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Medizin Lebensretter aus der Luft: In Schweden fliegen Drohnen zu Notfallpatienten

Der Quadcopter der Firma Everdrone
Bringt Hilfe zu Menschen, die sie dringend brauchen: ein Quadcopter mit Defibrillator
© Everdrone
Bleibt ein Herz stehen, brauchen Betroffene schnelle Hilfe. Bis ein Krankenwagen vor Ort ist, können jedoch wertvolle Minuten verstreichen. In Schweden werden lebensrettende Defibrillatoren deshalb per Drohne zu Notfallpatienten gebracht

Es geschah beim Schneeschippen an der Auffahrt seines Hauses in der Stadt Trollhättan. Einem 71 Jahre alten Mann wurde plötzlich schwarz vor Augen, später konnte er sich an nichts erinnern. Herzstillstand.

Doch zu seinem Glück waren zufällig Passanten in der Nähe. Und Hilfe kam sofort – in Form einer Drohne.

Zufällig ereignete sich der Vorfall in einem Bezirk im Westen Schwedens, in dem das Stockholmer Karlingska-Institut, eine der renommiertesten Hochschulen des Landes, gerade einen großangelegten Freiluftversuch durchgeführt hat. Für eine wissenschaftliche Studie testeten die Medizinerinnen und Mediziner den Einsatz spezieller Notfalldrohnen für Herzpatienten. Der Hersteller Everdrone hatte dazu Quadcopter mit Defibrillatoren bereitgestellt, die aus der Luft abgeworfen werden können.

Die medizinische Versorgung bei einem Herzstillstand ist ein Wettlauf mit der Zeit 

Wenn es in der Gegend zu einem Notfall mit Herzproblemen kam, schickten die Medizinerinnen und Mediziner zeitgleich mit dem Krankenwagen auch eine Drohne los. Selbstständig, allerdings von einem Menschen überwacht, sucht sie ihren Weg zum Einsatzort und klinkt dort das stoßgedämpfte Päckchen aus, das vor dem Start an ihren Unterboden geschnallt wurde: Aus wenigen Metern Höhe fällt der Defibrillator zu Boden. 

Die Studie sollte ermitteln, ob sich durch den Einsatz von Drohnen im Vergleich zum Krankenwagen Zeit sparen lässt. Darauf nämlich kommt es beim Herzstillstand besonders an. Je früher ein Patient behandelt wird, desto größer sind seine Chancen. Eine Faustregel besagt, dass die Überlebenswahrscheinlichkeit ohne Behandlung alle zehn Minuten um zehn Prozent sinkt. Die medizinische Versorgung ist daher ein Wettlauf mit dem Tod.

Am Ende des viermonatigen Versuchs konnten 55 Einsätze wissenschaftlich ausgewertet werden. Dabei zeigte sich, dass Drohnen bei 37 Notrufen schneller waren als der Krankenwagen – in zwei Drittel aller Fälle also. Der Vorsprung auf den Krankenwagen betrug dabei durchschnittlich 3 Minuten 14 Sekunden. In 18 der ausgewerteten Fälle ging es tatsächlich um Leben und Tod: Sechs Mal gelang es Ersthelfern, den von der Drohne gebrachten Defibrillator gegen den Herzstillstand einzusetzen.

Diese Ergebnisse, veröffentlicht in der Fachzeitschrift "The Lancet Digital Health", könnten am Anfang einer breit angelegten Einführung von Drohnen in der Notfallmedizin stehen. Denn sie zeigen, dass die autonomen Ersthelfer aus der Luft unter realen Bedingungen tatsächlich schnell und zuverlässig Unterstützung bringen können. 

Besonders in schwer zugänglichen Regionen, von denen es nicht nur in Schweden einige gibt, könnten sie künftig regelmäßig zum Einsatz kommen. Im Gebirge, in Wäldern oder auf Inseln dürften sie deutlich schneller vor Ort sein als ein Krankenwagen, dessen Besatzung auf ein ausgebautes Straßennetz angewiesen ist. 

In Schottland und Südtirol könnten Drohnen bald vermisste Wanderer aufspüren

Neben Defibrillatoren sind auch noch andere Hilfsmittel denkbar, die sich per Drohne zu Notfalleinsätzen transportieren lassen, etwa Verbandsmaterial oder Medikamente. In Belgien transportierten Drohnen bereits lebensrettende Blutkonserven. Auch ließen sich leicht Luftbilder vom Unglücksort an die Einsatzzentrale senden, um weitere Rettungsmaßnahmen vorzubereiten.

In Schottland und Südtirol experimentieren Notfallhelfer darüber hinaus mit ferngesteuertem Fluggerät, um im Gebirge vermisste Wanderer aufzuspüren. So wurden nach Informationen des Drohnenherstellers DJI in den USA bereits 1000 Menschen auf unterschiedlichste Art gerettet – meist verirrte oder vermisste Menschen, die Wärmebildkameras aus der Luft aufspüren konnten.
 

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