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Gesunder Schlaf Schnarchen - warum es so gefährlich ist und was wirklich dagegen hilft

Schnarchen
Sinnvolle Maßnahmen: Starke Schnarcher können von Schlafen in der Seitenlage, Gewichtsreduzierung und Alkoholverzicht profitieren
© Paolese / Fotolia
Schnarchgeräusche stellen manche Partnerschaft auf eine harte Probe: Sie führen zu Streit in der Nacht und zu Verstimmungen am Morgen danach. Doch damit nicht genug: Einige Betroffene entwickeln ein gefährliches Leiden. Daher sollten sie frühzeitig etwas unternehmen

Inhaltsverzeichnis

Der Mensch ist im Schlaf ein sensibler Zuhörer. Schritte im Flur, ein fernes Bellen, ein Klopfen an der Tür: Oft genügt ein leises Geräusch, und er wacht auf. Ein Klang allerdings vermag seine Ruhe in der Regel nicht zu stören, sei er noch so laut – das eigene Schnarchen. Das geräuschvolle Atmen kann Wände und Decken durchdringen, einen Pegel von 90 Dezibel erreichen; das ist so laut wie eine Kreissäge. Und doch weckt es den Schlafenden nicht. Denn der Organismus erzeugt den Lärm selbst und erkennt ihn deshalb nicht als eine potenziell gefährliche Störung von außen.

Das gilt freilich nicht für den Bettpartner. Wer sich mit Schnarchern das Zimmer teilt, den treibt der Krach oft zur Verzweiflung. Betroffene finden mühsam in den Schlaf, erwachen häufig und sind tagsüber müde, gereizt, kraftlos. Ihre Nächte sind nicht mehr erholsam.

Die Ruhestörung stellt manche Partnerschaft auf eine harte Probe. Sie führt zu Streit im Bett, zu Verstimmungen am nächsten Morgen. In einer US-Studie gab fast ein Viertel der befragten Paare an, die Nacht in separaten Betten zu verbringen – zumeist, weil der andere schnarcht.

Denn die Wahrscheinlichkeit, mit einem Krachmacher das Nachtlager zu teilen, ist recht groß. Je älter ein Mensch wird, desto eher tönt er im Schlaf. Etwa die Hälfte der Männer sowie ein Viertel der Frauen sind betroffen.

Abnehmen kann Schnarchen verringern

Meist ist die nächtliche Störung für den Bettpartner eine größere Belastung als für den Verursacher. Doch der Schnarcher schadet auf Dauer zuweilen auch seiner eigenen Gesundheit. Denn mit der Zeit kann das geräuschvolle Luftholen zu gefährlichen Atemaussetzern in der Nacht führen, die etwa das Herz-Kreislauf-System belasten. Schon aus diesem Grund sollten besonders heftige Schnarcher frühzeitig etwas unternehmen.

Wer die Störlaute bekämpfen und endlich wieder ruhig durch die Nacht kommen will, muss zunächst wissen, wo sie entstehen. Die Töne bilden sich im Rachen („Pharynx“), jenem zwölf Zentimeter langen Schlauch in unserem Hals, in dem die Luft- und Speiseröhre noch nicht voneinander getrennt sind. Seine Muskeln ermöglichen dem Menschen, zu schlucken, zu atmen und zu sprechen. Im Schlaf nimmt die Spannung in diesem Gewebe aber ab, und es wird schlaff.

Dann lässt der Luftstrom beim Ein atmen bisweilen das Gewebe vibrieren – und das typische Schnarren des Schnarchens ertönt. Je nach ihrem Entstehungsort können die Geräusche unterschiedlich klingen; tiefe, sonore Geräusche entstammen vor allem dem Gaumensegel und Zäpfchen, hohe, eher fauchende Töne den seitlichen Rachenwänden und dem Zungengrund.

Es schnarchen vor allem jene Menschen, deren obere Atemwege vergleichsweise schmal sind – etwa, weil die Zunge sehr groß ausgebildet ist. Oder weil der Unterkiefer weit hinten liegt und wenig Raum für den Pharynx bleibt. Denn solche Engstellen erzeugen einen Sog, der den Atemfluss beschleunigt und so das Gewebe in Schwingung versetzt.

