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Kroatien Brijuni - Eine beschauliche Entdeckung in der Adria

Fazana - Stadt auf der Inselgruppe Brijuni
Von Fažana an der Küste Istriens ist eine Überfahrt auf die Inselgruppe und zum Nationalpark Brijuni möglich
© xbrchx / Fotolia
Urzeit, Römer, Kalter Krieg: Eine Tour zum kroatischen Adria-Archipel führt in längst vergangene Epochen – und in eine beschauliche Welt abseits des Massentourismus

Die Zeitreise gibt es für gerade einmal 220 Kuna. So viel kosten Fähre und Eintritt in den Nationalpark des Brijuni-Archipels. Los geht’s vom beschaulichen Fischerort Fažana an der Küste Istriens. Die Fähre nimmt Kurs auf die Hauptinsel Veliki Brijun, italienisch Brioni. Wie grüne Smaragde blitzen die Inseln in der blauen Adria. Die umgerechnet 29 Euro sind gut investiertes Geld, schließlich führt die Überfahrt zurück in die Zeit des Kalten Krieges, als auf den mit Macchia und Wäldern überzogenen Inseln Weltpolitik gemacht wurde. Als Gegenpol zu West und Ost formten dort 1956 die Staatschefs von Jugoslawien, Indien und Ägypten – Tito, Nehru und Nasser – die Bewegung der blockfreien Staaten. Und mehr als 30 Jahre lang empfing Tito hier in seiner Sommerresidenz Politiker und Filmstars.

Ankommen auf dem Adria-Archipel

Heute ist auf dem einst abgeschirmten Eiland jedermann willkommen, besonders jene, die sich gern in vergangene Zeiten versetzen. Denn neben restaurierter Belle-Époque-Pracht gibt es römische Villen zu bestaunen und sogar Spuren von Dinosauriern. In die Fußstapfen eines dreizehigen Riesenreptils trete ich gleich bei der Ankunft an der Hafenmole. Rund 200 Dino-Abdrücke finden sich auf dem Archipel, allein 60 auf Veliki Brijuns nördlichem Kap Vrbanj. Erst mal aber geht’s von der Urzeit zurück in die Zukunft, ich halte in der Belle Époque – und beim 1902 erbauten Alten Bootshaus. 1893 hatte der österreichische Industrielle Paul Kupelwieser genug vom Dreck und Lärm seiner Witkowitzer Eisenwerke. Er schmiss den Job als Generaldirektor und kaufte die Brioni-Inseln, um dort ein Luxusresort zu bauen; ein Treffpunkt für den europäischen Hoch- und Geldadel sollte es werden. Die Malaria allerdings bedrohte die Pläne. Da engagierte Kupelwieser einen Freund, den Arzt Robert Koch. Der spätere Nobelpreisträger rottete die Blutsauger aus. Und der Weg war frei für Nobelhotels, Villen, einen Golfplatz, ein Zoogehege, das der Hamburger Carl Hagenbeck anlegte – und ein für die damalige Zeit revolutionäres Hallenbad mit warmem Meerwasser.

Fischförmige Insel im Brijuni Nationalpark
Die Inselgruppe Brijuni besteht aus 14 einzelnen Inseln und steht insgesamt unter Naturschutz
© mauritius images / Goran Šafarek / Alamy

Brijuni und Tito

Eine interaktive Ausstellung im Bootshaus informiert über die Geschichte der Inselwelt und ihrer Besucher. So weilte Thomas Mann 1911 auf Brijuni, 1914 auch Österreichs Erzherzog Franz Ferdinand – kurz bevor er in Sarajevo ermordet wurde. Der Erste Weltkrieg und der Zusammenbruch von Österreich-Ungarn setzten dem Luxusrefugium zu, schließlich brachte die Weltwirtschaftskrise Anfang der 1930er-Jahre das Hotel erneut ins Trudeln. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann die Epoche Titos. Sein blaugrün schillernder Cadillac Eldorado, Baujahr 1953, parkt in Hafennähe in einer gläsernen Garage. Ich könnte den Schlitten mieten, für 10 000 Kuna die Stunde, umgerechnet 1345 Euro. »Aber nur mit Fahrer, das machen Hochzeitspaare zuweilen«, sagt Bonita Jurman, die mich – dann doch lieber zu Fuß – in die Tito-Ausstellung in einer naheliegenden ehemaligen Villa begleitet. Leicht vergilbte Fotos erzählen, wie Josip Broz, genannt Tito, von 1947 bis zu seinem Tod 1980 auf Brijuni Hof hielt: Tito im Boot mit Ho Chi Minh, Tito im Golfwagen mit Sophia Loren und Carlo Ponti, Tito mit Liz Taylor und Richard Burton, mit der Queen und Willy Brandt. Die Villen, in denen Tito seine Gäste empfing, werden heute von der kroatischen Regierung für Staatsempfänge genutzt. Titos privates Sommerhaus liegt auf der gesperrten Insel Vanga, Besucher brachten ihm exotische Tiere als Gastgeschenke mit, ausgestopfte Löwen, Bären und Schneehasen. Sie verstauben jetzt im Untergeschoss der Ausstellung auf der Hauptinsel Veliki Brijun.

