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Vater der Atombombe Blut an den Händen: Der Aufstieg und Fall des Robert Oppenheimer

Robert Oppenheimer lehnt sich an einen Stuhl und hat eine Zigarette in der Hand
Nach den Atombombenabwürfen 1945 verdammt Oppenheimer die "furchtbare Superwaffe". Seine entscheidende Mitarbeit am "Manhattan-Projekt" aber bedauert er öffentlich nicht
© Everett Collection / imago images
Christopher Nolans Epos "Oppenheimer" geht als Favorit in das Rennen um die Oscars. Der Film erzählt vom brillanten Physiker, der für die USA die Atombombe entwickelte und dafür erst gefeiert wurde – und dann als sowjetischer Spion diffamiert. Alles zum Aufstieg und Sturz des Robert Oppenheimer

Als der gleißende, purpurrote Feuerball über der Wüste New Mexicos in den Himmel steigt, der tosende Donner der Explosion nachhallt und sich der erste Atompilz der Geschichte in die Höhe schraubt, kommt Robert Oppenheimer ein Ausspruch des Gottes Vishnu in der Bhagavadgita in den Sinn, einer heiligen Schrift der Hindus: "Nun bin ich der Tod geworden, der alles raubt, Erschütterer der Welten."

Oppenheimer und sein Team haben es vollbracht: Auf dem Boden in einem Unterstand liegend, verfolgt der Physiker an diesem 16. Juli 1945 morgens um 5.30 Uhr, wie die weltweit erste Kernwaffe explodiert. Danach trinkt er ein Glas Brandy und sagt einem Journalisten über die neue Waffe: "Viele Jungs, die noch nicht erwachsen sind, werden ihr das Leben verdanken." 

Wenig später, am 6. August, wirft eine US-Maschine über der japanischen Stadt Hiroshima eine Atombombe ab, drei Tage darauf folgt eine weitere auf Nagasaki. Mehr als 200.000 Menschen verbrennen oder werden tödlich verstrahlt. Oppenheimer aber geht als "Vater der Atombombe" in die Geschichte ein – als der Mann, der ein neues Zeitalter heraufbeschworen hat. Wer war dieser brillante Physiker, der erst die zerstörerische Kraft des Atoms freisetzte, dann eindringlich vor Atombomben warnte – und schließlich als sowjetischer Spion verleumdet und aus den Regierungskreisen verjagt wurde?

Jugendliche sperren den jungen Oppenheimer in ein Kühlhaus

Robert Oppenheimer wird 1904 in New York als Sohn einer reichen jüdischen Einwandererfamilie aus Deutschland geboren. Der kleine Robert sammelt Mineralien und schaut lieber durch sein Mikroskop, als mit anderen Kindern zu spielen. Seine Eltern halten ihn früh für ein Genie: Schon als Jugendlicher tauscht er sich mit Geologen über Felsformationen aus. Freunde dagegen hat er kaum. In einem Ferienlager fallen andere Jungen über ihn her, ziehen ihn aus, besprühen Gesäß und Genitalien mit grüner Farbe und sperren ihn die ganze Nacht in ein Kühlhaus.

Oppenheimer nimmt die Hänseleien stoisch hin – und geht seinen Weg. Er studiert erst Chemie in Harvard, dann Physik in Cambridge. Die Laborarbeiten allerdings frustrieren ihn dermaßen, dass er sich bisweilen vor Überdruss auf den Boden wirft und dort hin- und her rollt. Einmal soll er sogar versucht haben, seinen Mentor mit einem Apfel zu vergiften. Fast wäre er dafür von der Universität geflogen. Ein Psychoanalytiker diagnostiziert schizophrene Symptome, hält ihn für einen hoffnungslosen Fall. Später sagt Oppenheimer, dass er an Selbstmord dachte.

Die Lebenskrise überwindet der junge Mann, als er 1926 an die Universität Göttingen wechselt. Hier findet er das Forschungsfeld, das ihn bis zum Ende seines Lebens umtreiben wird: die Quantenmechanik, erst vor einem Vierteljahrhundert von dem Physiker Max Planck erfunden, die das Verhalten kleinster Teilchen wie Atome, Elektronen und Lichtteilchen beschreibt. Es ist eine Zeit, in der die theoretische Physik die Tür zu einer neuen Welt aufstößt: Einstein hat die Spezielle Relativitätstheorie aufgestellt, Niels Bohr das Wasserstoffatom beschrieben, Werner Heisenberg die Matrizenmechanik, Erwin Schrödinger die Wellenmechanik.

