Anzeige

Gefährliche Keime Fermentiertes kann antibiotikaresistente Bakterien enthalten

Kimchi in einer Schüssel
Kimchi wird meist aus fermentiertem Kohl hergestellt und gilt als gesund. Allerdings können sich bei der Fermentation auch antibiotikaresistente Keime vermehren
© Magdalena Bujak / Alamy Stock Photo
Fermentiertes wie Sauerkraut, Kimchi oder Käse ist gesund und bekömmlich. Eigentlich. Doch nun haben US-Forschende eine alarmierende Entdeckung gemacht: Einige Produkte, ob in Manufakturen oder zu Hause hergestellt, enthalten antibiotikaresistente Keime. Wie kommen sie da rein, und was heißt das für Verbraucher?

Immer mehr Menschen experimentieren zu Hause mit Fermentation, einer alten Kulturtechnik, bei der Lebensmittel mithilfe von Mikroorganismen veredelt werden. Doch Forschende um Hua Wang von der Ohio State University, USA, warnen in einer kürzlich als Preprint veröffentlichten Studie vor antibiotikaresistenten Keimen in Fermentiertem.

In ihrer Studie untersuchten sie zehn Sorten Kimchi (mit Salz und Gewürzen fermentiertes Gemüse) und vier Sorten traditionell hergestellten Käse. Die Lebensmittel hatten sie zuvor in lokalen Geschäften und asiatischen Restaurants in Ohio gekauft.

Antibiotikaresistente Bakterien in gesundheitsbedenklichen Mengen

Was sie entdeckten, klingt besorgniserregend: In neun Kimchisorten und allen vier Käsesorten fanden Wang und ihr Team antibiotikaresistente Bakterien in gesundheitsbedenklicher Menge. Darunter wiesen auch einige Milchsäurebakterien, die für die Fermentation unabdingbar sind und sich beim Fermentieren stark vermehren, Antibiotikaresistenzen auf.

Zudem setzten die Forschenden selbst Fermente mit Starterkulturen an: Auch darin fanden sich entsprechende Bakterien, wie Wang dem New Scientist berichtet. Vermutlich seien sie über das verwendete rohe Gemüse oder kontaminiertes Wasser in das Ferment gelangt und hätten sich während der Fermentation weiter vermehrt.

Hierzulande warnte das Bundesinstitut für Risikobewertung BfR bereits 2018 davor, dass antibiotikaresistente Keime in Gülle, Klärschlamm, Boden und Gewässern vorkommen und dadurch auch vermehrt auf rohes Obst und Gemüse gelangen können.

Ko-Autor Matthias Klein sieht eine weitere Quelle für Verunreinigungen in den Starterkulturen, die mitunter zugesetzt werden, um die Fermentation zu verbessern. Die großen Anbieter testeten ihre Starterkulturen zwar meist auf Schadkeime und Antibiotikaresistenzen, so Klein. "Kleinere Anbieter verwenden aber tendenziell häufiger eigene Starterkulturen, die leider nicht so genau getestet werden." Wer selbst fermentiert und sichergehen will, sollte das Gemüse gründlich waschen und erhitzen und möglichst geprüfte Starterkulturen verwenden, rät Klein.

Fermentiertes nach einer Antibiotikakur? Keine gute Idee

Besonders problematisch sind antibiotikaresistente Bakterien in Fermentiertem für Menschen mit geschwächtem Immunsystem. Wenn solche Bakterien den Darm angreifen oder durch Verletzungen der Darmschleimhaut in die Blutbahn gelangen und eine Sepsis auslösen, sind diese Infektionen schwer zu behandeln. Möglicherweise verlaufen sie sogar lebensbedrohlich.

Ebenfalls bedenklich ist, dass Menschen nach einer Antibiotikakur oft gezielt fermentierte Lebensmittel konsumieren. Der Gedanke dahinter: Das von Bakterien wimmelnde Ferment soll das dezimierte Darmmikrobiom wiederbeleben. Schließlich sind die in Fermentiertem reichlich vorhandenen Milchsäurebakterien für eine intakte Darmflora unerlässlich. Und tatsächlich zeigen Studien, dass sich Fermentiertes positiv auf die Vielfalt des Darmmikrobioms auswirkt.