Viele schnarchen nur, wenn sie durch den Mund atmen und auf dem Rücken liegen. Dabei kann die Zunge in den Rachenraum fallen und so die Atemwege verengen. Drehen sie sich auf die Seite, gibt die Zunge die Bahn der Atemluft wieder frei, und das Schnarchen verstummt.

Neben der Schlafposition spielt das Körpergewicht eine entscheidende Rolle. Je dickleibiger ein Mensch ist, je mehr Fett sich im Rachen ablagert, desto enger wird es. Abnehmen gilt daher als erster Schritt, um die störenden Geräusche im Schlaf zu verringern.

In manchen Fällen raten Mediziner Schnarchern zudem davon ab, vor dem Schlafen Alkohol zu trinken. Denn unter Promille-Einfluss entspannen sich die Muskeln mehr und mehr, bis das Gewebe im Rachen zu flattern beginnt.

Wirksamkeit bei Anti-Schnarch-Produkten selten belegt

Seitenlage, Abnehmen, Alkoholverzicht: Nicht alle Betroffene wollen oder können diesen Ratschlägen folgen. Wer nach Mitteln gegen das Schnarchen sucht, stößt deshalb auf etliche Angebote, die Hilfe verheißen.

So sollen spezielle Trainingsmethoden die Pharynx-Muskulatur stärken, versprechen die Anbieter in ihrer Werbung, halten Spangen oder Bissschienen angeblich den Atemweg frei, unterstützen Kinnbänder oder Pflaster das Luftholen durch die Nase, befeuchten Rachenspray oder Anti-Schnarch-Öl die Schleimhäute.

Manche dieser Produkte verringern tatsächlich das Ausmaß des Schnarchens. Doch bei der Mehrzahl existieren keine Belege für ihre Wirksamkeit.

Statt sich auf die mitunter dubiosen Angebote einzulassen, sollten Schnarcher Spezialisten wie Hals-Nasen-Ohren- oder Lungenärzte aufsuchen, die auch die Nase genau untersuchen. Denn Schlafmediziner haben die Erfahrung gemacht: Wer nachts frei durch die Nase atmet, schnarcht seltener oder zumindest leiser. Daher kann die Behandlung einer chronischen Behinderung der Nasenatmung bei der Hälfte der Patienten die nächtlichen Geräusche deutlich reduzieren oder gar beseitigen – zumindest vorübergehend.

In solchen Fällen sind allerdings oft Operationen nötig, etwa eine Begradigung der Nasenscheidewand oder das Entfernen von Schleimhautwucherungen.

Wer mit Unterbrechungen schnarcht, sollte zum Arzt gehen

Vor allem besonders laut und mit Unterbrechungen schnarchende Personen sollten ihre nächtlichen Geräusche medizinisch prüfen lassen. Denn mit den Jahren kann sich ein anfangs harmloses Rasseln zu lebensgefährlichen Atemaussetzern in der Nacht entwickeln, wie schwedische Forscher aufgezeigt haben.

Der Schlafmediziner Joachim Maurer von der Universitätsklinik Mannheim erklärt das Ergebnis der schwedischen Studie damit, dass die andauernden Vibrationen im Rachen feine Nervenzellen im Gewebe schädigten, und zwar „ungefähr so, wie ein Presslufthammer auf Dauer jedes Gefühl in der Hand abtötet“.

Sind die Nerven taub, spürt der Betroffene nicht mehr ausreichend, ob der Atemweg noch offen oder bereits verschlossen ist. Dann kann das Gehirn Zungen- und Pharynx-Muskulatur nicht mehr präzise steuern. Die Muskeln erschlaffen immer mehr, so sehr, dass der Rachen sich zuweilen plötzlich ganz verschließt – in seltenen Fällen bis zu drei Minuten.

Schlafapnoe trifft bis zu zehn Prozent der Erwachsenen

Unterbricht der Atemfluss durch die Verengung des Atemweges mindestens 15-mal innerhalb einer Schlafstunde, sprechen Mediziner von einer obstruktiven Schlafapnoe. Dieses Krankheitsbild kann sich auch bei Menschen herausbilden, die zuvor kaum oder gar nicht geschnarcht haben. Je nach Studie leiden bis zu zehn Prozent der Erwachsenen daran.

Die Folgen wiederholter Atemstillstände können fatal sein. Denn die Sauerstoffkonzentration im Blut nimmt ab, Körper und Gehirn werden nicht mehr ausreichend versorgt.

