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Plastikmüll Warum im Scheitern von Ocean Cleanup eine Chance liegt

The Ocean Cleanup
Funktioniert (noch) nicht: The Ocean Cleanup
© The Ocean Cleanup
The Ocean Cleanup, die größte Müllabfuhr der Erdgeschichte, ist vorerst gescheitert. Wir dürfen nun nicht länger darauf hoffen, dass irgendjemand unseren Dreck aufräumen wird. Und das ist gut so

+++ Kolumne "Alles im grünen Bereich" +++

Vor rund drei Monaten begann die wohl spektakulärste Aufräumaktion, die der Planet bislang gesehen hat. Mit einer 600 Meter langen, gebogenen Stahlröhre, drei Meter tiefen Netzen und viel Enthusiasmus wollte der 24-jährige Niederländer Boyan Slat zeigen, dass es möglich ist, die Ozeane von Plastikmüll befreien. Und das heißt: 1,8 Billionen Plastikteile allein aus dem größten der fünf globalen Müllstrudel, dem Great Pacific garbage patch, zu fischen: einer marinen Müllhalde, größer als Deutschland, Spanien und Frankreich zusammen.

Die Geschichte von dem jungen Enthusiasten, der sich eine Herkulesaufgabe suchte, lockte Medien und Öffentlichkeit an. Slat, der seit Jahren an seinem gigantischen Projekt tüftelt, Gelder eingeworben und ein begeistertes Team zusammengestellt hat, wurde zuletzt als Superstar gefeiert.

Klar: Schon immer hat es die Menschen fasziniert, Helden beim Lösen eigentlich unlösbarer Probleme zu beobachten. Oder eben beim Scheitern. Denn jetzt ist die Aktion vorerst gestoppt. Die Anlage muss zur Reparatur an Land. Und so richtig funktioniert hat sich auch vorher schon nicht.

The Ocean Cleanup zeigt: Es gibt zum Vermeiden und Recyceln keine Alternative

Für unser Mitfiebern gibt es allerdings noch einen anderen Grund. Und der hat nichts mit Heldentum zu tun. Sondern mit Bequemlichkeit.

Slat stand mit seinem Projekt für die Hoffnung einer ganzen Zivilisation, Wege zu finden, den Dreck aufzuräumen, den sie selbst verursacht. Seine unbeabsichtigte Botschaft war: Ihr könnt ruhig weitermachen wie bisher. Wir finden Wege, das Zeug zu beseitigen. Weiter befeuert wurde unsere Hoffnung noch durch die sehr menschliche Faszination für riesige Maschinen und großtechnische Lösungen hausgemachter Menschheitsprobleme. Eine verlockende, aber toxische Mischung – die uns übrigens auch bei der Diskussion um CO2-Entfernung aus der Luft wiederbegegnen wird.

Das wichtigste Argument gegen The Ocean Cleanup war und ist nicht, dass er nicht richtig funktioniert. Oder dass Plastik auch in der Tiefsee und an Land ein immer drängenderes Problem darstellt. Sondern, dass solche Großprojekte uns dazu verleiten könnten, wirksame, aber unpopuläre Maßnahmen aufzuschieben. Also nicht zu handeln. Und genau das wäre fatal. So gibt etwa das EU-Verbot von Wegwerfplastik von dem (politischen) Handeln, das nötig ist, nur einen undeutlichen Vorgeschmack.

Das Scheitern von The Ocean Cleanup ist kein Grund zur Schadenfreude. Und es birgt eine Chance – den Kern der Einsicht nämlich, dass es zum Vermeiden, Wiederverwenden und Recyceln von Plastik keine Alternative gibt. Packen wir's an!

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