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Undara Fledermaushöhlen in der australischen Savanne

Im Undara Volcanic Nationalpark im Bundesstaat Queensland sind die Vulkane längst erloschen doch sie schufen einen einzigartigen Lebensraum für Fledermäuse, die zu Tausenden den Nachthimmel bevölkern
Undara: Wer die Höhlen von Undara entdecken möchte, sollte das mit Guide tun, denn das Geflecht an unterirdischen Wegen hat Verirrungspotential
Wer die Höhlen von Undara entdecken möchte, sollte das mit Guide tun, denn das Geflecht an unterirdischen Wegen hat Verirrungspotential
© Tourism and Events Queensland

Der Minibus parkt an einem staubigen Flecken. Die Sonne ist gerade untergegangen, die Savanne glüht noch. Gedankenverloren fingern die Gäste der Tour an einem Picknick, während sie hinausschauen in den Abendhimmel, der sich über dürren Bäumen wölbt. Es gibt Sekt, tasmanischen Käse, Obst und Cracker. Clive Johnson, ein Mann mit Khaki-Hemd, Shorts, Wanderschuhen und Hut, hat sich ein wenig abgesetzt. Er schaut hinab in eine Senke, die Arme verschränkt und den Rücken seinen Gästen zugewandt. Er sieht nachdenklich aus. "Ich glaube, es geht los", sagt er dann ruhig und winkt die anderen langsam zu sich.

Ein kleiner Fußweg führt ein paar Stufen hinab. Er endet an einem Loch in einem Felsen, vielleicht drei Meter im Durchmesser. Es ist der Eingang zu einer Höhle. Ein paar Fledermäuse flattern hervor und schwärmen in den Abendhimmel. Sie sind Vorboten. Innerhalb weniger Momente herrscht an der Öffnung Hochbetrieb: Die Höhle spuckt regelrecht einen Strom von Fledermäusen aus, ein dichtes Treiben in scheinbar chaotischen Flugbahnen. Wir stehen mitten drin, umschwärmt von einem tausendfachen, weichen Flattern. Immer wieder fliegen Fledermäuse, waghalsige Haken schlagend, auf uns zu. Keine von ihnen trifft einen Besucher, kurz vor skeptisch verzogenen Gesichtern drehen sie ab. Manchmal stößt eine Fledermaus bei dem Manöver seitlich mit einer anderen zusammen. "Das ist nichts ungewöhnliches", sagt der Clive. "Sie orten nur nach vorn, nicht zur Seite."

Die Höhle, die wir bestaunen, gehört zum Undara Volcanic National Park im Nordosten Australiens. Zwischen 40.000 und 80.000 Fledermäuse leben in der Höhle. "Microbats" heißen sie auf Englisch, nicht zu verwechseln mit "Megabats", denn das sind Flughunde, und die haben sich unabhängig von den Fledermäusen entwickelt. Vier insektenfressende Arten brüten in der Höhle: die Langflügelfledermaus, die Eastern Cave Bat, außerdem die Hufeisennase Rhinolophus megaphyllus ignifer und der Glattnasen-Freischwanz Taphozous australis. Am Höhleneingang hockt auf etwas über einem Meter Höhe eine Braune Nachtbaumnatter in einer Ritze in der Wand und wartet, bis eine Fledermaus so unvorsichtig ist, in ihrer Reichweite vorbeizufliegen. Clive rät davon ab, die 850 Meter lange Höhle bis zum Ende zu gehen. Je tiefer man hinabsteigt, desto knapper wird der Sauerstoff. Die vielen Fledermäuse stoßen einiges an Methan aus. Wir wagen uns vielleicht 100 Meter vor, auf einem angelegten Weg.

Von der Rinderzucht zum Nationalpark

Der Undara Volcanic National Park liegt im Bundesstaat Queensland, 275 Kilometer südwestlich von Cairns. Wer sich von der Küstenstadt aus mit dem Auto auf die rund vierstündige Fahrt macht, bekommt einen Schnellkurs in landschaftlicher Vielfalt: Nach dem Start am Meer windet sich die Straße in den tropischen Daintree Regenwald hinauf. Sie passiert die Atherton Tablelands, ein fruchtbares Hügelland, das die Queenslander auch ihre "Fruit bowl" nennen, ihre Obstschale. Hinter dem Städtchen Ravenshoe sind die Straßen schnurgerade. Die Distanzen zwischen den Ortschaften werden länger, entlang der Fahrbahn reihen sich hüfthohe Termitenhügel auf. Die Bäume sind dürrer und stehen in größerem Abstand. Hier beginnt die nordöstliche Grassavanne.

Eine unscheinbare Abzweigung an der Landstraße führt achtzehn Kilometer in die trockene Landschaft hinein, vorbei an Black Tea-Trees und Woollybutts, einer Eukalyptus-Art. Anders als im Regenwald nah der Küste finden sich hier viele Harthölzer. Das Cooktown Ironwood oder die termitenresistente Schmuckzypresse überstehen auch die Savannenfeuer, die es hier schon immer regelmäßig gibt.

Am Ende des Weges stehen dutzende ausrangierte Eisenbahnwagen. Schienen gibt es hier nicht, die dunkelrot gestrichenen und restaurierten Waggons haben auch gar keine Fahrgestelle. Sie gehören zur Undara Experience Lodge und dienen als Unterkünfte. Als die Lodge 1990 gegründet wurde, waren Waggons die einfachste und günstigste Möglichkeit, in dieser meist trockenen, heißen Gegend genug Platz für Gäste zu schaffen. Später kamen ein Campingplatz und eine Handvoll klimatisierter Bungalows hinzu. In einem großen überdachten Innenhof finden in der Hauptsaison hin und wieder Konzerte und Rockfestivals statt. In der Nebensaison ist es hier so ruhig, dass sich Kängurus vor den Terrassen der Bungalows in der Morgensonne putzen.

