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Frankreich Die Jugendstil-Perle Nancy entdecken

Trotz Distel im Wappen: Die Stadt in Lothringen wirkt keineswegs unnahbar, sondern bezaubert Besucher mit Architektur und Kunsthandwerk der École de Nancy. Eine Jugendstil-Promenade
Frankreich: Das Auge isst mit: Die "Brasserie Excelsior" - ein opulentes ausgestattet Gesamtkunstwerk der École de Nancy
Das Auge isst mit: Die "Brasserie Excelsior" - ein opulentes ausgestattet Gesamtkunstwerk der École de Nancy
© Matthieu Colin/hemis.fr/laif

Das Fischgrätparkett changiert in hellen und dunklen Tönen; neben dem polierten Esstisch mit elegant geschwungenen Beinen windet sich ein Kamin aus Keramik mitten im Raum gen Zimmerdecke. Vor mehr als hundert Jahren prasselte Feuer in seinem Schlund und wärmte den Hausherrn Louis Majorelle.

Heute stehe ich im Speisezimmer der Villa Majorelle und lasse mir von der Konservatorin Valérie Thomas zeigen, wie Monsieur einst sein Jugendstil-Heim verschönerte: Pflanzenmotive in Rot- und Grüntönen ranken über den oberen Teil der Fenster zum Garten, die weizengelbe Stofftapete harmoniert mit kurvigen Holztäfelungen und Ernteszenen auf Friesen unter der Decke, die Türklinken biegen sich wie Pflanzenstiele.

Vom Esszimmer bittet Thomas in ein lichtes Treppenhaus, dessen Geländer in die Höhe zu wuchern scheint. Unterm Dach liegt das ehemalige Atelier; durch ein riesiges Bogenfenster fällt Licht. Majorelle ließ die Villa 1902 von einem jungen Pariser Architekten bauen, Fenster und Malereien bestellte er bei Kunsthandwerkern, Holz- und Kunstschmiedearbeiten steuerte er selbst bei.

"Künstler verschiedener Disziplinen arbeiteten für dieses Haus zusammen", sagt Valérie Thomas. Entstanden sei ein Gesamtkunstwerk, typisch für Art Nouveau, den Jugendstil, der hier "École de Nancy" heißt. Führend war der Glaskünstler Émile Gallé. Er und seine Mitstreiter waren auch politisch und sozial engagiert, wie eine Ausstellung im Musée des Beaux-Arts(noch bis Januar 2016) zeigt.

Im reich verzierten Musée de l'École de Nancy lassen sich das komplett erhaltene Jugendstil-Esszimmer des Mäzens Charles Masson und die Glaskunstsammlung des Ateliers Daum sehen: Farbenprächtige Vasen, Flakons und Lampen der Manufaktur schimmern aufs schönste. Aber erst einmal bewundere ich die farbenprächtigen Fresken in der Rue Félix-Faure, passiere die majestätische Kuppel des Schwimmbads und stehe schließlich am ehemaligen Pförtnerhäuschen des Parc de Saurupt. Eine exklusive Gartenstadt sollte das einmal werden, erzählt Stadtführer Vincent Dubois (Kontakt: Tel. 0033-3-83 35 90 07, vincent.dubois@ot-nancy.fr), komplett im Stil des Art Nouveau.

Hundert Villen seien geplant gewesen – aber nur sechs wurden gebaut. Eine davon ist die Glyzinien-Villa, umzäunt von geschmiedeten blauen Ranken. Auch in den Straßen der Innenstadt rät Vincent, die Augen offen zu halten: Hier prangt petrolfarbenes Schmiedeeisen an der Industrie- und Handelskammer in der Rue Henri-Poincaré, dort verbirgt sich ein umwerfend elegantes Glasdach in der Schalterhalle der Bank Crédit Lyonnais in der Rue Saint-Georges (Plan und Infos im Faltblatt "Art Nouveau Wege", www.nancy-tourisme.fr). Durch ein goldverziertes Gittertor betreten wir die Place Stanislas. Streng klassizistische Prachtbauten umrahmen den eleganten Platz, vis-à-vis dem Rathaus liegt der Triumphbogen Arc Héré, flankiert von den üppig dekorierten Neptun- und Amphitrite-Brunnen. Keine Spur von Jugendstil – aber ein Nancy- Besuch ohne die "Place Stan"? Der wäre nicht komplett, sagt Vincent.

Essen & Trinken

Brasserie Excelsior

In großartigem Belle-Époque-Dekor wird das Essen in der Brasserie Excelsior serviert,

Rue Henri Poincaré 50, Tel. 0033-3-83 35 24 57, www.brasserie-excelsior.com

Les Pissenlits

Ruhiger und familiärer geht es im Restaurant "Les Pissenlits" zu; der namengebende Löwenzahn landet hier nicht nur auf dem Teller, sondern rankt auch in Jugendstilmöbelschnitzereien,

Rue des Ponts 27, Tel. 0033-3-83 37 43 97, www.les-pissenlits.com

Markthalle

Kulinarische Mitbringsel finden sich in der Markthalle. Rue Saint-Dizier, das Bier schmeckt abends in den Kneipen der Altstadt nördlich der Place Stanislas.

www.nancy-tourisme.fr

Schlafen

Adagio Außen futuristisch, innen funktional und günstig gelegen ist das Apartmenthotel Adagio,

Av. du Vingtième Corps 31, DZ/F ab ca. 70 €, Tel. 0033-3-83 15 87 80, www.adagio-city.com

La Villa 1901

Etwa 20 Fußminuten vom Zentrum entfernt, aber näher zu den Jugendstilvierteln, bietet die schöne "La Villa 1901" fünf stilvoll eingerichtete Zimmer,

Av. du Général Leclerc 63, DZ/F ab ca. 165 €, Tel. 0033-6-30 03 21 62, lavilla1901

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