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Tag der Liebe Die Geschichte des Valentinstags: Als todgeweihte Märtyrer und stolze Ritter die Liebe entdeckten

Eine mittelalterliche Buchmalerei zeigt zwei einander zugeneigte Menschen unter einem Baum
Im ritterlichen Mittelalter wird – neben der Gottesliebe – auch die erotische Liebe zum Ideal. In dieser Zeit verknüpft der englische Dichter Geoffrey Chaucer das sehnsüchtige Werben der Verliebten mit dem Gedenken an den Heiligen Valentin (mittelalterliche Buchmalerei aus dem Codex Menasse, um 1320)
© Universitätsbibliothek Heidelberg
Der 14. Februar steht für ein Fest der Liebe – aber auch für überbordenden modernen Kommerz. Dabei gehen die Wurzeln des Valentinstags weit zurück – in eine Zeit der Märtyrer und mittelalterlichen Poeten

Ein Mann träumt. In seinem Traum betritt er einen Garten, dessen Tor schon mit seiner Inschrift die allerhöchsten Erwartungen weckt: "Durch mich geht man zum Orte voller Wonnen". Dahinter grünende und blühende Pflanzen, singende Vögel. Und unter einem Baum: Amor, der Gott der Liebe, höchstpersönlich. Er schmiedet Pfeil um Pfeil, um sie später in entflammte Herzen zu schießen.

Überhaupt die Vögel: Überall finden sich vor den Augen des staunenden Mannes nun gefiederte Paare zusammen, schließen sich in die Flügel, ranken die Hälse umeinander, singen zu Ehren eines Heiligen: "Sankt Valentin, du bist der Hochgestellte, für Dich die Vögel dieses Lied beginnen."

Geoffrey Chaucer, der diesen merkwürdigen Traum um 1380 in Versen niedergeschrieben hat, war vieles in seinem Leben: Soldat und Diener, Höfling, Diplomat und Beamter. Aber seine Leidenschaft war das Dichten, damit wurde er einer der bedeutendsten Schriftsteller Englands. Ganz speziell an Chaucer ist allerdings noch etwas anderes: Mit seinem traumhaft-paradiesisch anmutenden Gedicht "Parlament der Vögel" gilt er als Urvater des Valentinstags. Denn er war vermutlich der Erste, der jene betörende Mischung von Zutaten zusammenrührte: Frühling, Verheißung, Wonne, Liebe, Harmonie – und den Namen eines Heiligen.

Die Ursprünge des Valentinstags liegen im ersten Jahrtausend

Die Geschichte des Valentinstages beginnt eigentlich sogar noch viel früher und vor allem nebulös. Gläubige erzählen sich in der Spätantike gleich mehrere Geschichten über christliche Märtyrer namens Valentin. Einmal ist es ein Bischof aus Mittelitalien, der um 270 n. Chr. gegen die Order des noch nicht christianisierten römischen Kaisers junge Paare traut, um den Männern so den Kriegsdienst zu ersparen – und dieses Verhalten mit seinem Leben bezahlt. 

Alte Darstellung des bärtigen Kopfes des Heiligen Valentin
Ein Geistlicher namens Valentin (oben) stirbt um 270 n. Chr. im Römischen Reich den Märtyrertod, hingerichtet, weil er vermutlich heimlich Paare traute. Später wird er heilig gesprochen und erhält einen Gedenktag: den 14. Februar
© Svabo / Alamy Stock Photo

Ein andermal geht es um einen Geistlichen in Rom, der – wegen seines Glaubens eingekerkert – in der Haft die Tochter des Gefängniswärters von Blindheit heilt und ihr einen Brief mit der Notiz "von Deinem Valentin" zusteckt.

Menschliche Zuneigung ist bei beiden Geschichten im Spiel sowie die Bereitschaft für den Glauben zu leiden und zu sterben. Wegen Letzterem spricht ein Papst etwa 200 Jahre später einen dieser Valentine – welchen genau, ist heute nicht mehr zu klären – heilig und widmet ihm, wie dabei üblich, einen Gedenktag: den 14. Februar. Einer Theorie zufolge ersetzt der Papst damit ein ihm verhasstes, etwas anzügliches heidnisches Fruchtbarkeitsfest, bei dem sich Paare per Los zusammenfinden.

Mit den Rittern kam das Schmachten

Jahrhunderte vergehen, das Mittelalter kommt, an den europäischen Höfen verbreitetet sich die Kultur der Ritter, zu der Tugenden wie Tapferkeit, Disziplin und Freigebigkeit gehören, aber auch ein neues Ideal des Begehrens. Nicht mehr nur die religiöse Nächstenliebe oder die Gottesliebe gilt nun als erstrebenswert, sondern auch weltliche und erotische Zuneigung. Minnesänger schmachten in ihren Versen, inszenieren wortreich ihr Liebeswerben um eine Angebetete.