Eine Antibiotikakur kann jedoch für antibiotikaresistente Bakterien geradezu eine Einladung sein, sich im ausgedünnten Dickdarm anzusiedeln und zu vermehren. Hinzu kommt: Bakterien können Antibiotikaresistenzen womöglich sogar zwischen verschiedenen Spezies weitergeben. "Dieser Vorgang kann sich übrigens nach dem Verzehr solcher Lebensmittel fortsetzen – im menschlichen Verdauungstrakt. Dort besteht dann die Gefahr, dass Resistenz-Gene an krankmachende Bakterien übertragen werden", erläutert Klein.

Vorsicht ist auch bei Rohmilchkäse geboten

Die erneute Auswertung einer vorherigen Studie aus den USA zeigt, dass derartige Sorgen durchaus berechtigt sind. In der Studie wurden 36 Erwachsene gebeten, sich entweder pflanzenbetont zu ernähren oder überwiegend fermentierte Lebensmittel zu essen. Nach zehn Wochen wiesen diejenigen, die viel fermentierte Lebensmittel gegessen hatten, eine deutlich höhere Menge Genmaterial von antibiotikaresistenten Bakterien in ihrem Stuhl auf. Bei den Pflanzenköstlern hatte sich in dieser Hinsicht nichts verändert.

Sollte man also auf Käse und Kimchi besser verzichten? Tatsächlich empfiehlt sich für Risikopersonen, etwa Schwangere, Rohmilchkäse zu meiden. Denn dieser kann mit unterschiedlichsten Stallkeimen belastet sein. Es gibt jedoch viele unbedenkliche Käsesorten, die aus pasteurisierter Milch hergestellt werden. Sie enthält keine Bakterien mehr. Für die Käsereifung werden Bakterienkulturen erneut hinzugefügt, die bei großen Anbietern in der Regel auf antibiotikaresistente Keime geprüft wurden, wie die Forschenden schreiben.

Pasteurisiertes Kimchi ist unbedenklich

Auch Kimchi ist in pasteurisierter Form erhältlich. Allerdings wird es meist erst nach der Fermentation pasteurisiert, um eine längere Haltbarkeit zu gewährleisten. Dadurch enthält es keine Bakterien mehr und kann das Mikrobiom nicht mehr bereichern. Gleichwohl kann es den im Darm bereits vorhandenen nützlichen Bakterien als Nahrung dienen.

Wang nimmt an, dass auch andere auf traditionelle Art fermentierte Produkte wie Sauerkraut oder Kombucha von Antibiotikaresistenzen betroffen sein könnten, sofern diese nicht pasteurisiert wurden. Und selbst wenn der Verzehr von belasteten Lebensmitteln gesunde Menschen nicht unmittelbar krank macht – so trägt er doch zur weiteren Verbreitung von Antibiotikaresistenzen bei.

Dieser potenziellen Gefahr steht der gesundheitsfördernde Nutzen des Verzehrs fermentierter Produkte gegenüber. Klein rät daher zur Abwägung im Einzelfall: "Ich würde auf jeden Fall weiterhin fermentierte Produkte empfehlen, aber gefährdete Menschen sollten zur Zeit eher auf Produkte von großen Anbietern zurückgreifen."

Das Grundproblem liegt nicht bei Käse oder Kimchi

Bei all dem sollte auch eines nicht vergessen werden: Die bewährte Kulturtechnik des Kimchi- oder Käsemachens ist nicht die Wurzel des Übels. Unser eigener verschwenderischer Umgang mit Antibiotika, insbesondere in der Massentierhaltung, hat das Problem der zunehmenden Resistenzen erst groß gemacht.

Und sollten sich die Studienergebnisse auch hierzulande und anhand einer größeren Zahl von Stichproben erhärten, könnte es so Manchen von uns auch noch die Lust an selbstgemachtem Kimchi, Rohmilchkäse oder Sauerkraut vermiesen.

Anmerkung: Die Aussagen von Matthias Klein wurden nachträglich ergänzt.

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel