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Tuxer Alpen So beeindruckend ist eine Snowboard-Wanderung

Tuxer Alpen
Schweißtreibend kann eine solche Wanderung zwar sein, aber dafür werden die Teilnehmer mit ordentlich Panorama belohnt
© DAV Summit Club
Nach dem Lawinentraining hängte sich unsere Autorin das Brett um und stiefelte los: zu einer geführten Snowboard-Wanderung durch das Wattental in Tirol

»Nur ein alter Bergführer ist ein guter Bergführer, denn er lebt noch«, ist der erste Satz, der bei mir hängen bleibt, obwohl mich noch 1500 Höhenmeter vom eigentlichen Abenteuer trennen. Ein langes Wochenende Tourengehen mit dem Snowboard inklusive Lawinenschulung erwartet mich im stillen Wattental in den Tuxer Alpen in Tirol. Als Franz, genannt Fuzzi, diesen Satz fallen lässt, kennen wir uns zehn Minuten. Seit 1974 ist der hagere Mann mit der Strubbelfrisur Bergführer und hat schon die meisten Gipfel dieser Welt bestiegen. Der Rest der Truppe sind sportliche Männer, die regelmäßig in den Bergen unterwegs sind. Marc ist mit Patrick und dessen Vater Domingo für ein Männerwochenende angereist. Johannes will ein paar schöne Tage mit seinem Bruder Michael verbringen, Romain ein Wochenende ohne die Kinder, und Stefan probiert sein neues Splitboard aus. Ich frage mich, ob meine Fitness wohl reichen wird, um mitzuhalten. »Beim klassischen Tourengehen sind es meistens mehr Männer als Frauen, aber das wird schon passen mit uns«, beschwichtigt Fuzzi meine Bedenken, als wir uns den Berg hinaufschrauben. Das letzte Stück bis zum Quartier lässt sich nur mit einem geländefähigen Taxi zurücklegen. Die Schneeketten fräsen sich durch die gefrorene weiße Decke. Als der Nebel die umliegenden Gipfel freigibt, schmilzt im Passagierraum langsam das Eis.

Von Lawinenlagen und Hüttenwirten hängt die Tour ab

Die Lizumerhütte liegt auf knapp über 2000 Metern und ist Sommerstation für Wanderer auf dem Weg von Innsbruck nach Venedig. Keine Seilbahnen, kein Après-Ski, nur schöne Stille. So einsam die rustikale Hütte auch liegt, die Stube ist gut besucht. An den langen Tafeln sitzen Familien und Tourengeher. Unser Zimmer liegt zwei Stockwerke darüber: 16 Betten, Bad auf dem Flur, duschen nur mit Marke. Als sich die Dämmerung übers Tal legt, beginnt die Theorie: Wir studieren Karten und üben den Umgang mit dem Rettungsequipment. »Die wenigsten, die im Gelände unterwegs sind, können das«, sagt Fuzzi. Immer mehr Skigebiete und Vereine reagieren mit Kursen dieser Art auf den Touren-Trend abseits der Pisten.

»Die Torspitze könnst scho machen«, grummelt der Hüttenwirt Anton am nächsten Morgen, als er den Lawinenlagebericht rumreicht. Abends hatten wir uns für eine Tour von rund 650 Höhenmetern zur Torspitze entschieden. Der Lawinenlagebericht und der Hüttenwirt sollen nun entscheiden, ob es dabei bleibt oder ob das Wetter einen Aufstieg zu gefährlich macht. Für das Gebiet gilt Lawinenstufe drei von fünf, eine Wetterlage nur für erfahrene Tourengeher und geführte Gruppen wie unsere. Vor der Hütte herrscht Aufbruchstimmung. Eine Gruppe schlängelt sich als bunte Karawane langsam den Berg hinauf. Bevor wir uns das Board auf den Rücken und die Schneeschuhe unter die Füße schnallen, gibt es eine kurze Einführung zu den Lawinensuchgeräten, Batteriestatus, Sende- und Empfangssignal werden getestet. Der frische Schnee quietscht unter den Schneeschuhen, als auch wir uns endlich in Bewegung setzen.

