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Mysteriöses Naturphänomen Nach jahrzehntelanger Suche: Rätsel der Feenkreise gelöst

Ein typischer Feenkreis am Kamberg, den die Forscher zur Regenzeit 2024 untersuchten
Ein typischer Feenkreis in der Wüste Namib: Die bis zu 80 Zentimeter hohen Horstgräser am Rand nutzen die Niederschläge in der Regenzeit zuerst und haben aufgrund ihrer Größe einen enormen Konkurrenzvorteil gegenüber Jungpflanzen in der Mitte
© Stephan Getzin /University of Göttingen
Seit langem suchen Forschende weltweit nach einer Erklärung für kreisrund wachsende Gräser am Rand von Wüsten. Nun ist einem deutsch-israelischen Team offenbar der Durchbruch gelungen

Sie sind ebenso faszinierend wie rätselhaft: Seit Jahrzehnten versuchen Wissenschaftler, das Geheimnis von Feenkreisen zu ergründen. Solche kreisförmigen, vegetationslosen Stellen von vier bis acht Metern Durchmesser, die von Gras umgeben sind, sind vor allem aus Namibia bekannt, wurden aber auch im Westen Australiens entdeckt. Über die Ursachen des Phänomens, das nur in trockenen Regionen vorkommt, kursieren verschiedene Theorien: Demnach sollen etwa Termiten oder aber bestimmte Eigenschaften von Boden, Vegetation und Klima dafür verantwortlich sein.

In einer neuen Studie erhärtet ein deutsch-israelisches Forscherteam nun den Verdacht, dass physikalische Eigenschaften des Bodens die kreisrunden Strukturen erklären könnten. Demnach ist es die Trockenheit des Bodens innerhalb des Kreises, die das Wachstum von jungen Gräsern verhindert. Der Oberboden, also die obersten 10 bis 12 Zentimeter des Bodens, bilden offenbar eine Art "Todeszone" für pflanzliches Leben: Schon 10 bis 20 Tage nach dem Ende der Regenzeit vertrocknen die jungen Pflanzen.

Im Feenkreis vertrocknete Graspflanze, 19 Tage nach dem Ende der Regenzeit: Die Wurzel ist zu kurz, um die feuchteren Bodenschichten unterhalb der "Todeszone" zu erreichen
Im Feenkreis vertrocknete Graspflanze, 19 Tage nach dem Ende der Regenzeit: Die Wurzel ist zu kurz, um die feuchteren Bodenschichten unterhalb der "Todeszone" zu erreichen
© Stephan Getzin /University of Göttingen

Für die Studie untersuchten die Wissenschaftler in vier Regionen der Namib-Wüste 500 einzelne Graspflanzen, maßen Wurzel- und Blattlängen, führten statistischen Tests durch und verglichen Fotodokumentationen. Zusätzlich führten sie Hunderte Messungen der Bodenfeuchte während und nach der Regenzeit 2023 und 2024 durch.

Dabei zeigte sich, dass der Oberboden nicht nur schnell austrocknet; seine Feuchtigkeit ist selbst während der Regenzeit drei- bis viermal geringer als in einer Tiefe von 20 Zentimetern. Zum Nachteil für die jungen Gräser: Mit ihren rund 10 Zentimeter langen Wurzeln reichen sie einfach nicht tief genug. Während die großen, horstartig gewachsenen Graspflanzen am Rand des Feenkreises bis in Tiefen von 20 bis 30 Zentimeter vordringen, haben die Jungpflanzen im Inneren das Nachsehen. "Da sie über ihre kleinen Blätter nur wenig Wasser durch Verdunstung abgeben, ist ihre Saugkraft zu gering, um neues Wasser aus tieferen Bodenschichten aufzunehmen", erklärt der Erstautor der Studie, Stephan Getzin von der Universität Göttingen.

Graspflanzen am Rand des Kreises reagieren auf Wasserstress

Die eigentliche Ursache des Absterbens der jungen Gräser sieht Getzin aber in der physikalischen Leitfähigkeit des Bodens: In den ersten 20 Tagen nach dem Abklingen des Regens ist sie besonders im Oberboden hoch und nimmt mit zunehmender Tiefe ab. Die Horstgräser saugen also vor allem das oberflächennahe Wasser aus dem Feenkreis ab – und lassen so die Junggräser absterben.

Auf diese Weise können die älteren Pflanzen am Rand des Feenkreises sich maximal mit Wasser versorgen. "Diese Selbstorganisation kann als Schwarmintelligenz bezeichnet werden", erklären Getzin und sein Kollege Hezi Yizhaq in einer Presseerklärung. Sie sei eine systematische Anpassung an Ressourcenmangel in Trockengebieten.

Feenkreise, hier im Namib-Naukluft National Park, bilden gemusterte Landschaften aus gleichmäßig verteilten Kreisen. Der Grund ist eine optimale Nutzung der knappen Ressource Wasser
Feenkreise, hier im Namib-Naukluft National Park, bilden gemusterte Landschaften aus gleichmäßig verteilten Kreisen. Der Grund ist eine optimale Nutzung der knappen Ressource Wasser
© demerzel21 / Adobe Stock

Damit ist die konkurrierende Hypothese, dass unterirdisch fressende Termiten für das Absterben der Jungen Graspflanzen verantwortlich sein sollen, wohl vom Tisch. Denn Fraßspuren oder andere Indizien fanden Getzin und seine Kollegen nicht.

Frühere Studie spürte Feenkreise aus dem All auf

Erst 2023 hatte ein spanisches Forschungsteam eine globale Bestandsaufnahme zum Phänomen der Feenkreise vorgelegt, das demnach wesentlich weiter verbreitet ist als bisher bekannt. Dafür untersuchte das Team rund 575.000 Satellitenbilder mithilfe künstlicher Intelligenz gezielt auf solche vegetationslosen Strukturen. Insgesamt entdeckte die Gruppe Feenkreis-ähnliche Muster in 263 verschiedenen Arealen in 15 Ländern auf drei Kontinenten. Dazu zählen neben Namibia gleich mehrere Regionen Australiens, außerdem der Sahel und der westliche Rand der Sahara, das Horn vom Afrika sowie das nördliche Saudi-Arabien, Kasachstan und Madagaskar.

Stephan Getzin hatte damals kritisiert, dass die Studie den Begriff "Feenkreise" verwässere. Feenkreise seien nicht irgendwelche regelmäßig angeordneten Vegetationslücken, sondern sie bildeten sehr gleichmäßig geordnete Gitter – etwa in Bezug auf die Abstände zueinander. Diese besondere Gleichmäßigkeit – im Fachjargon räumliche Periodizität genannt – gebe es nur in Namibia und im Westen von Australien, nicht aber in den anderen Regionen, die in der Studie genannt würden.

Einigkeit gibt es unter den Forschenden darüber, dass Klimafaktoren eine große Rolle spielen. Laut Getzin sind "Feenkreise Ausdruck dafür, dass für eine kontinuierliche Grasdecke nicht genügend Wasser vorhanden ist." Die gar nicht märchenhaften Strukturen dürften also in einer wärmeren und trockeneren Welt häufiger werden.

Mit dpa

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