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Tag für alle Mütter Anna Jarvis erfand den Muttertag – und wollte ihn wieder abschaffen

Doppelporträt: Anna Jarvis mit Hut sowie ein Mädchen, das eine Muttertagskarte schreibt
Anna Jarvis (l., 1864-1948) gilt als Begründerin des modernen Muttertags
© Corbis Historical/Getty Images, picture alliance / AP
Am 12. Mai ist Muttertag. Der Ehrentag geht auf die US-Amerikanerin Anna Jarvis zurück: Anfang des 20. Jahrhunderts kämpfte sie erst jahrelang für die Einführung des Muttertages – und dann für dessen Abschaffung

Und, haben Sie dran gedacht? Ist der Blumenstrauß vorbereitet, liegen die Pralinen bereit, oder eine Grußkarte? Am 12. Mai ist wieder Muttertag, wie an jedem zweiten Sonntag im Mai – und das schon seit mehr als 100 Jahren.

Zu verdanken haben wir den Ehrentag aller Mütter der US-Amerikanerin Anna Jarvis: Deren Mutter Ann Reeves Jarvis setzte sich im 19. Jahrhundert ihr Leben lang für andere Mütter ein. Um die damals hohe Säuglings- und Kindersterblichkeitsrate zu senken, gab sie in ihrer Kirchengemeinde im US-Bundesstaat West Virginia etwa Gesundheits- und Hygienekurse. Bereits Ann Reeves Jarvis hatte die Idee, einen Tag zu Ehren der Mütter einzuführen – und betete als gläubige Christin für einen solchen Tag. Allein: Sie starb am 9. Mai 1905, bevor ein Muttertag eingeführt worden war.

Für Anna Jarvis waren Blumenhändler "Banditen"

Ihre Tochter Anna Jarvis wollte den größten Wunsch ihrer verstorbenen Mutter erfüllen: Bereits 1906, zum ersten Todestag, brachte sie ihre Kirchengemeinde dazu, eine kleine Gedenkfeier für ihre Mutter abzuhalten. Daraus entwickelten sich schnell offizielle Gedenkfeiern für alle Mütter – stets am zweiten Mai-Sonntag, weil dieser Sonntag dem Todestag von Jarvis‘ Mutter am nächsten kam. Bei den Feiern verteilte Jarvis weiße Nelken an die Gäste, die Lieblingsblumen ihrer Mutter (wohl auch ein Grund dafür, warum wir noch heute Blumen zum Muttertag verschenken).

Mit Zeitungsartikeln und Briefen an Politiker warb Jarvis kräftig für den Ehrentag. Tatsächlich verbreitete sich die Muttertags-Bewegung von West Virginia aus und erreichte schließlich oberste Regierungskreise: 1914 erklärte US-Präsident Woodrow Wilson den Muttertag zum nationalen Feiertag. Schon bald entwickelte sich der Tag zu einem gesellschaftlichen Ereignis.

Seine eigentliche Begründerin, Anna Jarvis, war über diese Entwicklung allerdings alles andere als erfreut: Schon bald kämpfte sie für die Abschaffung des Muttertags. Denn Blumenhändler, Süßwarenhersteller und Grußkartenproduzenten hatten den Tag für sich entdeckt. Jarvis verglich die Unternehmer mit "Banditen" und "Scharlatanen", die mit ihrer Gier nach Umsatz die Muttertags-Bewegung untergraben würde. In Jarvis‘ Augen sollte am Muttertag nicht das Geschäftemachen im Vordergrund stehen, sondern das Gedenken und die Solidarität.

In den 1920er-Jahren rief Jarvis dazu auf, Blumenhändler zu boykottieren und gar keine Blumen mehr zu kaufen. Auch gedruckten Grußkarten konnte sie nichts abgewinnen. Diese bedeuteten "nichts anderes, als dass Du zu faul bist, der Frau einen Brief zu schreiben, die mehr für dich getan hat als irgendjemand sonst auf der Welt", befand Jarvis. Pralinen lehnte sie mit dem Hinweis ab, dass Kinder den Großteil der Schachtel selbst aufessen würden. Materielle Geschenke seien keine wirkliche Würdigung der Mutter.

In ihrem Kampf gegen den Ehrentag ging Jarvis so weit, Muttertags-Events zu stören – wofür sie kurzzeitig verhaftet wurde. Außerdem startete sie Unterschriftenkampagnen für die Abschaffung des Muttertags, wenngleich erfolglos. Am Ende resignierte sie. "Das ist das Paradoxe in meinem Leben. Mein größter Erfolg ist auch meine größte Niederlage", sagte Jarvis. 1948 starb sie in Pennsylvania.

Nach Deutschland kam der Muttertag 1923 – er wurde ausgerechnet vom "Verband Deutscher Blumengeschäftsinhaber" aus den USA importiert. Die Nationalsozialisten haben ihn schließlich für ihre Propaganda missbraucht: 1934 erklärten sie den Muttertag zum nationalen Feiertag, um besonders kinderreiche Mütter als Heldinnen zu feiern. Sie sollten für das Fortbestehen der "Ahnenreihe des deutschen Blutes" sorgen. Mit der ursprünglichen Muttertags-Idee von Anne Jarvis aber hatte dieser Muttertag der Nazis nichts mehr gemein.

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