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Neues Abfallgesetz für die Balearen So rigoros will Mallorca gegen Plastikmüll und Kaffeekapseln vorgehen

Müll an einem Strand in Mallorca
Aus dieser ungewöhnlichen Perspektive verschwindet das Cap Formentor auf Mallorca fast hinter Bergen aus Plastikmüll
© mauritius images / Bluegreen Pictures / Martin Gabriel
Mit einem beispiellosen Abfallgesetz will die Urlaubsinsel Wegwerf-Artikeln aus Kunststoff an den Kragen

Inhaltsverzeichnis

Ab 2020 wird am Ballermann nur noch Sangria aus kompostierbaren Strohhalmen geschlürft. Und der Kaffee kommt dann nicht mehr aus der Wegwerf-Kapsel, sondern wieder aus der gewöhnlichen Kaffeemaschine. Zumindest, wenn es nach dem Willen der Balearen-Regierung geht.

Touristen bringen Geld auf die Insel – und Müllberge

Schon seit Jahren kämpft vor allem Mallorca, die Hauptinsel der Balearen, mit den Müll-Massen, die die jährlich 13 Millionen Urlauber hinterlassen. Ein großer Teil davon ist Plastikmüll, der entweder verbrannt wird oder ins Meer und an die Strände gelangt. Dort verschandelt er das Urlaubsparadies oder wird Meerestieren zum Verhängnis, die Plastikteile mit Nahrung verwechseln. Die Regierung der Inselgruppe rechnet vor, dass rund 80 Prozent des Mülls an den Bilderbuch-Stränden aus Plastik besteht. Die Hälfte davon wurde nur ein einziges Mal benutzt.

Diskreter, aber nicht weniger gefährlich: Ein Teil des maritimen Kunststoffmülls wird von Sand und Wellen zerkleinert und gelangt schließlich, angereichert mit Giftstoffen aus dem Meer, in die Nahrungskette.

Das Gesetz soll der Wegwerfmentalität entgegenwirken

Damit soll jetzt Schluss sein. Der Entwurf für ein neues Abfallgesetz der Balearen sieht ein Verbot von Wegwerfartikeln vor, die nicht recycelt werden. Dazu zählen Einweg-Tragetaschen, Einwegkapseln für Kaffee, Plastikgeschirr und -besteck, Strohhalme und Trinkbecher aus Kunststoff, aber etwa auch Einwegrasierer. Als Inspiration diente der Regierung Frankreichs Vorstoß, Wegwerfgeschirr und -besteck ab 2020 zu verbieten.

Zudem sollen Artikel wie Feuchttücher besser gekennzeichnet werden. Die Hygieneartikel werden immer wieder in der Toilette versenkt – und führen dann in der Kanalisation zu Problemen, weil sie Pumpen verstopfen. Im vergangenen Herbst führte eine solche Verstopfung auf Ibiza zu einem massiven Kanalisationsschaden. Hunderte Meter verdreckte Strände waren die Folge.

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Trinkwasserbrunnen statt Plastik-Kanister

Auch leere Trinkwasser-Plastikflaschen an den Stränden und Straßenrändern könnten auf Mallorca schon bald der Vergangenheit angehören. Die Trinkwasserversorgung im öffentlichen Raum soll dann durch zusätzliche Brunnen an Stränden, aber auch in Schulen und Verwaltungsgebäuden sichergestellt werden.

Das wird zwar nicht das abrupte Ende der Wegwerfkultur sein. Aber die Hersteller und Vertreiber dürfen nach dem Gesetzentwurf aber ab 2020 nur noch solche Wegwerfartikel auf den Markt bringen, die sie auch selbst einzusammeln und recyceln. Alternativ müssen sie aus biologisch abbaubaren Stoffen hergestellt werden, etwa aus Zellulose oder kompostierbarem Kunststoff. Darüberhinaus wollen Mallorca und seine Nachbarinseln bis zum Jahr 2030 drei Viertel des gesamten Verpackungsmülls recyceln.

"Das Verhalten ändern"

Der für Müllbeseitigung zuständige Generaldirektor der Balearenregierung, Sebastiá Sansó, erklärt ohne Umschweife: Mit dem neuen Gesetz wolle die Inselregierung das Konsumverhalten der Inselbewohner und der Urlauber ändern.

Noch muss die Zentralregierung in Madrid zustimmen. Doch wenn das Gesetz kommt, haben die Balearen eines der fortschrittlichsten Müll-Gesetze in Europa. Bis 2030, so die neue Plastik-Strategie der EU-Kommission, sollen Kunststoffverpackungen aus der EU zu 100 Prozent recycelbar sein, der Verbrauch von Einwegkunststoffen soll reduziert werden.

Nach EU-Angaben produzieren die Europäer jedes Jahr 25 Millionen Tonnen Kunststoff-Abfälle. Recycelt wird davon nicht einmal ein Drittel.

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