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Brandenburg So können Sie die Uckermark aktiv entdecken

Nationalpark Unteres Odertal
Der Nationalpark Unteres Odertal ist Deutschlands einziges Auen-Schutzgebiet
© Michael Tautenhahn
Zu Fuß, per Rad und Kanu geht es durch ein kleines, geschütztes Naturwunder in Brandenburg – zu Auen, Adelssitzen, Dörfchen und kreativen Gastgebern

Inhaltsverzeichnis

Es ist leises Glück, das Besucher in dieser Landschaft empfinden, mit ihren Hügeln und Hunderten Seen. Die Gletscher der letzten Eiszeit haben sie modelliert. Wer die Wälder, Moore und Flussläufe der Uckermark erkunden möchte, zieht am besten Wanderschuhe an, setzt sich aufs Rad, mietet ein Kanu und packt auf jeden Fall die Badehose ein. 1000 Kilometer Rad- und doppelt so viele Wanderwege durchziehen den Landstrich zwischen Oder und Havel in Brandenburg. Dessen unaufgeregte Schönheit kommt ohne Superlative aus, und man hat sie beinah für sich allein, so dünn besiedelt ist das Land. Viele der Herrenhäuser, die auf den Dörfern oft Schloss genannt werden, gehörten einst der Adelsfamilie von Arnim, die bis zur Enteignung 1945 über Jahrhunderte die Geschichte prägte. Heute retten neue Nutzer die denkmalwerte Substanz der Gebäude vor dem Verfall. In Boitzenburg beherbergt das frühere Schloss der Arnims eine Ferienanlage für Kinder, der Marstall ein beliebtes Café mit Chocolaterie. In der neogotischen Kirche von Schloss Kröchlendorff geben sich oft Paare das Jawort. Fachwerk- und Backsteinoptik zeichnen die Kleinstädte Templin und Angermünde aus. In der Stadtmitte von Lychen treffen vier Seen aufeinander. Die Natur ist hier überall präsent: Zwei Drittel der Region stehen unter besonderem Schutz, mit dem Naturpark Uckermärkische Seen im Westen, dem Biosphärenreservat Schorfheide im Süden und dem Nationalpark Unteres Odertal im Osten. Der Buchenwald von Grumsin ist UNESCO-Weltkulturerbe. Zwar steigen die Übernachtungszahlen, doch die Uckermark ist ein Geheimtipp geblieben, der sich nur langsam zur Chillout-Zone entwickelt.

Die Uckermark vom Wasser aus erkunden

»Da überqueren wir den Deich«, sagt Thomas Volpers und nimmt mit dem Kanu Kurs auf das andere Kanalufer. Wir sind unterwegs im Nationalpark Unteres Odertal, einer 50 Kilometer langen, in Deutschland einzigartigen Flussauenlandschaft. Volpers ist Biologe und Ranger. Wassertouristen dürfen den Nationalpark nur mit einem Guide befahren, auf drei Strecken zwischen Juli und November. Schließlich sollen die Vögel – fast 300 Arten wurden gezählt – in Ruhe brüten können. Ortsunkundige würden in dem Auenlabyrinth auch schnell die Orientierung verlieren. Volpers kennt zu fast jedem Lebewesen eine Geschichte, zieht hier eine Pflanze wie die Krebsschere aus dem Wasser, am seichten Grund eine Sumpfdeckelschnecke oder Libellenlarven. Hinter dem Deich rauscht das Schilf. Der grünbraune Teppich aus Schwimmfarn, Wasserlinsen und Seerosen leistet dem Paddel Widerstand. Drei Graureiher stehen auf einer abgestorbenen Weide. Von Minute zu Minute verästelt sich der Fluss in immer kleinere Arme. Meterhoch ragt Röhricht empor. Es geht vorbei an Fischotterbauten und Biberburgen. Auch Seeadler sind hier zu Hause. Wer festen Untergrund vorzieht, schaut sich die Landschaft besser von den Oderdeichen aus an. Sie sind Teil eines Fernradwegenetzes, das bis ins polnische Stettin führt. Legendär sind die Kranich-Tage im Herbst, wenn Tausende Vögel in den Auen rasten.

Zu Fuß durch das Moor

Der Umweltingenieur Alex Martini führt mich einen Kilometer hinter dem Templiner Seehotel am Lübbesee ins Niedermoor. »Hier ziehen wir die Schuhe aus«, sagt er. Der Morast gibt erst fußtief nach, bald sinken wir bis zu den Knien ein. Doch Martini kennt den Weg, der unter Schwarzerlen und Birken verläuft, vorbei an einer Lichtung, an der abgestorbene Birkenstämme in den Himmel wachsen. Wie ein Trampolin schwingt der Boden unter den nackten Füßen. Bis zum festen Grund sind es mehr als zehn Meter, sagt Martini. Er rupft ein Büschel Moos aus, zeigt die Vielfalt der Vegetation, etwa den unscheinbaren Sonnentau. Die fleischfressende Pflanze schnappt mit ihren klebrigen Blättchen nach Insekten. Ein paar Meter weiter ist am plattgedrückten Gras der Ruheplatz eines Rehs zu erkennen. Wildtiere mögen den Moorboden, der sich in der Sonne schnell erwärmt.

