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Vom Aussterben bedroht Künstliche Befruchtung und Leihmutterschaft: Wie Forscher versuchen, das Nördliche Breitmaulnashorn zu retten

Embryo eines südlichen Breitmaulnashorns liegt auf einem Tisch
Einem internationalen Forschungsteam ist es gelungen, einen durch künstliche Befruchtung erzeugten Nashorn-Embryo in einer Leihmutter wachsen zu lassen
© Jon A. Juarez/Conservation and Research Fund e.V./dpa
Bei Haustieren ist der Embryotransfer schon lange möglich. Bei Nashörnern aber ist die Technik Forscherinnen und Forschern jüngst zum ersten Mal geglückt. Für das bedrohte Nördliche Breitmaulnashorn könnte das die Rettung sein

Mit nur noch zwei lebenden Tieren ist das Nördliche Breitmaulnashorn so gut wie ausgestorben - nun hat ein Forschungsteam ein wichtiges Etappenziel auf dem Weg zur Rettung erreicht. Den internationalen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gelang es, einen durch künstliche Befruchtung erzeugten Nashorn-Embryo zumindest eine Zeit lang in einer Leihmutter wachsen zu lassen, wie sie am Mittwoch in Berlin erläuterten. Zwar handelte es sich bei dem Embryo um ein vergleichsweise häufig vorkommendes Südliches Breitmaulnashorn, doch mit der Methode sollen später auch Exemplare der Nördlichen Unterart erzeugt werden.

Das Nördliche Breitmaulnashorn gilt als das seltenste Großsäugetier der Welt. Insgesamt gibt es - auch aufgrund von Wilderei - nur noch zwei Exemplare: zwei unfruchtbare Weibchen, 23 und 33 Jahre alt, die in Kenia leben. Das könnte das Aus der Unterart sein, die Lebenserwartung liegt zwischen 40 und 45 Jahren. Doch Fachleute haben Spermien von männlichen Exemplaren aufbewahrt und damit Eizellen des jüngeren Weibchens befruchtet. Die daraus entstandenen Embryos sollen später von einer Leihmutter der Südlichen Unterart ausgetragen werden.

Der Embryonentransfer auf die Leihmutter sei weltweit der erste erfolgreiche bei den Dickhäutern, erklärten Teilnehmer des Wissenschaftsprogramms BioRescue bei der Vorstellung der Ergebnisse. Das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) leitet das Forschungsprojekt. "Zusammen haben wir etwas erreicht, was wir nie für möglich gehalten haben", sagte Veterinärmediziner und Projektleiter Thomas Hildebrandt. Nun sei man dem Traum, eine gesunde und genetisch stabile Population an Nördlichen Breitmaulnashörnern zu erzeugen, ein gutes Stück näher gekommen. Es habe viele Jahre gedauert, um einen Erfolg zu erzielen.

Die Forschenden nennen den Embryotransfer einen "wissenschaftlichen Durchbruch" und sehen in der Technik Potenzial zum Erhalt weiterer bedrohter Arten.

Schwangerschaft dauert 16 Monate

Der Embryo wurde in einem italienischen Reproduktionslabor durch künstliche Befruchtung hergestellt und im September vergangenen Jahres in Kenia in die Leihmutter eingesetzt - die Schwangerschaft glückte. Allerdings starb die schwangere Nashornkuh an einer Infektion - und mit ihr der 70 Tage alte Fötus. "Es war noch sehr weit von der Geburt entfernt, deswegen hätte man es nicht retten können", sagte Susanne Holtze vom Leibniz-IZW. Die Schwangerschaft dauere 16 Monate.

Embryo-Modell liegt auf einem Tisch
Ein Modell des Embryos eines südlichen Breitmaulnashorns liegt während einer Pressekonferenz der Forschenden auf einem Tisch
© Zápotocký Aleš/CTK/dpa

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler testen ihr Vorgehen zunächst an der Südlichen Unterart, um die wertvollen Embryonen der Nördlichen Unterart für spätere Versuche aufzuheben. In einem nächsten Schritt wollen die Forscher die Methode aber dann auf die bedrohte Art übertragen. Den aktuellen Plänen zufolge soll der erste Versuch bereits im Mai oder Juni dieses Jahres starten, sagte Hildebrandt. Dafür wurden seit 2019 bereits 30 Embryonen des Nördlichen Breitmaulnashorns erzeugt und eingefroren.

Bis zu einer erfolgreichen Geburt können aber noch Jahre vergehen. Bei Erfolg sollen die Jungtiere den Plänen nach zu den zwei verbliebenen Nashornkühen Najin und Fatu im kenianischen Reservat Ol Pejeta kommen. Die Tiere werden dort Tag und Nacht bewacht und gepflegt. "Die Haltung der letzten beiden Nördlichen Breitmaulnashörner ist eine riesige Verantwortung", sagte der Leiter für Forschung und Artenschutz, Samuel Mutisya. Die Beteiligten täten alles in ihrer Macht stehende, um das Verschwinden der Tiere zu verhindern.

dpa

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