Oppenheimers Kommilitonen reichen eine Petition gegen das "Wunderkind" ein

In Göttingen führt "Oppie", wie seine Kommilitonen ihn nennen, auf nachdrückliche Weise seine Brillanz vor. In Seminaren unterbricht er alle, die gerade sprechen – selbst seinen Lehrer Max Born lässt er nicht immer ausreden. Dann erhebt er sich von seinem Sitzplatz, marschiert an die Tafel und demonstriert souverän die Lösung für das angesprochene Problem. "Er war sehr begabt", urteilt Born, "und er war sich seiner Überlegenheit auf eine Weise bewusst, die etwas Peinliches hatte und Unruhe stiftete."

Seine Kommilitonen verfassen eine Petition, in der sie Born auffordern, dem überheblichen "Wunderkind" Einhalt zu gebieten. Und als Oppenheimer seine mündliche Promotionsprüfung ablegt, atmet einer seiner Professoren im Anschluss erleichtert auf: "Ich bin rechtzeitig herausgekommen. Er fing gerade an, Fragen zu stellen." Kein Zweifel: Von diesem Mann kann die Physik-Welt Großes erwarten.

Nach seiner Rückkehr in die USA lehrt Oppenheimer an der Universität Berkeley. Seine Seminare zur Quantenmechanik sind für die meisten Studenten völlig unverständlich – und trotzdem ein Ereignis. Stets eine Zigarette in der Hand, deklamiert er ohne jegliche Notizen physikalische Theorien, murmelt in fast druckreifen Sätzen, erfindet komplizierte Wortspiele und zitiert zwischendurch Wissenschaftler und Dichter. Gastredner unterbricht er gelegentlich mit den Worten: "Nun machen Sie schon. Das ist doch bekannt."

Robert Oppenheimer sitzt und raucht Zigarette
Oppenheimer übt eine Anziehungskraft auf seine Mitmenschen aus. Ein Kollege sagt einmal über den Physiker: "Allein seine körperliche Erscheinung, seine Stimme und seine Manieren sorgten dafür, dass sich die Leute in ihn verliebten – Männer wie Frauen" (hier 1945/46)
© Everett Collection / imago images

Wer die Kurse durchhält, wird belohnt. Seinen Doktoranden stellt er sich als Co-Autor für wissenschaftliche Aufsätze zur Verfügung. Studenten, denen er gewogen ist, lädt er zu sich nach Hause ein, serviert ihnen kräftige Martinis und "Eggs á la Oppie", Rühreier mit Chili und Rotwein. Bald scharrt sich ein regelrechter Fanclub um den Physiker. Studenten imitieren Oppenheimers Gang, seine Gesten, seinen Raucherhusten, selbst seine Kleidung: grauer Anzug, blaues Hemd, klobig-runde Schuhe. Einer von "Oppies" Kollegen stellt fest: "Allein seine körperliche Erscheinung, seine Stimme und seine Manieren sorgten dafür, dass sich die Leute in ihn verliebten – Männer wie Frauen."

Was nicht Wissenschaft ist, kümmert Oppenheimer freilich wenig. "Ich brauche die Physik mehr als Freunde", schreibt er einmal. Doch die wird bald auch zur politischen Größe: 1938 gelingt Otto Hahn und Fritz Straßmann in Berlin die erste Kernspaltung. Sie haben den Kern eines Uranatoms mit Neutronen beschossen, der daraufhin zerfiel. Im Jahr darauf schlussfolgern Lise Meitner und Otto Frisch, dass eine Kernspaltung einen winzigen Teil des gespaltenen Atoms in pure Energie umwandelt. Diese freigesetzten Neutronen könnten wiederum weitere Atomkerne spalten, wodurch immer mehr Energie erzeugt wird. Eine Kettenreaktion – mit potenziell riesiger Sprengkraft für Waffen.

