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Entscheidungen Schulz von Thun: So lässt sich Klarheit bei inneren Konflikten gewinnen

Frau schaut mit gefalteten Händen aus dem Fenster
Wie soll ich mich nur entscheiden? Mithilfe des "Inneren Teams" kann es leichter fallen, gegensätzliche Wünsche zu identifizieren und abzuwägen
© Justin Case / Getty Images
Wie zerrissen fühlen wir uns, wenn sich im Inneren zu viele widerstreitende Stimmen Gehör verschaffen. Eine erprobte Methode kann helfen, aus der Vielstimmigkeit einen harmonischen Gleichklang zu formen – und so zu klugen Entscheidungen zu kommen

Halte ich an einer Beziehung fest, oder löse ich sie auf? Ziehe ich eine WG, oder bleibe ich bei den Eltern wohnen? Lege ich mein Geld auf die Seite, oder gönne ich mir eine Fernreise? Unterstütze ich Arbeitskollegen, oder gebe ich eigenen Projekten den Vorrang? Bei etlichen kleinen und großen Entscheidungen ringen wir nicht selten mit widerstreitenden Gefühlen und Überzeugungen. 

Mitunter fühlt es sich an, als würde ein ganzer Chor verschiedener Stimmen in uns laut: Die eine fordert uns auf, endlich mutig und konsequent zu sein; die andere mahnt zu Vorsicht und Besonnenheit; wieder eine andere mag all das kritisieren, was am Vortag noch stimmig schien. Ein solcher Zustand kann lähmen, zu Untätigkeit führen. 

Und nicht zuletzt zur Belastung werden: Denn wer in sich zerrissen ist, verfällt häufig in Grübeleien, kommt schlechter zur Ruhe und gerät womöglich leichter in Streit mit anderen Menschen. Wird ein innerer Konflikt zum Dauerballast, kann er auch zu schwerwiegenden psychischen Problemen führen, zu Panikattacken oder Depressionen. 

Perfektionismus kann eine Falle sein

Vielen Menschen fallen Entscheidungen nicht zuletzt deshalb so schwer, weil sie den Anspruch haben, perfekte Entscheidungen zu treffen, in allen Lebensbereichen. Ein Missverständnis, wie erfahrene Therapeutinnen und Lebenskunstphilosophen betonen. Ihnen zufolge gibt es allenfalls kluge und weniger kluge Entscheidungen. Solche, die Lebendigkeit, Freiheit und inneren Frieden vermehren. Und solche, die das Gegenteil erzielen.

Ein Weg, um seinen Kompass für kluge Entscheidungen zu schärfen, um aus der Vielstimmigkeit der inneren Stimmen einen harmonischen Gleichklang zu formen, ist die Arbeit mit dem "Inneren Team". Diese von dem Psychologen Friedemann Schulz von Thun entwickelte Methode wird häufig in Beratungen, Therapien und Coachings eingesetzt. Die Idee dabei: Man übt sich darin, den inneren Stimmen einen Namen zu geben, sie gewissermaßen als Rollen in einem Ensemble zu definieren und miteinander ins Gespräch zu bringen.

Stellvertretend für die Stimmen eines Konflikts werden Teammitglieder benannt, die gegensätzlichen Haltungen, Werte und Argumente repräsentieren. Die Grundhaltung dabei sollte dabei nach Schulz von Thun sein: "Heiße alle willkommen. Auch und gerade die, die vielleicht deinem Ich-Ideal widersprechen. Gehe davon aus, dass in ihrem Votum eine gute Absicht oder zumindest ein Körnchen Wahrheit steckt."

Von der Vielfalt der Perspektiven profitieren

Es geht also darum, allen Stimmen den gleichen Wert beizumessen. Denn wie in der Außenwelt können wir auch in der Innenwelt von der Vielfalt der Perspektiven profitieren. In der Praxis funktioniert das zum Beispiel so: Ein Mensch ist immer wieder hin- und hergerissen, ob er Bettlern etwas geben oder einem Bekannten einen größeren Geldbetrag leihen soll. In diesem Fall kann er zum Beispiel die inneren Stimmen des "Hartherzigen", des "Mitleidigen", des "Eiligen" oder des "Schuldbewussten" identifizieren. Es kann hilfreich sein, sich die Figuren bildlich vorzustellen, sie vielleicht sogar räumlich zu platzieren, zum Beispiel auf verschiedenen Stühlen.

Dann werden die einzelnen Personen befragt: Was würde der eine wörtlich sagen? Welche Ziele verfolgt der andere, welche Bedürfnisse hat er? Ist er mir sympathisch – oder werte ich ihn ab? Schließlich kann man die Figuren vor dem inneren Auge miteinander ins Gespräch bringen, sozusagen eine "Ratskonferenz" abhalten.

Klarheit dank Transparenz

Diese Art der konkreten Personifizierung mag auf den ersten Blick etwas spielerisch wirken: Sie hilft jedoch, Klarheit zu gewinnen – zu durchdringen, was zuvor als diffuse, bedrohliche Kakophonie erschien. Denn wer die Stimmen einmal gehört hat, kann leichter entscheiden, welche er in der konkreten Situation den Vorrang geben will, welche vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt den Ausschlag für eine Entscheidung geben soll.

So lästig und quälend die inneren Widersacher zuweilen auch sein mögen: "Innere Pluralität", betont Schulz von Thun, ist letztlich sogar wünschenswert. Denn sobald sich aus den zerstrittenen Stimmen ein Inneres Team formt, können Kräfte freiwerden, die mehr Weisheit in sich tragen als eine einzelne Stimme allein.

Das Schulz von Thun Institut bietet vielfältige Seminare an, um Modelle wie das Innere Team näher kennenzulernen. 

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