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Medizin Neue Forschung: Gentechnik soll helfen, Malaria-Mücken zu bekämpfen

Anopheles-Mücke saugt sich mit Blut voll
Nur die weiblichen Anopheles-Mücken stechen, wodurch sie den Erreger der Malaria übertragen können. Ein Forschungsteam hat nun eine Methode entwickelt, um die Mückenpopulation zu verringern
© dblumenberg / Adobe Stock
Rund 600.000 Menschen sterben jedes Jahr an Malaria. Forschende haben deshalb der Mücke, die die tödliche Krankheit überträgt, den Kampf angesagt. Eine neue Methode könnte die Populationen dezimieren

Ein neu entwickelter gentechnischer Ansatz soll helfen, die von Stechmücken übertragene Malaria zu bekämpfen. Dabei wird ein Gen ausgeschaltet, das weibliche Mücken der Art Anopheles gambiae zum Überleben brauchen, wie ein Forschungsteam im Fachjournal Science Advances berichtet. Weibliche Mücken sterben dadurch bereits im Larvenstadium, während die männlichen Nachkommen das für Weibchen tödliche Gen bei der Paarung weitergeben.

Computersimulationen legen nahe, dass eine Mückenpopulation auf diese Weise um mehr als 90 Prozent reduziert werden kann, wie das Team um Omar Akbari von der University of California San Diego in La Jolla (Kalifornien, USA) berichtet.

Nur weibliche Mücken stechen – sie sollen getötet werden

Bei Malaria wird ein Krankheitserreger aus der Gruppe sogenannter Plasmodien durch den Stich weiblicher Anopheles-Mücken übertragen. Die Krankheit ist vor allem in den Tropen und Subtropen verbreitet, wo nach Angaben des Robert-Koch-Instituts jährlich rund 200 Millionen Menschen erkranken. Etwa 600.000 Menschen sterben jedes Jahr daran, drei Viertel davon sind Kinder unter fünf Jahren.

Ein kürzlich entdecktes Gen in Anopheles-Mücken bot Akbaris Team die Möglichkeit für einen neuen Ansatz: "Femaleless" (FLE) ist ein Gen, das für die frühe Entwicklung der Mückenweibchen sehr wichtig ist. Das Team schleuste zwei Gensequenzen in das Erbgut von Anopheles gambiae-Mücken ein: Die eine Sequenz (gFLE) kodiert eine so genannte Guide-RNA, die das Enzym Cas9 zum Code des FLE-Gens führt, die andere kodiert Cas9, das Enzym der Genschere Crispr/Cas, das FLE zerschneiden und damit funktionsunfähig machen kann.

Wenn das Forschungsteam ein Männchen mit gFLE mit einem Weibchen mit Cas9 kreuzte, trug ein Teil der Nachkommen sowohl gFLE als auch Cas9 in seinen Genen. In diesem Fall starben alle weiblichen Larven, weil Cas9 das FLE-Gen zerschnitt. Die Männchen blieben fortpflanzungsfähig und konnten die Genkombination mit gFLE und Cas9 an die nächsten Generationen weitergeben. Die Autor*innen der Studie nennen ihre Methode "Ifegenia", nach der Figur der Iphigenie aus der griechischen Mythologie, die von ihrem Vater Agamemnon geopfert werden sollte.

Veränderte Gene sollen von selbst wieder verschwinden

"Anhand von Modellrechnungen zeigen wir, dass die wiederholte Freisetzung von nicht stechenden Ifegenia-Männchen ein effektives, begrenzbares, kontrollierbares und sicheres System zur Unterdrückung und Eliminierung der Population sein kann", schreib Akbaris Team. Die künstlich eingeführten Gene verbreiten sich über den normalen Vererbungsprozess. Da die Gene für ihre Träger einen evolutionären Nachteil darstellen, werden sie früher oder später aus einer Population verschwinden, sind die Forschenden überzeugt. Anders als bei der alternativ erforschten Gene-Drive-Methode, bei der alle Nachkommen ein verändertes Gen erben.

Werner Schenkel vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sieht in der vorgestellten Methode ein mögliches weiteres Instrument zur Bekämpfung von Krankheiten, die durch einen Vektor – in diesem Fall eine Stechmücke –übertragen werden. Ob sich die Methode in der Praxis anwenden lässt, müssen weitere Tests zeigen. In jedem Fall sei vor der Freisetzung transgener Organismen eine gründliche Sicherheitsbewertung notwendig, betonte Schenkel.

Mit Ifegenia könnten etablierte Verfahren mit sterilen Männchen nun möglicherweise auch bei Anopheles gambiae effektiv eingesetzt werden, da die Methode rein männliche Populationen erzeugt. "Bisher ist es meist sehr aufwendig, männliche und weibliche Insekten zu trennen, um Männchen für die Sterilisation zu erhalten", erklärte Schenkel. Wenn sich sterilisierte Männchen mit Weibchen paaren, gibt es keine Nachkommen und die Population schrumpft.

Stefan Parsch, dpa

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