbmuster versehen: Die Ostfassaden sind in Gelb- und Grüntönen gehalten, jene in Richtung Westen in braun oder bordeauxfarben. Geplant war die Siedlung als Genossenschaftsprojekt, in dem Menschen aus unterschiedlichen sozialen Schichten zusammenleben konnten. Seit 1995 steht die Waldsiedlung Zehlendorf unter Denkmalschutz.

Sachsen-Anhalt: das Pretziener Wehr

Lauftaufnahme des Pretziener Wehrs im schneereichen Winter
Wenn durch die Schneeschmelze das Wasser in den Flüssen steigt, schützt das Pretziener Wehr die Städte Magdeburg und Schönebeck sowie umliegende Gemeinden vor den Gefahren eines Elbehochwassers
© dpa-Zentralbild / dpa / picture alliance

Als das Petziener Wehr an der Elbe nahe Magdeburg im Jahr 1875 eingeweiht wurde, war es das größte Schützenwehr Europas (umgebaut 1881). Ausgerüstet mit 324 je 100 Kilogramm schweren Schützentafeln, verteilt auf einem über 160 Meter langen und 7,50 Meter breiten Wehrsockel, hatte das Bauwerk vor allem zwei Aufgaben: Bei Niedrigwasser blieb es geschlossen und diente so dazu, den Wasserstand der Elbe für den Schiffsverkehr zu erhöhen; bei Elbehochwasser wurde das Wehr geöffnet, damit das Wasser in den Elbe-Umflutkanal abfließen konnte und so die Gegend um Magdeburg vor Überflutung geschützt wurde. Bis heute leistet das Pretziener Wehr einen wichtigen Beitrag zur Regulierung des Elbe-Wasserstands.

Bayern: der Olympiapark in München

Blick vom Olympiaturm auf das darunter liegende Gelände mit dem Olympiastadion und dem Olympiapark mit Olympiasee
1972 Austragungsort der XX. Olympischen Sommerspiele, heute Welterbe-Anwärter: der Blick vom Olympiaturm auf das Stadion und den Park mit Olympiasee
© HeK / mauritius images

2022 feierte das berühmte Sportgelände seinen 50. Geburtstag: Der Münchner Olympiapark wurde zwischen 1967 und 1972 für die Austragung der XX. Olympischen Sommerspiele errichtet – größtenteils auf einem Trümmerberg aus dem Zweiten Weltkrieg. Im Zentrum des 290 Hektar großen Areals mit seiner Parklandschaft stehen die Hauptsportstätten und das „schwebende“ Olympiadach. Letztes wiederum war eine Reminiszenz an die Dachkonstruktion des Deutschen Pavillons bei der Weltausstellung von 1867 in Montreal. Wichtig waren den Erbauern aber nicht nur die olympischen Höhepunkte, sondern auch die effektive und langfristige Nachnutzung des Sportgeländes und dessen Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Seit 1998 steht der Olympiapark auf der bayerischen Denkmalliste.

Niedersachsen: die Fundstätte der Schöninger Speere 

Luftaufnahme Ausgrabungsstätte Schöningen
Die Ausgrabungsstätte in Schöningen im Landkreis Helmstedt (Niedersachsen) ist wie ein Fenster in die Frühzeit der Menschheitsgeschichte: Vor rund 300.000 Jahren gingen hier Jäger mit Holzspeeren auf Beutesuche
© dpa / picture alliance

Entdeckt wurden die einzigartigen Artefakte bei Notgrabungen: Der Archäologe Dr. Hartmut Thieme von Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege untersuchte über Jahre im Vorfeld des Schöninger Braunkohleabbaus das Gelände im Landkreis Helmstedt – und stieß dort in den 1990er Jahren unter anderem auf sieben vollständig erhaltene Holzspeere aus der Altsteinzeit, nahezu perfekt unter Sauerstoffabschluss konserviert. Die Schöninger Speere sind rund 300.000 Jahre alt und damit die ältesten bekannten Jagdwaffen der Menschheit. Sie liefern einzigartige Informationen über die Lebensweise von Homo heidelbergensis, über die Evolution der Jagd, die Nuztung von Holzwerkzeugen. Ausgestellt werden sie im eigens erbauten "Forschungsmuseum Schöningen".

Baden-Württemberg: der Fernsehturm in Stuttgart

Luftaufnahme: Stuttgarter Fernsehturm mit Stadtpanoramo im Hintergrund
Auf dem Gipfel des Hohen Bopsers, einer Erhebung in der baden-württembergischen Landeshauptstadt, erhebt sich der Stuttgarter Fernseh- und Aussichtsturm 
© imageBROKER / picture alliance

Der schwäbische Volksmund nennt ihn auch "Betonnadel": Der Stuttgarter Fernsehturm könnte bald auch als Unesco-Welterbe hervorragenden Eindruck machen. Der von dem Stuttgarter Brückenbauer und Statiker Fritz Leonhardt entworfene Turm aus Stahlbeton misst 217 Meter; fertiggestellt wurde er 1965 – und gilt heute nicht nur als Stuttgarter Landmarke, sondern auch als Symbol für den Pioniergeist seiner Zeit und diente als Prototyp für Fernsehtürme in aller Welt. Heute ist er einer der wenigen Fernsehtürme in Deutschland, der offen für Besucher ist. Die zweigeschossige Aussichtsplattform in 150 Meter Höhe bietet einen einzigartigen Blick über Stadt und Land.

Hessen und Baden-Württemberg: Glauberg und Heuneburg als keltische Machtzentren

Luftaufnahme des Keltenmuseum Heuneburg
Eine der berühmtesten Fundstellen aus keltischer Zeit in Mitteleuropa: Die Heuneburg war im 6. Jahrhundert vor Christus eine strategisch günstig gelegene Höhensiedlung am Oberlauf der Donau (hier Blick zum Keltenmuseum Heuneburg bei Herbertingen, Baden-Württemberg)
© Günther Bayerl / Image Professionals

Gemeinsam mit Mont Lassois in Burgund (Frankreich) stehen  auch die Stätten Glauberg und Heuneburg auf der Vorschlagliste: Alle drei Orte gelten als herausragende Beispiele für frühkeltische Machtzentren in Mittel- und Westeuropa nordwestlich der Alpen. Im 7. bis 4. Jahrhundert entstanden hier erste stadtartige Zentren als imposante Zeugnisse der frühkeltischen Zivilisation. Gleichzeitig lässt sich anhand dieser "Fürstensitze" nachvollziehen, wie sich einstmals der Austausch von Techniken, Waren und Ideen über weite Teile Europas gestaltete. Glauberg, Heuneburg und Mont Lassois bezeugen, wie sich vor Tausenden Jahren Macht und Reichtum privilegierter Gruppen an bestimmten Orten manifestierten und die Geschichte prägten.

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