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Vergleich von 45 Ländern Weltweite Studie: Deutsche Beziehungen sind weniger liebevoll

EIn Paar hält sich an den Händen und lässt fast los
Eine weltweite Studie über Liebe in 45 Ländern ergab: Deutsche sind weniger liebevoll in Beziehungen als Paare in Portugal, Italien oder den USA
© Jennifer van Son/ Imago
Für eine groß angelegte, weltweite Studie über Liebe wurden Menschen in 45 Ländern befragt. Das Ergebnis: In Deutschland sind Beziehungen im Vergleich zu Ländern wie Italien, Portugal und Spanien weniger liebevoll. Das kann auch an den Temperaturen liegen

Um kulturelle Unterschiede bei Liebeserfahrungen zu testen, haben Forschende eine groß angelegte Studie über romantische Beziehungen in 45 Ländern durchgeführt.

Ein internationales Team von fast 100 Wissenschaftler*innen hat dafür 9.474 Personen aus 45 verschiedenen Ländern befragt. Die Studienteilnehmer waren alle über 18 Jahre. Sie mussten in einem Fragebogen angeben, wie liebevoll ihre Beziehungen sind. Dafür sollten sie von einer Skala von 1 (trifft überhaupt nicht zu) bis neun (trifft vollkommen zu) einschätzen, wie sehr unter anderem folgende Aussagen auf die Beziehung zutreffen: "Wenn ich meinen Partner brauche, kann ich auf ihn zählen." "Die Beziehung mit meinem Partner ist romantisch." Oder: "Die Beziehung mit meinem Partner ist leidenschaftlich."

Studie über Liebe in 45 Ländern: Je kälter das Wetter, umso kälter die Beziehung?

Die Wissenschaftler*innen untersuchten für die Studie folgende Faktoren, welche laut der Forschenden die Liebe beeinflussen könnten:

  • Modernisierung (Human Development Index, World Modernization Index): Gesundheitsversorgung, Bildung, Innovation im Land. Können Kulturen mit höherem Modernisierungsindizes eine intensivere Liebe erfahren und emotionaler mit ihren Partnern verbunden sein?
  • Gleichstellung der Frau (Gender Inequality Index)
  • Kollektivismus: Dies ist die Anschauung, dass das Kollektiv bzw. die Gruppe Vorrang gegenüber dem Individuum hat. Bei der Studie wurde untersucht, inwieweit der Kollektivismus, etwa in Indien, die Partnerwahl und die Akzeptanz arrangierter Ehen beeinflusst. Wie steht es hier um die Liebe? Im Individualismus, wie etwa in den USA, wird Liebe hingegen als Grundlage für die Ehe angesehen.
  • Durchschnittstemperatur des Landes: Korreliert eine höhere Durchschnittstemperatur mit wärmeren Gefühlen?

Die Forschenden untersuchten laut ihrer Publikation, die im Wissenschafts-Magazin "Nature" veröffentlicht wurde, "welche kulturellen und umweltbedingten Faktoren am relevantesten für Liebeserfahrungen sein könnten." Unter den 9.474 ausgefüllten Fragebögen nahmen die Wissenschaftler*innen Stichproben, um so Aussagen über die Länder treffen zu können. Sie untersuchten die Komponenten Leidenschaft und Intimität und kontrollierten in den Analysen auch, wie der Sex der Paare erlebt wird.

Männer spüren mehr Leidenschaft, Frauen mehr Intimität

Das Ergebnis: Einwohner modernisierter Länder mit höheren Jahresdurchschnittstemperaturen erfahren im Durchschnitt höhere Werte aller Liebeskomponenten (wie Intimität und Leidenschaft). Teilnehmer in den USA, Italien, Portugal und Ungarn haben laut ihrer Angaben die liebevollsten Beziehungen. Teilnehmer in China, Deutschland, der Türkei und Pakistan berichteten hingegen von weniger liebevollen Beziehungen.

USA, Italien, Portugal, Ungarn und Malaysia erreichten auf einer neunstufigen Liebesskala im Durchschnitt fast 8 Punkte. Ebenfalls ein hohes Liebesniveau, wenn auch etwas weniger, wiesen Länder wie Spanien, Brasilien, Australien und Norwegen auf. Weniger Intimität und Leideschaft gab es im Vergleich dazu unter anderem in Deutschland mit 6,5 und 7,4 Punkten.

Weltkarte, auf denen Ländern mit mehr Liebe rot gekennzeichnet sind
Eine Studie ergab, dass in 45 Ländern die Menschen ihre Liebesbeziehungen als unterschiedlich liebevoll einstufen. Die rot gefärbten Länder auf dieser Weltkarte weisen ein höheres Liebes-Level auf
© P. Sorokowski et al., Scientific Reports (Nature.com), 2023

Darüber hinaus ergab die Analyse, dass Frauen unter Berücksichtigung anderer Faktoren im Modell ein höheres durchschnittliches Maß an Intimität, aber ein geringeres durchschnittliches Maß an Leidenschaft als Männer hatten.

Auch interessant: Je länger die Beziehung, desto geringer das durchschnittliche Maß an erlebter Intimität und Leidenschaft, aber desto höher das durchschnittliche Maß an Verbindlichkeit.

Die Geschlechtergleichstellung bringt ebenfalls mehr Liebe in Beziehungen hervor. Die Annahme der Wissenschaftler*innen: Je besser es in einem Land um die Gleichstellung bestellt ist, desto eher wählen Frauen selbst aus, wen sie heiraten möchten – höchstwahrscheinlich jemandem, den sie lieben.

Generell scheinen Modernisierung und Geschlechtergleichstellung mehr Liebe in Beziehungen hervorzubringen. Wenn die Bürger „mit ausreichender Gesundheitsversorgung, Bildung und Ressourcen versorgt werden, können sie eine intensivere Liebe erfahren und emotionaler mit ihren Partnern verbunden sein“, schreiben die Autoren.

In Indien viel Intimität und Engagement in Beziehungen – Kollektivismus als Grund?

Aber: Die Liebe ließ in den Ländern mit dem höchsten Modernisierungsgrad tendenziell leicht nach. Laut der Forschenden deute dies darauf hin, dass, obwohl die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes intensivere Liebeserfahrungen fördere, das Erreichen eines bestimmten Entwicklungspunkts diese wohltuenden Liebeseffekte umkehren könnte.

Außerdem überraschend: In Ländern, in denen der Kollektivismus verbreitet ist (etwa in Indien), wurde ein höheres Maß an Intimität und Engagement in Beziehungen festgestellt. Der Erklärungsversuch der Wissenschaftler*innen: Kollektivistische Werte fördern eine eher relationale Sicht auf Liebesbeziehungen. "Daher könnten Personen aus kollektivistischeren Ländern altruistischer gegenüber ihren Partnern sein, was natürlich zu engeren und stärkeren Bindungen zwischen den Liebenden führen könnte."

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