Lizumer Hütte, Tuxer Alpen
Die Teilnehmer der Snowboard-Wanderung nächtigen mitten im stillen Seitental in der Lizumerhütte
© PR

Blick und Abfahrt sind die Belohnung

Der Himmel ummantelt die Gipfel in hellstem Blau, wolkige Fetzen fliegen an ihnen vorbei. Was uns das über die Lage im Hang verrät, möchte Fuzzi wissen. »Wind sorgt für Schneeverlagerung und eine erhöhte Lawinengefahr«, ruft Marc. Im Zickzack geht es der Torspitze entgegen, und ich bilde nicht, wie befürchtet, das Schlusslicht. Domingo schimpft schnaufend auf seine heutige Verfassung, und Romain legt immer wieder Fotostopps ein. Nach mehr als dreieinhalb Stunden, unterbrochen von kleinen Theoriepausen, ist das Gipfelkreuz erreicht. Die Tuxer Alpen liegen uns zu Füßen, der Blick reicht bis Mayrhofen, wo die Fenster der Seilbahn zum Gruß im Sonnenlicht aufblitzen. Nach Tourentee und Gruppenselfie wollen wir nicht mehr länger warten. Die Entschädigung für den schwierigen Aufstieg liegt in Form eines von Neuschnee überzogenen Hangs vor uns. In weit gezogenen Schwüngen gleiten wir auf den Boards gen Tal. Als wir abends Fuzzis Vortrag zur Bergung von Verschütteten lauschen, pfeift der Wind um die Hütte. Heftige Böen wecken mich nachts immer wieder.

Am Morgen empfiehlt Anton, einen Hüttentag einzulegen, der Lawinenlagebericht sei dramatischer als am Vortag. Doch Fuzzi möchte es zumindest versuchen. Der Wind sorgt für einen mühsamen Aufstieg zum Gipfel der Mölser Sonnenspitze. In den windstillen Momenten genießen wir unsere Neunsamkeit mit der Natur und laufen konzentriert Meter um Meter. Doch in der letzten Mulde – das Gipfelkreuz ist bereits zu sehen – geben wir auf. Die Böen hauen uns fast um. »Kein Gipfel ist es wert, dass wir uns in Gefahr bringen«, sagt Fuzzi. Schneefahnen brechen sich am Bergkamm und peitschen uns ins Gesicht. Das Umschnallen ist mühsam, die Abfahrt erst im unteren, windstilleren Teil eine Freude. Als sich die Wetterlage beruhigt, setzen wir noch mal Theorie in Praxis um und üben eine Verschüttung. Fuzzi berichtet, dass er schon oft bei Bergungen dabei war, selbst aber noch nie in eine Lawine geraten sei. »Vielleicht«, sage ich, »weil du ein guter, alter Bergführer bist.«

Lizumer Hütte, Tuxer Alpen
Beste Verpflegung erwartet die Gäste nach getaner Arbeit im urigen Saal der Lizumerhütte
© PR

So funktioniert Tourengehen mit dem Snowboard

Während es für Skifahrer mehrere Angebote gibt, ist der Summit Club des Deutschen Alpenvereins einer der ganz wenigen Veranstalter, die Tourengehen auch für Snowboarder ermöglichen. Motto: »Mit dem Snowboard richtig auf Touren kommen«. Unterbringung im Wattental im Lager der modern-rustikalen Lizumerhütte mit sehr guter internationaler Küche. Treffpunkt ist der kleine Ort Wattens, der gut mit der S-Bahn ab Innsbruck zu erreichen ist (4 Tage inkl. Transfer, Unterkunft, Verpflegung und Sonderausrüstung ab 545 €).

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