Auf Safari mitten in der Adria

Ein Geschenk allerdings ist noch ziemlich munter: die Elefantendame Lanka. Indira Ghandi hatte sie einst Tito geschenkt. Sie lebt in einem – etwas hochtrabend Safaripark genannten – Tiergehege, neben Zebras, Lamas und Eseln. Auch einen Kakadu namens Koki gibt es. Den hatte Tito seiner Enkeltochter Aleksandra geschenkt. Wenn der Vogel gut gelaunt ist, krächzt er angeblich »Hallo Tito«. Mir gegenüber hält er den Schnabel. Den Safari-Park steuert ein Touristenbähnchen an. Gemächlicher und intensiver kann man die Insel zu Fuß oder mit dem Fahrrad erkunden, zum Beispiel den von Kupelwieser angelegten Landschaftspark: Neben Wanderwegen schlagen Pfauen ihr Rad, am Himmel ziehen Seeschwalben Kreise, nachts tauchen aus verlassenen Steinbrüchen Fledermäuse auf. Auch mehr als 1000 Stück Damwild soll es geben, hatte mir Führerin Bonita Jurman erzählt. Sie muss es wissen – ihr Mann ist Nationalpark-Ranger. Als natürliche Rasenmäher halten die Tiere die parkartigen Grünflächen kurz. Uralte Steineichen spenden Schatten, vom knorrigen etwa 1600 Jahre alten Olivenbaum werden noch immer jährlich rund 30 Kilo Oliven geerntet. Die Früchte bauten auch die Römer schon hier an, sie errichteten auch längs der Bucht Verige eine prunkvolle Villa mit Thermen, Fischteich und Venustempel. Die Ruinen lassen erahnen, wie luxuriös im 1. Jahrhundert n. Chr. das Leben hier gewesen sein muss. An einer einsamen Bucht an der Westküste genieße ich die Sonne und bin froh darüber, dass alle Pläne, Veliki Brijuni zu einem modernen Urlaubsresort zu machen, bisher Papier geblieben sind. Der Herrenschneider Brioni hatte auf dem Archipel investieren wollen, schließlich ist die Firma nach den Inseln benannt. Auch Hotelkonzerne hatten ihre Fühler ausgestreckt. Alle aber schreckten zurück angesichts der Naturschutzauflagen.

Überbleibsel der römischen Zeit auf Veli Brijun
Ruinen des byzantinischen Kastells auf der Hauptinsel Veliki Brijun
© erikzunec / Fotolia

Ausgesuchte Unterkünfte auf der Inselgruppe

Wer nur zu einer eintägigen Zeitreise nach Veliki Brijun übersetzen will, findet in Fažana nahe dem Fähranleger im Boutiquehotel Villetta Phasiana eine komfortable Unterkunft (DZ/F ab 90 €). Ihren ganzen Zauber entfaltet die Insel aber erst nach mehreren Tagen vor Ort. Inzwischen modernisiert, aber im Inneren teils immer noch vom dunkel getäfelten Stil der sozialistischen Jahre geprägt, sind die Hotels Neptun und Istra auf Veliki Brijun. Für Hotelgäste gibt es ein Strandbad mit Beachbar, für Erkundungstouren können Fahrräder geliehen werden (DZ/F ab 80 €). Unmittelbar am Meer, im südöstlichen Teil der Insel, liegen die ebenfalls über den Nationalpark zu mietenden Villen Lovorka, Primorka und Dubrovka, die viel Platz für vier bis acht Personen bieten.

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