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Herztransplantation Studie: Neues Verfahren erhöht die Zahl möglicher Spenderherzen

Herztransplantation
Ärztinnen und Ärzte führen eine Herztransplantation durch
© Akarawut / Adobe Stock
Bislang galten nur Herzen von hirntoten Menschen als geeignet für die Transplantation. Mit einem neuen Verfahren lassen sich nun auch Organe von Herztoten aufbereiten – und somit geschätzt 30 Prozent mehr Leben retten

Allein in den USA sterben täglich 17 herzkranke Menschen, weil sie kein Spenderorgan erhalten. In Deutschland stehen derzeit 699 Menschen auf der Warteliste für ein neues Herz. Seit Jahren suchen Medizinerinnen und Mediziner weltweit nach Lösungen, um den Betroffenen zu helfen. Jetzt ist ihnen ein Durchbruch gelungen: Forschende mehrerer US-Kliniken haben in einer Studie gezeigt, dass auch die Herzen von Herztoten erfolgreich transplantiert werden können. Wie sie im New England Journal of Medicine berichten, war die Überlebensrate danach genauso hoch wie bei transplantierten Herzen, die von Hirntoten stammten.

Sollte sich die Methode durchsetzen, könnte das die Zahl der verfügbaren Spenderherzen um 30 Prozent oder mehr erhöhen, schätzt Dr. Jacob Schroder von der Duke University School of Medicine gegenüber der Nachrichtenagentur AP. Er leitete die Studie.

Lange glaubte man, dass Sauerstoffmangel dem Spenderherz schade

Normalerweise werden nur Herzen von Menschen transplantiert, die für hirntot erklärt wurden. Das Herz schlägt bis zur Entnahme weiter und wird bis zuletzt mit sauerstoffreichem Blut versorgt. Anschließend wird das Herz mit einer speziellen Flüssigkeit gespült und in einer Kühlbox sofort zum Empfänger transportiert. Diese Methode galt bisher als die sicherste.

Sind die Spender*innen hingegen an einem Herz-Kreislauf-Stillstand gestorben, etwa weil Angehörige nach einem schweren Unfall entschieden haben, die Lebenserhaltung abschalten zu lassen, hört das Herz sofort auf zu schlagen. Es wird dann bis zur Entnahme nicht mit Sauerstoff versorgt. Dieser kurzzeitige Sauerstoffmangel kann das Herz schädigen - so dachte man lange Zeit.

Die Überlebensrate war hoch - unabhängig davon, woher das Herz stammte

In der Studie haben die Ärzt*innen 80 Herzen, die sie Herztoten entnommen hatten, an ein Gerät namens "Organ Care System Heart" angeschlossen. Das Gerät pumpt erwärmtes Blut und Nährstoffe durch das Herz und reanimiert es. Die Herzen wurden anschließend den Empfänger*innen eingesetzt. Der Hersteller des Geräts, TransMedics, finanzierte die Studie. Als Kontrolle wurden 86 Herzen von hirntoten Menschen entnommen, nach dem Standardverfahren gekühlt und transplantiert.

Das Ergebnis: In der Versuchsgruppe überlebten 94 Prozent der Empfänger*innen nach sechs Monaten, in der Kontrollgruppe 90 Prozent. Allerdings kam es in der Versuchsgruppe in den ersten 24 Stunden doppelt so häufig zu einer sogenannten "primären Graft Dysfunktion". Das bedeutet, dass in mindestens einer Herzkammer innerhalb der ersten 24 Stunden schwere Funktionsstörungen auftraten. Aber: Nur in der Kontrollgruppe waren die Komplikationen bei zwei Menschen so schwerwiegend, dass sie erneut transplantiert werden mussten.

Herzkranke könnten bessere Chancen auf eine Transplantation bekommen

Schon früher war es gelungen, Herzen von Verstorbenen zu transplantieren. Allerdings handelte es sich dabei überwiegend um Einzelfälle oder es wurde nur an einzelnen medizinischen Einrichtungen praktiziert. Ein direkter Vergleich mit dem Standardverfahren fehlte, weshalb nur wenige Kliniken das Verfahren anwendeten. An dieser Studie waren nun mehrere medizinische Zentren beteiligt und durch die relativ große Anzahl der Probanden war ein direkter Vergleich möglich. Das Ergebnis legt nahe, dass die Methode funktioniert und genauso sicher ist wie das Standardverfahren.

Die Studie könnte dazu beitragen, das Verfahren in deutlich mehr Kliniken zu etablieren und mehr Menschen zu helfen. Das wäre eine gute Nachricht für  Betroffene. Denn andere Lösungen, an denen parallel geforscht wird, sind noch weit von einer medizinischen Zulassung entfernt. Zum Beispiel die Xenotransplantation. Erst im vergangenen Jahr wurde einem 57-jährigen Mann in Baltimore das Herz eines genveränderten Schweins eingesetzt. Nach nur zwei Monaten starb er. Offenbar war das Verfahren noch nicht ausgereift. Und bis Herzen im Labor künstlich gezüchtet werden können, dürfte es noch länger dauern.

Viele Befürworter, aber kaum Organspendeausweise

Was Betroffenen schon heute helfen könnte: Wenn mehr Menschen ihre Bereitschaft zur Organspende erklären würden, sei es durch einen Organspendeausweis, den man immer bei sich trägt, sei es durch eine Patientenverfügung oder eine klare Willensbekundung gegenüber Angehörigen. Obwohl laut einer Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung 84 Prozent der Bevölkerung der Organspende positiv gegenüberstehen, hat nur etwa die Hälfte nach eigenen Angaben einen Organspendeausweis.

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