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Nach Überflutung Anpassungsprofis: Haie lebten 17 Jahre lang in Golfplatz-See

Der Bullenhai lebt in wärmeren Küstengebieten vor Afrika, Australien, Asien und Amerika. Er bevorzugt das flache Wasser in Ufernähe und im Mündungsgebiet von Flüssen - und dringt in Flüssen mitunter bis weit ins Landesinnere vor
Der Bullenhai lebt in wärmeren Küstengebieten vor Afrika, Australien, Asien und Amerika. Er bevorzugt das flache Wasser in Ufernähe und im Mündungsgebiet von Flüssen - und dringt in Flüssen mitunter bis weit ins Landesinnere vor
© adobe Stock/studio5050
Nach einem Unwetter wurden Haie in den See eines australischen Golfplatzes gespült – und lebten dort fast zwanzig Jahre. In einer Studie hat ein Wissenschaftler den Fall nun genauer untersucht und Erstaunliches über die Anpassungsfähigkeit der Bullenhaie herausgefunden

Kaum ein Hai ist so anpassungsfähig wie der Bullenhai (Carcharhinus leucas): Schwankungen im Salzgehalt lassen ihn so unbeeindruckt, dass er sich sogar in Brackwasser, Lagunen und Flussmündungen wohlfühlt – wo es immer wieder zu Zusammenstößen mit Menschen kommt.  Wie weit die Anpassungsfähigkeit des Bullenhais wirklich geht, zeigt ein Fall aus Australien. Dort lebten sechs Bullenhaie mindestens 17 Jahre lang in einem Süßwassersee – mitten auf einem Golfplatz.

Grund für den ungewöhnlichen Lebensraumwechsel der Haie war ein Unwetter im Jahr 1996. Damals wurde das Gebiet um den Carbrook Golf Club in der Nähe der Stadt Brisbane so stark überflutet, dass sechs junge Bullenhaie aus einem nahe gelegenen Fluss auf den Golfplatz geschwemmt wurden. Als das Wasser zurückging, saßen die Haie fest. Ihr neues Zuhause: Ein Süßwassersee gleich neben Loch 14.

Dort kamen die Tiere erstaunlich gut zurecht. Im See fanden sie genügend kleinere Fische als Nahrung, ab und zu fütterten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Golfplatzes die Haie auch mit Fleisch. Und: Die Haie überlebten im reinen Süßwasser nicht nur kurzfristig, sondern jahrelang. Bis mindestens 2013 lebten sie im See - ganze 17 Jahre. 

Der Logan River schlängelt sich um den Golfplatz - und überflutet ihn in regelmäßigen Abständen
Der Logan River schlängelt sich um den Golfplatz - und überflutet ihn in regelmäßigen Abständen
© Peter Gausmann/ OpenStreetMap and Bingmap

Dann kam die nächste Flut, die theoretisch zu einem Austausch der Haipopulation geführt haben könnte. "Das ist die längste ununterbrochene Zeit in einer salzarmen Umgebung, die jemals für diese Art registriert wurde", schreibt Peter Gausmann von der Ruhr-Universität Bochum in einer aktuellen Studie, die im Fachmagazin "Marine and Fisheries Science" veröffentlicht wurde.

Überflutungen könnten Bullenhaie häufiger in Seen spülen

Der Geograph und Haiforscher schließt aus dem Fall in Australien und zwei weiteren Fällen an anderen Orten, dass der Bullenhai physiologisch in der Lage ist, einen großen Teil seines Lebens in Süß- und Brackwasserhabitaten zu verbringen - und umgekehrt auch an Orten mit deutlich höherem Salzgehalt als im Meerwasser. Schließlich entsprechen die nachgewiesenen 17 Jahre im Golfplatz-See mehr als der Hälfte der Lebenserwartung freilebender Bullenhaie, die 29 bis 32 Jahre alt werden können. 

Die Tiere konnten überleben, weil der Bullenhai über eine angepasste Osmoregulation verfügt, mit der er seinen Salz- und Wasserhaushalt regulieren kann. Bei den meisten anderen Haiarten würde sich der innere Salzgehalt verdünnen, wenn sie ins Süßwasser schwämmen – das ist tödlich. Beim Bullenhai hingegen passt sich der Stoffwechsel der Nieren kontinuierlich an, wenn er vom salzigen Meerwasser in das Süßwasser eines Flusses schwimmt. Weniger Salze werden dann aus dem Blut gefiltert und stattdessen im Körper recycelt.

Da mit dem Klimawandel die Gefahr von Extremwetterereignissen und Überschwemmungen zunimmt, vermuten Forschende, dass sich Bullenhaie künftig häufiger in Seen, Teiche und Gewässer verirren könnten, in denen sie eigentlich nicht vermutet werden. Das wäre nicht nur für Menschen eine gefährliche Überraschung, sondern mitunter auch für die Bullenhaie selbst - nämlich dann, wenn sie in einen Teich gespült werden, der wieder austrocknet oder zu wenig Nahrung bietet.

ftk

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