Und stockt der Atem, reagiert der Körper mit einem Notprogramm: Eine Weckreaktion setzt ein, das Herz beginnt zu rasen, das Gehirn schaltet für wenige Sekunden in den Wachmodus, der Mensch japst nach Luft. Oft sind Betroffene so schlaftrunken, dass sie sich daran am nächsten Morgen nicht erinnern.

Die Auswirkungen aber spüren sie: Weil sie ständig aus dem Schlaf gerissen werden, ist der nicht mehr erholsam; sie sind häufig reizbar und übermüdet; bei monotonen Arbeiten, vor dem TV-Gerät oder beim Lesen nicken sie plötzlich ein. Auch Konzentrations- oder Gedächtnisstörungen, Antriebsmangel oder Stimmungsschwankungen können auftreten.

Besteht Verdacht auf eine Schlafapnoe, kann bei Betroffenen eine erste Untersuchung ambulant erfolgen. Bei der Polygraphie misst ein mobiles Gerät bestimmte Körperfunktionen, die auf Atmungsstörungen hinweisen. Sind weitere Untersuchungen erforderlich, erfolgen die in einem Schlaflabor. Dort messen Ärzte etwa den Luftstrom in Mund und Nase und zählen die Atemaussetzer pro Stunde. Eine mittelschwere Schlafapnoe diagnostizieren sie in der Regel bei mehr als 20 Aussetzern; in sehr schweren Fällen liegt die Zahl bei über 40 pro Stunde.

Gravierende Folgeerkrankungen durch Schlafapnoe

Zwar ist Schlafapnoe nicht unmittelbar lebensbedrohlich, denn irgendwann ist die Atemnot so groß, dass der Betroffene kurz aufwacht, die Muskulatur sich wieder anspannt und den Rachen freigibt.

Doch das Leiden kann gravierende Folgeerkrankungen auslösen. Sobald der Luftstrom verebbt, erhöht sich der Blutdruck, das kann zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen, das Risiko für einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall steigt um das Drei- bis Vierfache. Wenn der Schlaf dauerhaft nicht erholsam ist, sind Menschen zudem anfälliger für psychische Erkrankungen wie Depressionen.

Eine Schlafapnoe sollte daher unbedingt behandelt werden, etwa mithilfe der CPAP-Therapie („Continuous Positive Airway Pressure“). Dabei setzt der Schlafende nachts eine Maske auf Mund und Nase, ein mit der Maske verbundenes Beatmungsgerät erzeugt einen dauerhaften Überdruck auf die Atemwege und verhindert auf diese Weise, dass der Rachen sich verschließt. So ungewohnt eine solche Apparatur zu Beginn ist: Viele Patienten gewöhnen sich schon nach wenigen Tagen daran – und können endlich wieder erholsam schlafen.

Jenen Betroffenen, die mit der Maske nicht zurechtkommen, könnte künftig eine andere Therapie helfen: Seit einigen Jahren erprobt Joachim Maurer bei Patienten einen Zungenschrittmacher. Der kleine Kasten von der Größe einer Streichholzschachtel wird in der rechten Brustseite eingesetzt. Von dem Gerät führt ein Kabel zu einem Sensor, der zwischen den Rippen die Atmungsaktivität misst. Ein zweites Kabel endet an einem Nerv unter der Zunge und löst während des Einatmens einen Nervenimpuls aus. Dieser stimuliert den Zungenmuskel; der spannt sich an und hält den Atemweg frei. Das Hilfsmittel ist äußerst wirksam, wie Studien zeigen. Doch die Therapie wird nur bezahlt, wenn alle anderen infrage kommenden Möglichkeiten versagen.

Der Kampf gegen das Schnarchen wird indes Nacht für Nacht in Millionen Betten weitergeführt, mal mit Klammern, Spangen oder Pflastern, mal mit Sprays oder ätherischen Ölen. Manch einer zieht entnervt mit Decke und Kissen aufs Sofa, andere versuchen ihre Ohren mit Stöpseln zu verschließen oder zeichnen das Schnarren auf Tonband auf, um am nächsten Morgen ihr Leid zu erklären.

Manchmal immerhin bringt den Bettnachbarn eines Schnarchenden eine einfache und altbewährte Methode ans Ziel: den Partner rütteln, bis er sich auf die Seite dreht.

Damit endlich Ruhe ist.

GEO KOMPAKT Nr. 48 - 08/16 Schlaf und Traum

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