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Konsumgesellschaft Ein Historiker erklärt, warum Müllvermeidung unser Leben teurer, langsamer, unbequemer macht

Müllkippe mit Bagger und Raupe, der Boden ist bedeckt mit (Verpackungs-)müll
Trotz Bemühungen um mehr Recycling und Abfallvermeidung wachsen die globalen Müllmengen rasant
© Kalyakan / Adobe Stock
Trotz Mülltrennung und Recycling werfen private Haushalte immer mehr weg: Bis zur Jahrhundertmitte könnten die globalen Müllmengen um 75 Prozent anwachsen. Der Historiker Roman Köster legt die Ursachen dieser Entwicklung offen – und kommt zu einem ernüchternden Befund

GEO: Herr Köster, Sie schreiben im Resümee Ihres neuen Buches einen irritierenden Satz:  "Müllmengen an der Quelle zu reduzieren, heißt – zumindest beim gegenwärtigen Stand der Technik –, das Leben für die Menschen teurer, langsamer, unbequemer zu machen." Können Sie das mal erklären?

Roman Köster: Zur Beantwortung dieser Frage muss man sich klarmachen, warum wir so viel Müll haben. Meine These beruht darauf, dass sich nach dem Zweiten Weltkrieg bestimmte Techniken der Massenproduktion, insbesondere von Lebensmitteln, aber auch von Kleidung, Konsumgütern, Elektrogeräten, durchsetzen, die vorher so nicht möglich waren. Das führte zu einem starken Anstieg der Müllmengen, denn es gibt nun nicht nur mehr Dinge, die auf dem Müll landen – die Verfahren der Massenproduktion und des globalen Handels sind auch auf Verpackungen angewiesen. Die neue Art, Waren zu produzieren, geht einher mit Dingen, die wir jenseits des Produktionsprozesses nicht mehr benötigen. Dazu zählen Verpackungen, aber beispielsweise auch die Überproduktion. Müll ist nicht einfach nur eine Nebenfolge unserer kapitalistischen Konsumgesellschaft – sondern tatsächlich ein integraler Teil davon.

Bedeutet das im Umkehrschluss, dass wir mit dem Müll auch unseren Wohlstand reduzieren würden?

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