Lokal genießen in der Uckermark

Bis vor wenigen Jahren galt die Uckermark als gastronomische Diaspora. Schweineschnitzel und Soljanka waren die Standards der Dorfgasthöfe. Seit mehr Touristen mit gehobenen Ansprüchen kommen, setzen Köche auf regionale Produkte wie Wild, Fisch und Lamm. Rustikal und wegen seiner Burger beliebt ist der Gasthof zum Grünen Baum in Boitzenburg. Hinter der Fassade, die wie eine Ruine wirkt, liegen der restaurierte Pferdestall und der gepflasterte Biergarten, Zimmer für die Nacht gibt es auch (DZ ab 70 €). Zwischen Ober- und Unteruckersee steht derHuberhof in Seehausen, eine beliebte Adresse mit deftiger Regioküche, vielen Antiquitäten und einem Innenhof, den Schwalben umschwirren. Terrasse, Steg und Liegewiese bieten Blick und Zugang zum See (DZ ca. 90 €). Wegen ihrer anspruchsvollen Landküche geschätzt, wenn auch knapp hinter der Kreisgrenze in der Feldberger Seenlandschaft gelegen, sind der Gasthof Tenzo in Triepkendorf (DZ/F ab 100 €) und die Alte Schule des Sternekochs Daniel Schmidthaler in Fürstenhagen. Wer mag, bleibt gleich über Nacht (DZ/F ab 94 €). Ein gastronomischer Geheimtipp ist das Dorf Gerswalde. Berlin-Aussteiger betreiben imGroßen Garten der alten Schlossgärtnerei ein Gesamtkunstwerk aus Galerie, Wohnprojekt, Café und Restaurant und erwecken das verschlafene Dorf zu neuem Leben. Zwei Japanerinnen bereiten im Palmenhaus Currys und Reisbällchen zu. Michael Wickert ist mit seiner Fischräucherei Glut & Späne aus der hippen »Markthalle Neun« in Berlin-Kreuzberg ins Heizhaus umgesiedelt (an Wochenenden von Mai bis Oktober). Äpfel gehören zu den wenigen Exportartikeln der Uckermark. Alte Sorten mit Dellen und Flecken gedeihen am Wegesrand und auf Streuobstwiesen. Florian Profitlich und Edda Müller vom Gutshof Kraatz haben sich den Äpfeln verschrieben. Er keltert sortenreine Weine und Säfte. Sie kümmert sich um Hofladen, Schänke und Pension im denkmalgeschützten Gutshof. Die Weinschänke serviert von Donnerstag bis Sonntag regionale Küche (FeWo ab 80 €). Die »Apfelgräfin« Daisy von Arnim betreibt in Haus Lichtenhain eine Mosterei und vermarktet im Hof laden Apfelgebäck und -gelees. Überhaupt hat sich in der Uckermark ein Netzwerk von Hofläden gebildet. Gut Kerkow in Angermünde etwa, das von Sarah Wiener gemanagt wird, oder Gut Temmen bei Joachimsthal.

Glut & Späne
Berliner-Aussteiger Michael Wickert räuchert seinen Fisch nun in Gerswalde
© Nicole Glur

Übernachtungsmöglichkeiten in der Uckermark

Der Hotelier Friedrich Niemann war früher Chef des »Waldorf Astorias« in Berlin, sein Bruder Konrad war Bankier. 2016 haben sich die beiden in der Kleinstadt Lychen den Traum eines Bed & Breakfasts im Stil eines Boutiquehotels erfüllt. Vier individuell eingerichtete Gästezimmer und zwei Studios hat Mein Lychen. Frühstück gibt’s an dem Tisch, an dem Großmutter Niemann die Wäsche bügelte (DZ ab 85 €). Anspruchsvolle Gäste mit Hang zur Natur dürften sich im Re:hof Rutenberg wohlfühlen. In einem Dorf bei Lychen realisierten Martin Hansen und Marieken Verheyen auf dem Pfarrhof ihre Vision vom einfachen, aber komfortablen Leben und errichteten drei futuristische Holzhäuser mit Panoramablick (Zimmer ab 120 €). Gut Fergitz gehörte der Familie von Arnim. Der Architekt Ferdinand von Hohenzollern kaufte das Anwesen und errichtete vier luxuriöse Ferienwohnungen mit Blick auf den Schilfgürtel des Oberuckersees. Der Graf kombinierte Architektur im Bauhausstil mit historischen Materialien wie Lehmziegeln. Ideal für Bootsund Radtouren. Wer noch mehr Entschleunigung sucht, mietet im Nachbardorf Flieth bei Katrin van Zwoll einen Esel und zieht mit ihm übers Land.

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