Englische Valentinspostkarte von 1912, verziert mit Engeln und Herzen
Besonders in England wird der Valentinsbrauch in der Neuzeit extrem populär. Ab dem 19. Jahrhundert drucken Verleger üppig gestaltetet Postkarten (hier ein Exemplar von 1912), mit denen sich romantische Grüße besonders leicht versenden lassen
© Quagga Media UG / akg-images

An dieses neue Bild des Amourösen knüpft im 14. Jahrhundert wohl auch der Engländer Chaucer mit seinem Vogelgedicht an. Sehr wahrscheinlich handelt es sich um eine Allegorie; die turtelnden Vögel stehen für das Anbandeln von Menschen, möglicherweise sogar ganz konkret: Chaucer bezieht sich, so vermutet man, verklausuliert auf die damalige Hochzeit des englischen Königs Richard II. mit der Adeligen Anna von Böhmen.

So oder so: Die Brücke zwischen dem Gedenktag an einen spätantiken Märtyrer und der romantischen Liebe hat Chaucer damit geschlagen.

Bald schon wird es in höfischen Kreisen zwischen Männern und Frauen üblich, sich am 14. Februar poetische Zeilen zu widmen; manchmal verbinden sich auch ledige Partner an diesem Tag zu einer einjährigen Beziehung, die freundschaftlich und keusch die Chance auf eine spätere Hochzeit ausloten soll.

Liebesgrüße zum Valentinstag wie vom Fließband

Immer beliebter wird der Valentinsbrauch vor allem in England, sickert allmählich von der Aristokratie in die bürgerlichen Kreise. Wem es schwerfällt eigene Worte der Anbetung zu ersinnen, kann um 1800 im "Young Man’s Valentine Writer" eines findigen Verlegers Vorschläge für die passenden Sprüche finden. Und die maschinelle Serienproduktion, die die Industrialisierung mit sich bringt, macht auch vor den Liebesbotschaften nicht halt: Gedruckte Valentinskarten erreichen jetzt die Adressaten. Weniger persönlich, dafür – auch weil der Postversand günstiger wird – in immer gewaltigerer Zahl. 

Amerikanische und britische Besatzungssoldaten tanzen mit Frauen im Sommer 1945 in Berlin
Nach Deutschland kommt der Tag der Liebe durch die Besatzungssoldaten nach dem Zweiten Weltkrieg – hier ein Tanzvergnügen in Berlin im Sommer 1945. Vor allem amerikanische GIs kennen die Tradition von zuhause
© United_Archives / TopFoto / picture-alliance

Ein Reigen von wiederkehrenden Symbolen ziert die Pappkärtchen: Herzen, als Sitz der Gefühle, Amor und Vögel, wie einst bei Chaucer. Auch für den Austausch von kleinen Aufmerksamkeiten hält die Industrie mittlerweile einiges bereit. Der Schokoladenhersteller Cadbury etwa bietet um 1870 eigens gestaltete Konfektschachteln für die Liebesbotschaften an.

Der Weg des Rituals nimmt nun eine Schleife. Wandert mit Reisenden und Migranten von Großbritannien in die USA, bekommt dort noch einen weiteren Schub, wird zum ersten hochkommerzialisierten Festtag. Auch erweitert sich der Kreis der Bedachten: gute Freunde, sogar Verwandte erhalten Geschenke.    

Mit den GIs der US-amerikanischen Besatzungstruppen erreicht der Valentinstag erst spät Deutschland. Im Jahr 1950 veranstalten Einheimische in Nürnberg den ersten "Valentinsball". Und es ist nicht nur das Bedürfnis nach Romantik, das im trümmervollen Nachkriegsdeutschland verfängt, sondern auch die Aussicht auf Profit.  

Ein Mann zieht im Jahr 1951 Blumen an einem Automaten
Blumen werden zum liebsten Valentinsgeschenk der Deutschen. Auch weil die Händler in Zeiten des Wirtschaftswunders ihre blühende Ware geschickt vermarkten, etwa mit Automaten wie diesem von 1951
© akg-images

Gerade rechtzeitig zum Beginn des Wirtschaftswunders bewerben Blumenhändler und Pralinenfabrikanten ihre Waren mit Nachdruck als das perfekte Valentinsgeschenk. Der Versand "Fleurop" verzeichnet in dieser Zeit hohe zweistellige Wachstumsraten – und trägt dazu bei, dass in Deutschland gerade Sträuße zu den beliebtesten Liebesgaben zählen. Hunderte Tonnen von Blumen werden auch heute noch zum Valentinstag importiert.    

Es ist wie das moderne Echo jenes blühenden Gartens, den einst der Besucher betrat, im mittelalterlichen Traumgedicht von Geoffrey Chaucer.

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