Als am 1. September 1939 Hitlers Wehrmacht in Polen einmarschiert und den Zweiten Weltkrieg auslöst, formulieren deshalb Wissenschaftler in Großbritannien und den USA umgehend Sorgen vor einem geheimen Bombenprogramm der Deutschen. Zwar ruft US-Präsident Roosevelt im Oktober ein "Uran-Komitee" ins Leben, das die Möglichkeiten einer Kernspaltung untersuchen soll – aber die Forschungen kommen nur schleppend voran.

Warum hat Oppenheimer die Atombombe erfunden?

Erst am 6. Dezember 1941, einen Tag vor dem japanischen Angriff auf die US-Flotte bei Pearl Harbor, trifft die US-Regierung endgültig die Entscheidung für den Bau einer Atomwaffe. Mit einem gigantischen Aufwand steigen die USA in den Wettlauf um eine neuartige Bombe ein. Bald arbeiten überall im Land 125.000 Menschen an der fürchterlichsten Kriegswaffe der Menschheit. Der Name der Mission: "Manhattan-Projekt".

Einer von ihnen ist Robert Oppenheimer. Der Physiker ist überzeugt: "Nur eine Atombombe könnte Hitler aus Europa vertreiben." Zunächst leitet er in Berkeley eine Forschungsgruppe, die sich mit der Frage beschäftigt, wie sich die Atomspaltung konkret auslösen lässt. Schnell gilt der kauzige Forscher der US-Armee als so unverzichtbar, dass General Leslie R. Groves ihn zum wissenschaftlichen Leiter des Projekts ernennt.

"Nur eine Atombombe könnte Hitler aus Europa vertreiben"

Ausgerechnet Oppenheimer! Ausgerechnet ein Theoretiker, der über keinerlei Verwaltungserfahrungen verfügt, gerade einmal eine Schar Studenten angeleitet hat und, anders als einige seiner Konkurrenten, keinen Nobelpreis vorweisen kann – der soll jetzt Amerikas gewaltigstes Militärprojekt zum Erfolg führen, die Arbeit sämtlicher angeschlossenen Einrichtungen koordinieren und den Bau der Atomwaffe möglich machen? Als der Physiker als Leiter vorgestellt wird, ätzt ein Wissenschaftler: "Der könnte nicht mal eine Hamburgerbude leiten."

Mitten im Nirgendwo, im wüsten Hochland New Mexikos, stampft die US-Armee bei Los Alamos eine Forschungsstadt aus dem Boden, mit Wohnheimen, Wohnwagen, Laboratorien, Lagern und Büros. Der Außenposten in der Wildnis schwillt im Laufe des Krieges immer weiter an, beherbergt schließlich 6000 Menschen. Und hier, hinter Stacheldraht, reift Oppenheimer zum Boss. "Aus dem exzentrischen theoretischen Physiker wurde nun ein erstklassiger, hochorganisierter Anführer und Manager", schreiben die Autoren Kai Bird und Martin J. Sherwin in ihrem Pulitzerpreis-gekrönten Buch "J. Robert Oppenheimer: Die Biographie".

Oppenheimer bietet seine Tochter zur Adoption an

Der Physiker, leger in Jeans oder kurzen Khakihosen, mit Schlapphut auf dem Kopf und Pfeife im Mund, erteilt keine Befehle, wird nie laut – und setzt sich trotzdem durch. "Wenn sich eine Kontroverse entwickelte, hörte man geduldig zu, dann fasste Oppenheimer zusammen, und alle Meinungsverschiedenheiten waren ausgeräumt", berichtet sein persönlicher Assistent. "Es war eine Art Zaubertrick, alle bewunderten ihn dafür." Offenbar übt Oppenheimer eine unglaubliche Faszination auf seine Mitarbeiter aus. "Wenn ich mit ihm zusammen war, wuchs meine Persönlichkeit", schwärmt der Physiker Robert Wilson. "Ich wurde zu einer Art Oppenheimer-Person und vergötterte ihn."

Gleichzeitig macht Oppenheimer der Erfolgsdruck seelisch zu schaffen. Im Dezember 1944 wird in der Barackenklinik von Los Alamos seine Tochter geboren. Oppenheimer befürchtet, sie nicht lieben zu können – und bietet das Mädchen einer Familienfreundin zur Adoption an (die jedoch ablehnt).

