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Hirnforschung Darum wirken Naturgeräusche so entspannend

Natur, Entspannung
Die Natur beeinflusst auf vielerlei Weise unsere mentalen Effekte: durch die frische Luft, die körperliche Bewegung, das viele Grün … Doch ein Effekt wurde in der wissenschaftlichen Forschung oft unterschätzt, nämlich die Geräuschkulisse
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Woran liegt es, dass wir uns in der Natur so gut entspannen können. Die Antwort dafür liefert der Neurobiologe Henning Beck

Fragt man Menschen, wo sie sich gut entspannen können und ihnen neue Ideen kommen, hört man immer wieder: unter der Dusche. Ähnlich oft wird jedoch ein weitaus weniger künstlicher Ort genannt, nämlich draußen in der Natur, beim Sport, an der frischen Luft. Offenbar hat ein natürlich-biologisches Umfeld einen besonderen Effekt auf unser Gehirn: Es entspannt uns, baut Stress ab und legt so die Grundlage für Wohlbefinden und gute Ideen – und das alles auf einmal und gratis noch dazu!

Die Natur beeinflusst auf vielerlei Weise unsere mentalen Effekte: durch die frische Luft, die körperliche Bewegung, das viele Grün … Doch ein Effekt wurde in der wissenschaftlichen Forschung oft unterschätzt, nämlich die Geräuschkulisse. Dabei weiß doch jeder, wie entspannend ein lustiges Vogelgezwitscher sein kann (solange es sich nicht um zwei nervige Elstern handelt) oder wie beruhigend das Meeresrauschen wirkt. Dieser Effekt ist auch im Gehirn messbar, denn wir organisieren unsere Denkvorgänge neu, wenn wir biologischen Tönen lauschen.

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Um das zu untersuchen, spielte man Testpersonen im Hirnscanner verschiedene Geräuschkulissen vor. Je nachdem, ob die Klänge eher künstlichen oder natürlichen Ursprungs waren, änderte sich die Funktion einer Hirnregion, die man Grundeinstellungsnetzwerk nennt. Dieses Netzwerk ist immer dann aktiv, wenn wir uns entspannen und mit den Gedanken umherwandern. Vogelgezwitscher & Co. führten dazu, dass diese Region so aktiviert wurde, dass man die angenehmen äußeren Geräusche tatsächlich zur Stressreduktion nutzen konnte. Obendrein schnitt man in Aufmerksamkeitstests besser ab als unter Einfluss künstlicher Geräusche. Denn Letztere veränderten die Gehirnaktivität derart, dass man sich plötzlich mehr auf sich selbst konzentrierte – dadurch weniger aufmerksam war und nicht so gut Stress abbaute.

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Naturgeräusche haben also gleich drei Effekte auf einmal: Sie scheinen unser Gehirn so zu aktivieren, dass wir unseren Gedanken freien Lauf lassen können, aufmerksamer sind und gleichzeitig Stress abbauen. Doch außerdem stellte sich in der Studie heraus: Der stressreduzierende Effekt durch eine natürliche Geräuschkulisse trat vor allem dann auf, wenn die Probanden vorher besonders gestresst waren. Wer sich entspannt untersuchen ließ, für den waren Naturgeräusche sogar eher stressig, was man durch den Anstieg der Herzfrequenz feststellte. Anders gesagt: Entspannung ist immer relativ – und wer möglichst viel Stress reduzieren möchte, sollte erst mal auch viel Stress haben.

Ein Grund mehr, beim Sport in freier Wildbahn auf Kopfhörer und die neueste Fitnessmusik zu verzichten. Vielleicht ist es besser, auf seinen eigenen Atem zu hören, so keuchend und unästhetisch er auch ist. Der ist zwar auch menschengemacht – aber wahrscheinlich inspirierender als die allermeisten Popsongs.

GEO NR. 08/2017 - Lob der Unvernunft

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