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Wissenschaft Fossil-Auswertungen zeigen: Gorgosaurus-Babys jagten ihre Beute selbst

Von wegen harmlos! Bereits die Jungtiere des Gorgosaurus gingen auf die Jagd 
Von wegen harmlos! Bereits die Jungtiere des Gorgosaurus gingen auf die Jagd 
© Julius Csotonyi / Royal Tyrrell Museum of Palaeontology
Knabberten kleine Tyrannosaurier an dem herum, was ihre Eltern und andere Gruppenmitglieder erbeuteten? Der Mageninhalt eines Exemplars stützt eine andere Theorie: Die Jungtiere gingen wohl selbst auf Beutefang. Und hatten dabei ganz andere Arten im Blick als ihre Eltern.

Tyrannosauridae waren große, fleischfressende Dinosaurier, die gegen Ende der Kreidezeit vor etwa 80 bis 66 Millionen Jahren die Ökosysteme Asiens und Nordamerikas dominierten. Als Babies waren die meisten Exemplare nur etwa einen Meter lang. Manche von ihnen wuchsen jedoch zu bis zu zwölf Meter langen und sechs Tonnen schweren Kolossen heran, wie ein Forschungsteam vom kanadischen Royal Tyrrell Museum im Fachjournal "Science Advances" erläutert. 

Die Körperproportionen der Tyrannosauridae veränderten sich im Zuge dieses Wachstums deutlich: von grazil mit schmalem Schädel und schlanken Hinterbeinen zu ausgesprochen wuchtig. Zunächst waren ihre Zähne klingenartig, dann wurden sie groß und kantig – ideal zum Knochenbrechen. Forschende hatten deshalb bereits die Theorie entwickelt, dass sich mit dem Heranwachsen zum Megajäger auch das Beutespektrum veränderte. Direkte fossile Hinweise darauf fehlten jedoch.

Im Magen des Jungtiers war seine letzte Mahlzeit gut erhalten: zwei wesentlich kleinere Dinosaurier

Das kanadische Forschungsteam untersuchte nun die außergewöhnlich gut erhaltenen Überreste eines jungen Tyrannosauriden der Art Gorgosaurus libratus. Mit rund 330 Kilogramm habe er nur etwa ein Achtel eines ausgewachsenen Exemplars gewogen. Das in der Dinosaur Park Formation in Alberta ausgegrabene Tier lebte demnach vor etwa 75,3 Millionen Jahren und war fünf bis sieben Jahre alt, als es starb.

In seinem Magen seien die letzten, kurz vorm Tod verschlungenen Mahlzeiten noch deutlich auszumachen: Hinterbeine zweier wesentlich kleinerer Dinosaurier. Auch von heute lebenden Fleischfressern und Krokodilen würden die muskulösen Hinterbeine und die Eingeweide in der Regel zuerst verzehrt, hieß es dazu.

Gorgosaurus-Fossil
Im Magen des untersuchten Jungtiers fanden die Forschenden die Hinterbeine zweier kleiner Dinosaurier 
© Royal Tyrrell Museum of Palaeontology

Der Analyse zufolge handelt es sich bei der Beute um sogenannte Caenagnathidae der Art Citipes elegans, die jeweils im Alter von weniger als einem Jahr und kurz hintereinander ihr Ende fanden. Die vogelähnlichen, wahrscheinlich gefiederten Dinosaurier gelten als Pflanzen- und Allesfresser. Die beiden erbeuteten Jungtiere hätten neun bis zwölf Kilogramm gewogen.

Weil ein erwachsener Gorgosaurus sich mit derlei winziger Beute kaum abgegeben hätte, schließen die Forschenden, dass das Jungtier selbst erfolgreich auf die Jagd ging und nicht etwa darauf wartete, von den Großen seiner Gruppe etwas abzubekommen. Auch bei vielen modernen großen Reptilien wie Krokodilen und Komodowaranen gingen die Jungtiere selbst auf Beutefang.

Diese Erkenntnis bedeute auch, dass Gorgosaurus und wahrscheinlich auch andere Tyrannosauridae wie Tyrannosaurus rex im Laufe ihres Lebens wohl mehrere ökologische Nischen besetzten. In der Jugend widmeten sie sich anderen, kleineren Arten als in späteren Jahren, wenn sie zu gigantischen Spitzenräubern herangewachsen waren und die mehr als eine Tonne wiegenden Mega-Planzenfresser-Dinos ihrer Zeit attackierten.

In der Jugend andere Beutetiere zu nutzen als erwachsene Verwandte habe einen entscheidenden Vorteil, erläuterte Therrien: Innerartliche Konkurrenz zwischen Jung und Alt um Nahrungsressourcen werde vermieden. Junge Oviraptorosaurier wie Citipes habe es wahrscheinlich in großer Zahl als potenzielle Beute für kleine Tyrannosauridae gegeben, da ein Gelege solcher Dinos mehr als 30 Eier enthalten konnte.
 

dpa

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