Ethische Bedenken beim Bau der Atombombe bleiben Oppenheimer lange Zeit fremd. "Ich denke nicht, dass uns die Nazis die Option lassen, diese Entwicklung nicht zum Abschluss zu bringen", meint er. Entweder, so seine Überzeugung, bauen die Deutschen die Bombe zuerst – oder die Amerikaner. (Heute ist klar, dass die Atomforscher in Nazi-Deutschland von der Realisierung der Waffe weit entfernt blieben.) Der Physiker erwägt gar die Idee, Deutsche mit radioaktiven Spaltprodukten in Lebensmitteln zu vergiften: Oppenheimer spricht von einer halben Million. Diese Zahl erscheint der Militärführung als zu gering, und der Vorschlag wird verworfen.

Bild eines Atombombentests
Am 16. Juli 1945 wird in New Mexico die erste Atombombe gezündet. Robert Oppenheimer verfolgt die Detonation rund neun Kilometer von "Ground Zero" entfernt
© akg-images / LOS ALAMOS NATIONAL LABORATORY/SCIENCE PHOTO LIBRARY

Die entscheidenden Durchbrüche gelingen dem "Manhattan-Projekt" schließlich im Frühsommer 1945. Deutschland hat bereits am 8. Mai kapituliert, der Krieg in Europa ist zu Ende. Obwohl die Rechtfertigung für die Forschung an Atomwaffen damit wegfällt, gehen die Arbeiten an dem Projekt weiter.

Mehr noch: Am 16. Juni unterschreibt Oppenheimer ein Memorandum, in dem er und weitere Wissenschaftler dem US-Kriegsminister "den sofortigen Einsatz von Atomwaffen" empfehlen. Der Einsatz der Bombe, so formulieren die Wissenschaftler, werde "die internationalen Beziehungen insofern verbessern, als die Beteiligten sich mehr um die Verhinderung eines Krieges kümmern werden." Sprich: ein massenhafter Tod als Mahnung für den Frieden.

Ein Monat später sind der Physiker und sein Team am Ziel: Am 16. Juli gelingt in New Mexico der erste Test einer Atombombe. Kurz darauf trifft sich Oppenheimer mit hochrangigen Militärs, um Anweisungen für den Bombenabwurf über Japan zu geben. Er rät, die Bombe in geringer Höhe zu zünden, "sonst richtet sie nicht so viel Schaden an".

Am 6. August lässt ein US-Bomber die erste Atombombe über Hiroshima fallen. In Los Alamos verbreiten Lautsprecher die Nachricht: "Achtung, Achtung. Eine unserer Einheiten ist soeben auf Japan abgeworfen worden." Abends kommen Wissenschaftler und Militärs in einem Hörsaal zusammen. Oppenheimer bahnt sich einen Weg durch die Menge, klettert auf ein Podium und brüstet sich mit seinem Erfolg: Es sei zu früh, genau festzustellen, welche Wirkung die Bombe hatte, aber er sei sicher, dass die Japaner sie nicht mochten. Am 14. August kapituliert der Kaiser in Tokio.

Doch Oppenheimers anfängliche Euphorie schlägt schnell in tiefe Verunsicherung um. Zeitgenossen beschreiben ihn bald als "Nervenwrack". Der US-Wirtschaftsminister notiert nach einem Treffen: "Noch nie habe ich einen Menschen in einem so extrem nervösen Zustand erlebt wie Oppenheimer. Offenbar hat er das Gefühl, dass die Vernichtung der ganzen Menschheit bevorsteht." Und gegenüber US-Präsident Truman mutmaßt der Wissenschaftler düster: "Ich glaube, ich habe Blut an meinen Händen."

Bald verdammt Oppenheimer auch in der Öffentlichkeit die "furchtbare Superwaffe, die die Welt auf einen Schlag tiefgreifend verändert hat und die nach allen Maßstäben, mit denen wir aufgewachsen sind, etwas Böses ist". Der Macher wird jetzt zum Mahner, warnt vor einem atomaren Wettrüsten mit Russland, fordert, die Atomtechnologie unter internationale Kontrolle zu stellen. Stattdessen aber fahren die USA die Produktion von Atombomben hoch: Mehr als 70.000 solcher Waffen werden US-Regierungen in den folgenden Jahrzehnten bauen lassen.

Oppenheimer wird als sowjetischer Spion verleumdet

Als US-Präsident Truman 1950 auch noch grünes Licht für die Entwicklung der noch zerstörerischen Wasserstoffbombe gibt, ist Oppenheimer entsetzt. Gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern verdammt er die Bombe als "Waffe für den Völkermord".

In Regierungskreisen sorgt Oppenheimer mit seinen Äußerungen für Unruhe. Sein schärfster Kritiker wird der Republikaner Lewis Strauss, ab 1953 Vorsitzender der Atomenergiekommission AEC, in der Oppenheimer als Regierungsberater fungiert. Für Strauss ist der Physiker ein "General, der nicht kämpfen will". Er will Oppenheimer politisch ausschalten – und diffamiert ihn als sowjetischen Spion und Kommunisten, der sogar einige seiner Genossen beim "Manhattan-Projekt" untergebracht habe.

Zwar hat Oppenheimer in den 1930er Jahren tatsächlich mit der Kommunistischen Partei sympathisiert und Geld gespendet. Auch Verwandte, Freunde und enge Kollegen haben sich für die Organisation engagiert. Dennoch kann das FBI trotz jahrelanger Beschattung und Abhörung seiner Telefongespräche keinen einzigen Beweis dafür vorlegen, dass Oppenheimer Geheiminformationen weitergegeben hätte oder ihn als Kommunist überführen.

Trotzdem erklärt ein Untersuchungsausschuss 1954 Oppenheimer zu einem Sicherheitsrisiko. Er verliert seine Unbedenklichkeitsbescheinigung – und damit nicht nur den Zugang zu geheimen Regierungsinformationen, sondern auch seinen politischen Einfluss. In der Hysterie zu Beginn des Kalten Krieges wird der gefeierte Physiker "zum prominentesten Opfer des amerikanischen Kreuzzugs gegen den Kommunismus", wie Kai Bird und Martin J. Sherwin in ihrer Biographie schreiben.

Robert Oppenheimer erklärt an einer Tafel Gleichungen
Der Erklärer: Robert Oppenheimer galt als scharfsinnig, aber auch überheblich. 1942 übernahm er die wissenschaftliche Leitung des Manhattan-Projekts
© Everett Collection / imago images

Den Physiker trifft die Demütigung schwer. Zwar kommentiert er die Bespitzelung durch das FBI trocken: "Die Regierung hat mehr dafür ausgegeben, mein Telefon abzuhören, als sie mir je in Los Alamos gezahlt hat." Seine Freunde aber bemerken, wie sehr ihn die Anhörungen mitgenommen haben: "In gewisser Weise haben sie ihn umgebracht", sagt ein Weggefährte. Ein anderer stellt fest, Oppenheimer sei danach ein "trauriger Mann gewesen, sein Geist war gebrochen".

Selbst nachdem Oppenheimer seine Unbedenklichkeitsbescheinigung verloren hat, beschattet das FBI ihn weiter. Der Geheimdienst fürchtet sogar, der Physiker könne sich per U-Boot in die Sowjetunion absetzen – so weit reicht die Paranoia.

Seine entscheidende Mitarbeit am "Manhattan-Projekt" verfolgt Oppenheimer bis an sein Lebensende. Dennoch weigert er sich, Verantwortung für dessen Folgen zu übernehmen: "Ich bedaure es nicht, dass ich etwas mit dem technischen Erfolg der Atombombe zu tun hatte", behauptet er 1960. "Ich will nicht sagen, dass ich mich nicht schlecht fühle; aber ich fühle mich heute Abend nicht schlechter als gestern Abend."

Oppenheimer stirbt am 18. Februar 1967 mit 62 Jahren, gezeichnet vom Kampf gegen Kehlkopfkrebs. Seine Unbedenklichkeitserklärung wird er schließlich wieder zurückerhalten: Im Dezember 2022 hebt das US-Energieministerium die Entscheidung der Untersuchungskommission aus dem Jahr 1954 auf – 55 Jahre nach Oppenheimers Tod.

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