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Datingphänomen "Mosting": Wenn auf überschwängliche Zuneigung plötzlich Funkstille folgt

Herz unter Eis
Oft wirkt es gefühlskalt, wenn man zunächst mit Liebe überschüttet und dann aber aus dem Nichts der Kontakt abgebrochen wird. Dieses Phänomen trägt den Namen "Mosting"
© Александр Маликов / Adobe Stock
Wer zunächst mit Komplimenten überschüttet wird und dann plötzlich nichts mehr vom anderen hört, könnte Opfer von Mosting sein. Was es mit dem Datingphänomen auf sich hat

Zunächst scheint alles perfekt: das Gegenüber überschüttet uns mit Komplimenten, gibt uns das Gefühl, etwas Besonderes zu sein und womöglich gar auf eine Beziehung zuzusteuern, doch dann ist plötzlich Schluss. Aus dem Nichts. Und die Person meldet sich nicht mehr. Für dieses Verhalten gibt es mittlerweile einen Begriff: Mosting.

Er stammt von der kanadischen Journalistin Tracy Moore und wurde 2018 erstmals im "Mel Magazine" verwendet. Es handelt sich um eine Wortkombination aus "most" (am meisten) und "ghosting" (Kontaktabbruch ohne Ankündigung). Letzteres dürfte Menschen, die viel und regelmäßig daten, bekannt sein. Das neuartige Dating-Verhaltensmuster läuft demnach in zwei Phasen ab: 

Phase 1: Love-Bombing

Zunächst vermittelt das Gegenüber, auf Wolke sieben zu schweben. Er oder sie überhäuft die gedatete Person mit Komplimenten, suggeriert ihr, die ganz große Liebe gefunden zu haben. Dieses Phänomen ist als Love-Bombing bekannt. Ziel ist es nicht nur, anderen zu schmeicheln und sie gegebenenfalls sogar zum Sex zu verleiten, sondern auch einfach so zu tun, als sei man verliebt, obwohl das nicht der Wahrheit entspricht.  

Phase 2: Ghosting

Danach folgt das Ghosting. Nun wird unangekündigt der Kontakt abgebrochen – ohne Erklärung oder persönliches Gespräch. Auch auf Nachrichten reagiert das Gegenüber nicht mehr. Es herrscht Funkstille. 

Was sind die Gründe für Mosting?

Es gibt bislang noch keine wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu Mosting, mögliche Gründe dafür lassen sich aber aus Erfahrungen mit Love-Bombing und Ghosting ableiten. Laut der AOK verfolgen Love-Bomber unterschiedliche Ziele. Das können Geld, Besitztümer, Sex oder auch ein Status sein. Sie versuchen, Menschen in eine intensive Beziehung hineinzuziehen, wobei es ihnen vor allem um Kontrolle und Macht geht. 

Welche Gründe es für Ghosting geben kann, haben Forscherinnen der Erasmus University Rotterdam in einer Studie mit 328 Dating-App-Nutzenden herausgefunden. Sie befragten Menschen, die auch schon mal selbst jemanden geghostet hatten. Hauptgrund dafür war mit 67 Prozent, der oder die andere sei schuld gewesen. Heißt: langweilig, unfreundlich, übergriffig oder habe einfach nicht gefallen. Der zweithäufigste Grund mit 44 Prozent war: "Ich selbst war schuld". Die Befragten gaben an, sie hätten sich schützen wollen oder Angst vor der Reaktion des anderen gehabt. Ghosting erschien dann als einfacher Weg, der Situation zu entkommen. Weitere Gründe waren "Die App verleitet zu mehr Bequemlichkeit", man könne im Chat einfach nicht mehr antworten oder die App löschen, und "Es gibt keine Verpflichtung zur Kommunikation". Ghosting gehöre somit zum Mobile-Dating einfach dazu. Zu guter Letzt gaben einige Befragte an, sie hätten "aus Rücksicht auf's Gegenüber" Ghosting betrieben, in der Absicht, niemanden zu verletzen. 

Laut AOK sind Menschen, die Ghosting praktizieren, oft unsicher und haben ein mangelndes (Selbst-)Vertrauen. Sie können zudem von Bindungsangst oder der Angst vor potenzieller Abwertung betroffen sein.

Wie können Betroffene mit Mosting umgehen?

Wer zunächst mit Liebe überschüttet und dann geghostet wird, versteht oft die Welt nicht mehr. Wie passen die lieben Worte mit einer plötzlichen Funkstille zusammen? Opfer von Mosting bleiben oft verletzt, traurig und enttäuscht zurück. Sie bekommen keine Antwort auf ihre Fragen, keine Erklärung für den plötzlichen Sinneswandel ihres Gegenübers. Genau das kann schwierig sein.

Dann kann es helfen, den oder die andere noch einmal zu kontaktieren und nach Beweggründen zu fragen. Mit "zweiten Chancen" sollten Betroffene aber vorsichtig sein. Und eine Antwort ist trotz Nachfragen nicht garantiert. Wer weiterhin geghostet wird, sollte versuchen, damit abzuschließen. Dazu ist es notwendig, die andere Person loszulassen und sich klarzumachen, dass das Scheitern der Beziehung auch eine gute Seite hat. Es kann sinnvoll sein, aufzuschreiben, was man sich von einem Partner oder einer Partnerin wünscht oder wie man behandelt werden möchte. Auch das soziale Umfeld kann auffangen, mit der Familie oder mit Freund*innen lässt sich die Beziehung oder Dating-Erfahrung besprechen und verarbeiten.

Wie kann man sich gegen Mosting schützen?

Wer verhindern möchte, dass er oder sie Opfer von Mosting wird, kann folgende Tipps beherzigen: 

  • Entschleunigung: Geben Sie sich gegenseitig Zeit, sich richtig kennenzulernen. Wozu etwas überstürzen? Lernen Sie sich in Ruhe kennen. 
  • Kommunikation: Eine offene und ehrliche Kommunikation kann der entscheidende Unterschied sein, um anderen klarzumachen, dass es Ihnen gerade zu schnell geht. Kommunizieren Sie klar Ihre Grenzen, Wünsche und Bedürfnisse.
  • Das Bauchgefühl: Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl, oft zeigt es Ihnen, ob Ihnen jemand guttut oder nicht.
  • Hilfe holen: Wer sich überfordert oder manipuliert fühlt, kann auch professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, um seine Gefühle und Gedanken zu ordnen. Manchmal reicht aber auch schon ein Anruf bei der Telefonseelsorge, um Sorgen und Ängste zu besprechen. 

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