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Seltene Blaufärbung "Wie die Perlen in Bubble Tea": Nano-Struktur von Rochenhaut entschlüsselt

Egal von wo aus man den Blaupunktrochen betrachtet: Seine Flecken sehen immer gleich strahlend blau aus
Egal von wo aus man den Blaupunktrochen betrachtet: Seine Flecken sehen immer gleich strahlend blau aus
© Rolf von Riedmatten / picture alliance
Während andere Rochen farblich eher langweilig daherkommen, zeigt der Blaupunktrochen ein auffälliges Muster. Dabei sehen die Punkte immer gleich brillant aus, egal von wo aus man sie betrachtet. Forschende haben jetzt herausgefunden, welcher raffinierte Mechanismus dahinter steckt

Blau ist nicht gleich blau. Die Evolution hat verschiedene Möglichkeiten hervorgebracht, wie Farben erzeugt werden können: durch selektive Absorption von Licht durch Pigmente, durch winzig kleine Strukturen, die das Licht streuen, oder auch durch eine Kombination von beidem. Erstmals sind nun die Nanostrukturen beschrieben worden, die die Haut des Blaupunktrochens (Taeniura lymma) so seltsam blau leuchtend erscheinen lassen. Dieses Wissen könne auch für die Herstellung neuartiger Farben verwendet werden, schreibt das Forschungsteam im Fachblatt "Advanced Optical Materials".

Das Team um Venkata Surapaneni und Mason Dean von der City University in Hongkong nahm für die Untersuchung Gewebeproben toter Rochen, sowohl von blauer als auch von nicht-blauer Haut. Außerdem wurde die Haut eines lebenden Blaupunktrochens in einem Aquarium bei sehr niedrigem Wasserstand spektroskopisch vermessen. Hilfe bei der Analyse erhielt das Team vom Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam.

Immer gleich blau, egal von wo man schaut

"Wenn man in der Natur Blau sieht, kann man fast sicher sein, dass es von Gewebe-Nanostrukturen und nicht von Pigmenten erzeugt wird", erklärt Dean. Dabei gehe es nicht nur um die Anordnung der Strukturen, sondern auch um die Substanzen. Blaupunktrochen fand das Forschungsteam besonders interessant, weil die Farbe sich – im Gegensatz zu den meisten anderen Strukturfarben – nicht verändert, wenn man sie aus verschiedenen Winkeln betrachtet.

Bei der Untersuchung der Rochenhaut wurde Mikro-Computertomographie (micro-CT), Rasterelektronenmikroskopie (SEM) und Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) eingesetzt. Damit sind Abbildungen mit extrem hoher Auflösung möglich, im Nanometerbereich oder sogar noch darunter.

Zwei Zelltypen arbeiten zusammen

"Wir haben herausgefunden, dass die blaue Farbe von einzigartigen Hautzellen erzeugt wird, welche eine stabilen 3D-Anordnung von Kugeln in Nanometer-Größe haben, die reflektierende Nanokristalle enthalten", erklärte Erstautor Surapaneni, "wie Perlen in einem Bubble Tea". Surapaneni, der jetzt Gastwissenschaftler am Trinity College Dublin ist, führte aus: "Da die Größe der Nanostrukturen und ihre Abstände praktischerweise ein Vielfaches der Wellenlänge des blauen Lichts sind, reflektieren sie speziell blaue Wellenlängen."

Genau diese Anordnung der Kugeln führt laut Studie dazu, dass das Blau immer gleich erscheint, egal von wo aus man die Haut betrachtet. "Eine dicke, melaninhaltige Schicht unter den farbproduzierenden Zellen absorbiert alle anderen Farben, was zu einer extrem hellen blauen Haut führt", so Dean. Beide Zelltypen zusammen seien also nötig, um die Farbe zu erzeugen.

Schon zuvor waren Biologen davon ausgegangen, dass die blaue Färbung den Rochen bei der Tarnung hilft. Das Forschungsteam stützt diese Theorie. "Im Wasser dringt Blau tiefer ein als jede andere Farbe und hilft den Tieren, mit ihrer Umgebung zu verschmelzen", sagt Dean. Die hellblauen Hautflecken der Stachelrochen könnten besondere Vorteile bei der Tarnung bieten, "wenn das Tier schwimmt oder schnell mit wellenförmigen Flügeln manövriert".

Idee für Farben mit Nanostrukturen

Das Forschungsteam sieht die Möglichkeit, dass die Farbindustrie sich etwas von den Rochen abschaut. Nach dem gleichen Prinzip könnten pigmentfreie Farben hergestellt werden, die keine Chemikalien enthalten. Diese könnten zum Beispiel in Textilien, flexiblen Bildschirmen und Sensoren eingesetzt werden.

Auch andere Meerestiere weisen ungewöhnliche Blautöne auf - und sind somit für die Erforscher natürlicher Farben interessant. Eine weitere Publikation soll sich mit anderen Rochen sowie dem Blauhai (Prionace glauca) beschäftigen. "Vorläufige Ergebnisse zeigen, dass sich dessen Färbungsmechanismus von dem des Rochens unterscheidet – aber genau wie beim Rochen müssen wir verschiedene Kombinationen feiner Bildgebungsinstrumente ausprobieren und mehrere verwandte Disziplinen in der Optik, Material- und Biowissenschaft berücksichtigen", erklärte Viktoriia Kamska von der City University in Hongkong.

dpa

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