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Antike Lebenshilfe Gedanken eines römischen Kaisers: Was uns Marc Aurel über ein glückliches Leben lehrt

Frau mit Glitzer im Gesicht lacht
Marc Aurels Leitsätze können auch den Menschen heute noch helfen, ein glückliches Leben zu führen
© Hinterhaus Productions / Getty Images
Der römische Kaiser Marc Aurel regierte vor rund 1900 Jahren nicht nur ein Weltreich, er machte sich auch kluge Gedanken über das Menschsein. Seine zehn Leitsätze für einen gutes Leben helfen auch im modernen Alltag 

Auf der Bestseller-Liste zu stehen, ist für einen Autor ein großer Erfolg – umso mehr, wenn das Buch rund 1900 Jahre alt ist und der Verfasser selbst schon lange nicht mehr lebt. Dem römischen Kaiser Marc Aurel (121 – 180 n. Chr.) ist dieses Kunststück gelungen. Seit Jahrhunderten spenden seine „Selbstbetrachtungen“ den Menschen Trost, zu seinen Bewunderern zählt Altkanzler Helmut Schmidt genauso wie der Preußenkönig Friedrich der Große. Bei Online-Händlern gehört das Werk zu den beliebtesten philosophischen Büchern überhaupt. Aber warum?

Weil Marc Aurels 487 Aphorismen – eigentlich Botschaften des Kaisers an sich selbst – auch uns Nachgeborenen noch etwa zu sagen haben. Sie versuchen Antworten auf uralte Fragen zu geben: Welchen Sinn hat meine Existenz? Wie gehe ich mit meiner Sterblichkeit um? Wie kann ich glücklich sein? Wie werde ich ein besserer Mensch?

Reiterstatue Marc Aurel, Kapitolsplatz, Rom, Latium, Italien, Europa
Weiser Herrscher: Auf dem Kapitolsplatz in Rom grüßt Kaiser Marc Aurel noch heute die Passanten. Sein Reiterstandbild zählt zu den berühmtesten Skulpturen der Kunstgeschichte
© Raimund Kutter / imageBROKER / picture alliance

Marc Aurel war beides: Kaiser und Philosoph. Er war der letzte große Vertreter der Stoa – einer um 300 v. Chr. im antiken Athen entstanden Denkrichtung, die dem sterblichen Menschen helfen sollte, seinen Platz im großen Ganzen, in der kosmischen Weltordnung, zu finden. Der Schlüssel zum Glück, so die Stoiker, waren die vier Kardinaltugenden: die Weisheit, die Tapferkeit, die Mäßigung und die Gerechtigkeit.

Gelassen und gütig, dankbar und achtsam

Der Kaiser hatte allen Grund, nach seelischem Halt zu fahnden. Als er im Jahr 161 n. Chr. die Herrschaft über das Römische Reich übernahm, neigte sich das Goldene Zeitalter des Imperiums seinem Ende zu, sah sich Marc Aurel bald gewaltigen Herausforderungen gegenüber. Nach Jahrzehnten der Stabilität bedrängten Barbarenstämme die Grenzen des Reiches, vor allem an der Donau. Kein Kaiser verbrachte mehr Zeit an der Front als Marc Aurel.

Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – nahm er sich auch im Feldlager die Zeit zu schreiben. Versuchte, sich seinen Reim auf die großen Fragen der menschlichen Existenz zu machen.

Das Ergebnis sind diese Leitsätze für ein gutes Leben, die der Althistoriker und Marc-Aurel-Biograph Alexander Demandt aus den Selbstbetrachtungen des Herrschers herausdestilliert hat. 

1. Kümmere dich um das, was in deiner Macht steht. Gräme dich nicht über Unabänderliches und Unerreichbares. Bleibe gelassen!

2. Lass alles, was war, und alles, was kommt, dahingestellt. Nur die Gegenwart steht zur Verfügung. 

3. Nicht die Dinge, sondern die Auffassung von ihnen bestimmen dein Leben. Meinungen sind machbar. Bilde dir deine eigene Meinung!

4. Gehorche deiner inneren Stimme und lass dich nicht verführen durch äußere Güter.

5. Prüfe alles und entscheide selbst. Gib nichts auf Lob und Tadel, nichts auf das Urteil der Nachwelt. Aber lass dich belehren, wenn die Vernunft es gebietet.

6. Handle stets zum Besten der Menschheit, um selbst ein besserer Mensch zu werden! Mit Güte bezwingst du auch den Unverschämten.

7. Ärgere dich nicht über Missstände, sondern suche, sie zu beheben. Den Mitmenschen zürne nicht, ertrage oder belehre sie! Bedenke, dass auch Du Fehler hast!

8. Bewahre dir ein Gefühl der Dankbarkeit für das, was dir von Gott oder der Natur gegeben ist, zumal die Vernunft und die Freiheit der Gedanken.

9. Bedenke, dass alles sich wandelt; die Dinge lösen sich auf, der Stoff aber bleibt erhalten so wie die formende Kraft, die aus ihm stets Neues erzeugt.

10. Erkenne im Tod einen Teil der Weltordnung, wann immer er eintritt, fürchte ihn nicht! Bleibe heiter! 

Gelassen und gütig, dankbar und achtsam wollte Marc Aurel also durchs Leben gehen. Es ist zweifelhaft, dass er, der Kaiser, der Kriege führen musste und dessen Beruf die Machtpolitik war, diesen idealen Zielen immer treu geblieben ist. Und doch: Sein ehrliches Bemühen um ein gutes Leben kann man nur bewundern. 

Selbst noch in den letzten Tagen seines Lebens hielt sich der Kaiser an die eigenen Regeln. „Wenn Du daran gehindert wirst, vernünftig zu handeln und das Leben dir nicht länger lebenswert erscheint, so beende es!“, soll Marc Aurel einmal gesagt haben. Im Jahr 180, der Kaiser führte gerade wieder Krieg an der Donau, erkrankte er schwer. Als Marc Aurel im römischen Militärlager Vindobona, dem heutigen Wien, mehrere Tage lang daniedergelegen hatte, hörte er auf zu essen und zu trinken - um das eigene Sterben zu beschleunigen.

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