Die Lodge gehört der Collins-Familie, die hier schon seit Ende des neunzehnten Jahrhunderts eine Rinderzucht und Weidewirtschaft betrieb. Die Collins gaben auch den Anstoß zur Gründung des Nationalparks, der gleich hinter der Lodge beginnt. Er umfasst ein Lavafeld, das doppelt so groß ist wie Hamburg. Die Vulkane in dieser Gegend gelten als erloschen. Doch sie haben vor 190.000 Jahren faszinierende geologische Formationen hinterlassen. Entlang alter Flussläufe wälzte sich die Lava weit in die Umgebung hinein und kühlte erst sehr langsam ab. Dabei hat sich ein System röhrenartiger Höhlen gebildet, durch die immer neue Lava nach- und schließlich abfloss. Ein Teil der Höhlen ist eingestürzt, doch 69 sind heute begehbar. Die größten sind 20 Meter breit und 13 Meter hoch.

Undara: So abwechslungsreich wie die Natur in Undara sind auch die Unterkünfte der Undara Experience Lodge: Eisenbahnwaggons, Bungalows und Camping
So abwechslungsreich wie die Natur in Undara sind auch die Unterkünfte der Undara Experience Lodge: Eisenbahnwaggons, Bungalows und Camping
© Martin Kaluza

Ein unauffälliger Vulkan

Ungewöhnlich an der Formation ist, dass die vielen Röhren einem einzigen Ausfluss entstammen, dem Vulkan Undara. Der längste Strang ist 169 Kilometer lang. Das deutet darauf hin, dass der Vulkan in seiner aktiven Zeit ein vergleichsweise ruhiger Genosse war. "Hier gab es kein Verstopfungsproblem und keine Eruptionen", erklärt Clive. "Der Vulkan Undara hat praktisch keinen Kegel. Seine Neigung ist so gering, dass man ihn leicht übersieht, wenn man nicht direkt am Krater steht." Einen Schildvulkan nennt man das. Der Kraterrand des Undara überragt die Umgebung um gerade einmal 20 Meter.

Entdeckt wurden die Höhlen vor rund hundert Jahren – aber nicht von Menschen, sondern von Pferden. Und warum von Pferden? Einer der Gäste kennt die Lösung: "Weil sie das Wasser riechen können." Draußen herrscht während der Trockenzeit brütende Hitze bis zu 40 Grad, Wasser gibt es dann an der Oberfläche nicht. In der Höhle steigt die Temperatur nicht über 26 Grad, und eine Quelle verspricht Erfrischung. Im Inneren und an den Senken vor den Eingängen haben sich deshalb Sträucher und Dickichte gehalten, die sonst in dieser Gegend nicht vorkommen.

Lichtempfindliche Höhlenbewohner

Clive will etwas zeigen und bittet kurz um die Aufmerksamkeit der Besucher. Noch immer schwirren tausende Fledermäuse aus dem Höhleneingang, ihr Strom reißt nicht ab. Mit seiner großen Taschenlampe leuchtet Clive von außen direkt in den Eingang der Höhle hinein. Binnen Sekunden bleiben die Flieger aus. Es wird völlig still. Ganz blind sind die Fledermäuse offenbar nicht. Wie kann das sein? "Sie sehen nicht wirklich gut, und sie orten per Ultraschall. Doch sie sind lichtempfindlich", sagt Clive. Er erklärt sich das mit einer Beobachtung. "Tagsüber sind draußen vor der Höhle viele Vögel unterwegs. Die fressen ihnen nicht nur die Insekten weg. Sie sind schneller als die Fledermäuse und können ihnen als Fressfeinde gefährlich werden." Deshalb sei es für sie ein Vorteil, Tag und Nacht unterscheiden zu können. Und das erklärt auch den Zeitpunkt, an dem sie massenhaft aus der Höhle strömen – in der Abenddämmerung.

Clive sammelt das Picknick ein und fährt die Gäste zurück zur Lodge. Er ist mit seinem Programm für heute noch nicht durch. Am Lagerfeuer – das gehört zum Wildness-Feeling – erzählt ein paar Geschichten und erklärt bereitwillig den Unterschied zwischen Kängurus und Wallbys. Schließlich zückt er einen Block mit Quizfragen. Die Fragen drehen sich um australische Geschichte, um Politik und Promis. Die nicht-australischen Gäste haben keine Chance. Sie stochern ein bisschen im Feuer, träumen in den Nachthimmel, in dem ein paar Kilometer weiter zehntausende Fledermäuse Insekten jagen.

Unterkunft und Touren

Die Unterkunft im Eisenbahnwagen kostet zwischen EUR 65 (Einzelkabine) und EUR 135 (Doppel- bzw. Familienkabine). Zur Lodge gehört auch ein Campingplatz für Zelte, Wohnwagen und Wohnmobile.

Täglich starten von der Lodge aus mehrere Touren zu den Lavahöhlen (EUR 40-45 für Erwachsene, Kinder die Hälfte).

Von Anfang November bis Ende März ist der Betrieb der Lodge wegen der Monsunsaison eingeschränkt. In dieser Zeit kommen weniger Touristen nach Undara. Wer sich nicht am heftigen Regen stört, erlebt wie sich die ansonsten trockene Gegend in eine saftig-grüne Landschaft verwandelt.

Undara Experience, Savannah Way, Queensland 4871, Tel. 0061-740971900, www.undara.com.au

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